Seit einem Jahrzehnt wird um eine Neugestaltung des Friedrich-Wilhelm-Platzes in Berlin-Friedenau gerungen, bislang ohne Ergebnis. Nun hat eine Bürgerinitiative 1.500 Unterschriften gesammelt, um die dringend notwendige Modernisierung des historischen Platzes beim Bezirk Tempelhof-Schöneberg erneut ins Gedächtnis zu rufen.
© Fotos: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN
Text: Björn Leffler
Seit über einem Jahrzehnt ringen Bürgerinnen und Bürger und die Politik im Tempelhof-Schöneberger Stadtteil Friedenau im Südwesten Berlins um eine Neugestaltung des historischen Friedrich-Wilhelm-Platzes. Trotz mehrerer Anläufe und intensiver Projektarbeit kommt das Vorhaben aber nicht voran.
Worum geht es konkret? Der ab 1870 angelegte Stadtplatz im Zentrum Friedenaus hat in den vergangenen Jahrzehnten viel von seinem einstigen Glanz eingebüßt. Anwohnerinnen und Anwohner beklagen schon lange seine zunehmende Verwahrlosung.
FRIEDRICH-WILHELM-PLATZ: BÜRGERINITIATIVE KÄMPFT SEIT 2013 UM AUFWERTUNG
Seit mehr als einem Jahrzehnt engagieren sich Bürgerinnen und Bürger schon für eine Umgestaltung und Aufwertung des Platzes. “Der Platz dümpelt seit Jahrzehnten vor sich hin“, hatte Bernhard Kessel, Vorstandsmitglied des Vereins “Bürgerinitiative Friedrich-Wilhelm-Platz” bereits vor über drei Jahren in einem Interview mit der Berliner Morgenpost die Arbeit der Initiative begründet. “Früher hatte er Aufenthaltsqualität mit einem monumentalen Brunnen.”
Diese Aufenthaltsqualität ist dem Platz mittlerweile völlig abhanden gekommen. Das sieht jeder, der den Platz zwischen Bundesplatz und Schloßstraße passiert. Für die meisten Menschen ist der Platz heute eher Verkehrskreuzung als Aufenthaltsmöglichkeit, da der Platz von der vierspurigen Bundesallee tangiert wird.
EIN GESTALTUNGSWETTBEWERB WURDE BEREITS DURCHGEFÜHRT
Zudem wird der Platz stark von Obdachlosen frequentiert. Diesen Zustand möchte die Initiative ändern. Um zumindest kleine Verbesserungen zu erwirken, übergab die Initiative „Friedrich-Wilhelm-Platz“ bereits im Dezember 2020 eine Sammlung mit etwa 400 Unterschriften an das Bezirksamt und forderte kleinere, schnelle Verbesserungen wie etwa neue Sitzbänke oder mehr Mülleimer rund um die Eingänge zum U-Bahnhof Friedrich-Wilhelm-Platz.
Eine grundsätzliche Umgestaltung des Platzes sollte durch die Durchführung eines Gestaltungswettbewerbs erreicht werden, was im Jahr 2021 dann auch erfolgte. Als Sieger aus diesem Wettbewerb war das Landschaftsarchitekturbüro Mettler hervorgegangen.
Streit zwischen Bezirk und Architekten brachte Planungen zum Erliegen
Nach dem erfolgreich durchgeführten Wettbewerb kam es jedoch zu Unstimmigkeiten zwischen dem Bezirk Tempelhof-Schöneberg und dem Landschaftsbüro, was die weitere Planung des Projekts erst verzögerte und schließlich gänzlich zum Erliegen brachte.
Seitdem ist viel über das Vorhaben geredet und geschrieben worden, doch auf dem Friedrich-Wilhelm-Platz selbst ist nichts passiert. Wer den Platz heute besucht, findet eine lieblos gestaltete Grünfläche, marode Wege und heruntergekommene Häuschen und Mauerreste vor. Beeindruckend ist hier tatsächlich nur die Kirche selbst.
“Tristesse Adé”: Bürgerinitiative zog zum Schöneberger Rathaus
Unter dem Motto “Tristesse Adé” zog daher die Bürgerinitiative zur Bezirksverordnetenversammlung ins Rathaus Schöneberg, um erneut auf das Thema aufmerksam zu machen und den Bezirk an seine Verantwortung für den vernachlässigten Stadtplatz zu erinnern.
Im Gepäck hatten die engagierten Bürgerinnen und Bürger 1.500 Unterschriften und ein Transparent, mit dem sie auf die Missstände aufmerksam machen wollten. Ziel der Aktion war es, Druck auf Bezirkspolitik zu machen, damit sich am schlechten Zustand des Friedrich-Wilhelm-Platzes endlich etwas ändert.
Anwohner kritisieren intransparente Informationspolitik des Bezirks
Die Bürgerinitiative kritisiert vor allem die intransparente und wenig nachvollziehbare Informationspolitik des Bezirks, der augenscheinlich auf Zeit spielt, um die Finanzierung des Projekts so lange wie möglich hinauszuzögern.
Gleichzeitig hat die Bürgerinitiative ihre Vorstellungen vom zukünftigen Friedrich-Wilhelm-Platz noch einmal überarbeitet und das Konzept mit Blick auf den Klimawandel angepasst. So soll vor allem die Zahl der zu entsiegelnden Flächen erhöht werden, wie es in Kreuzberg beispielsweise schon am Lausitzer Platz umgesetzt wurde.
Übergabe von 1.500 Unterschriften an die BVV Tempelhof-Schöneberg
Um beim Bezirk einen offiziellen Anwohnerantrag einreichen zu können, ist die Mindestanzahl von 1.000 Unterschriften notwendig. Diese Zahl hat die Initiative deutlich übertroffen und übergab die Dokumente der stellvertretenden Vorsteherin der Bezirksverordnetenversammlung, Martina Zander-Rade (Die Grünen).
Die zuständige Bezirksstadträtin Saskia Ellenbeck (ebenfalls Die Grünen) äußerte sich gegenüber dem Tagesspiegel wie folgt dazu: “Die bisherige Planung am Friedrich-Wilhelm-Platz war nicht ausführungsreif und ich freue mich, wenn nun aus der Anwohnerschaft der Impuls kommt, das Projekt größer zu denken.”
Finanzierung: Projekt muss im Berliner Doppelhaushalt verankert werden
Voraussetzung für eine Wiederaufnahme des Planungsprozesses am Friedrich-Wilhelm-Platz sei laut Ellenbeck aber, dass das Thema im Berliner Doppelhaushalt festgeschrieben werde, der derzeit im Berliner Abgeordnetenhaus verhandelt wird.
Immerhin aber stellte Ellenbeck unabhängig davon kleinere Verbesserungen auf der Platzfläche in Aussicht, ohne dabei wirklich konkret zu werden. Konkret allerdings wird die Bürgerