Ein neues Stadtquartier soll im Westen Berlins entstehen, rund um die Avus, direkt an der historischen Nordkurve. Zum “Stadteingang West” genannten Planungsvorhaben präsentierten vier verbliebene Planungsteams ihre Ideen. Doch viele Parameter des ambitionierten Vorhabens bleiben unkonkret. Unter anderem fehlt ein verbindlicher Zeitplan.

Wie soll der “Stadteingang West” zukünftig aussehen? Vier Planungsteams sind derzeit noch im Rennen und präsentierten Anfang Dezember ihre Entwürfe. / © Foto: depositphotos.com

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Text: Wolfgang Leffler

 

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen hatte Anfang Dezember zu einer öffentlichen Veranstaltung eingeladen, um die Präsentationen zur Projektphase II des Langzeitprojekts “Stadteingang West” vorzustellen. Wir hatten zuletzt im März 2023 über die Präsentation der Entwürfe in Phase I berichtet.

Nach einer kurzen Einleitung durch Herrn Künzel hatten die jetzt noch verbliebenen vier Planungsteams die Möglichkeit, ihre überarbeiteten und konkretisierten Entwürfe vorzustellen und zu erläutern.

Vier verbliebene Planungsteams präsentierten ihre Entwürfe

Dazu hatte jedes Team ein Zeitbudget von fünfzehn Minuten. Zuschauer und Zuhörer hatten die Chance, mittels einer Kommentarfunktion (via berlin.de) oder auch durch manuelle Meinungsäußerung vor Ort auf ausliegenden Karteikarten eigene Ideen und Anregungen zu den einzelnen Präsentationen einzubringen.

Zur Erinnerung sei nochmals erwähnt, dass Anlass des Verfahrens die Autobahnplanungen der Bundesrepublik Deutschland zum Ersatzneubau des Autobahndreiecks Funkturm war, wodurch sich nun erstmalig die Chance bietet, eine städtebauliche Konzeption zu entwickeln für die bislang unzureichend zugänglichen Flächen, die sich rund um die Autobahntrassen am Dreieck Funkturm gruppieren.

Flächen rund um das Dreieck Funkturm sollen nutzbar gemacht werden

Nach bisher vorliegenden Schätzungen wird die Einwohnerzahl Berlins bereits bis zum Ende des Jahrzehnts auf 3,9 Millionen Menschen anwachsen, so dass neue Stadtquartiere geplant und gebaut werden müssen.

Das Vergabeverfahren zu diesem neuen Quartier ‚Stadteingang West‘, unterstützt von der Senatsbaudirektorin Frau Prof. Petra Kahlfeldt, startete im August 2023 mit einem sogenannten “Wettbewerblichen Dialog”. Mit der jetzigen Präsentation der Phase II wurde die Dialogphase I abgeschlossen, so dass das Vergabeverfahren ab sofort beginnen kann.

Im März 2024 wird das siegreiche Architektenteam gekürt

Die Planungsteams könnten somit ihre Arbeit zur Angebotserstellung eines städtebaulichen Masterplans aufnehmen. Die Architektenteams wurden angehalten, die nach ihren Präsentationen eingehenden Kommentare, Ideen und Meinungen der Öffentlichkeit bei ihren weiterführenden Angebotspräzisierungen zu berücksichtigen, da am Folgetag eine Empfehlungskommission den Favoriten und möglichen Sieger des Ausschreibungsverfahrens präsentieren sollte.

Die Wertigkeit der Empfehlungskommission für den Zuschlag im Verfahren beträgt rund 80 Prozent. Im März 2024 erfolgt dann seitens der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen die abschließende Entscheidung, welches Architektenteam den Zuschlag zur Erstellung eines städtebaulichen Masterplans erhält.

Wann die Umsetzung des Masterplans erfolgen wird, ist noch offen

Wann mit der Umsetzung dieses Masterplanes begonnen werden soll, war den Ausführungen nicht zu entnehmen. Bei Nachfragen zu einem voraussichtlichen Fertigstellungstermin wurde die Jahreszahl 2040 bis 2045 als möglicher Zielkorridor genannt.

Als erstes Team präsentierte Henning-Larsen Architects ihren Entwurf mit dem Slogan “Die Produktive Stadt” und demonstrierte anhand von vier Quartieren, wie die vielfältige und gemischte Nutzung mit insgesamt 2.300 neuen Wohnungen funktionieren könnte. Der Entwurf enthielt unter anderem ein neues Symbol – neben dem bereits existierenden Symbol Funkturm – am Stadteingang West, ansonsten sehr viel Grün und viele bekannte Elemente des nachhaltigen Bauens.

“Vom Stadtarchipel zur Lagunenstadt”: Vielfältige Ideen präsentiert

Das Team Hosoya – Schäfer + Agence TER Architects zeigte die Transformation vom “Stadtarchipel zur Lagunenstadt” auf und brachte sehr viel Wasser ins Spiel mit kompakten, dichten Stadtinseln und grünen, zusammenhängenden Freiräumen. Auch hier wurde die vielfältige Vernetzung der neu entstehenden vier Kieze und deren Nutzungsmischung in den Vordergrund gestellt.

Das Team von GMP sprach von einer “Überlagerung von Verkehrsströmen”, die eine Inselwelt entstehen lassen könnte, die – wenn sinnvoll – als komplementärer Landschaftsraum gestaltet werden und in der jetzigen Nutzung belassen werden könnte. Die Vernetzung des nicht motorisierten Individualverkehrs war in der Präsentation ein Schwerpunkt bei der Entwicklung der neuen Stadtquartiere.

Grüne Quartiere, neuer Wohnraum und Überlagerung von Verkehrsströmen

Das Team von ASP-Architekten stellte seinen Entwurf als eine Stadt für die Menschen von morgen vor; urban und gemischt, mit sozialen, kühlen Orten und mit einer bedarfsgerechten Nutzungsmischung als bedeutender Identitätsanker. Man sprach von lebenswerten Quartieren und prozesshaften Entwicklungen und von einer kulturell vielfältig nutzbaren AVUS (vor der jetzigen neu hergerichteten Tribüne) und Gärten am Westkreuz als eines der neu entstehenden Quartiere.

Abschließend sei noch erwähnt, dass alle vier Teams mit ihren Projektentwürfen angetreten waren mit der seitens des Berliner Senats vorgegebenen Prämisse, den momentanen Flächennutzungsplan so zu verändern, dass mit Hilfe der Entwürfe  planungsrechtliche Grundlagen für einen städtebaulichen Masterplan geschaffen werden können.

Vernetzung des Projekts mit Autobahn-Umbau und ICC-Plänen bleibt unklar

Angesichts der riesigen Aufgabe und der Komplexität dieses Großprojektes wäre es angebracht gewesen, wenn sich Vertreter der Bundes-Autobahngesellschaft zum aktuellen Stand der Planungen für den Umbau des Autobahndreiecks Funkturm geäußert hätten.

Und da das ICC bei allen vier Entwürfen in der Peripherie zu erkennen und bei den Quartiersplanungen unterschwellig stets dabei war, wäre es auch nicht zu viel verlangt, vom Berliner Senat zu hören, welche Vorstellungen denn nun zu diesem Sanierungsfall bestehen oder wie es dort weitergehen soll.

Das Vorhaben braucht einen verbindlichen Zeitplan und eine solide Finanzierung

Bis auf vage Nutzungskonzepte und langfristige Ideensammlungen scheint dort – auch bedingt durch den Wechsel in der Regierungsverantwortung und die finanziellen Engpässe im Landeshaushalt – wenig zu geschehen.

Es bleibt spannend abzuwarten, welches Team den Zuschlag seitens der Empfehlungskommission für den städtebaulichen Masterplan erhalten wird. Verbindliche Zeitpläne und eine solide Finanzierung des Vorhabens wären die nächsten Meilensteine, die der Berliner Senat frühzeitig in Angriff nehmen sollte.

 

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Quellen: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Berliner Morgenpost, Berliner Woche, Architektur Urbanistik Berlin

 

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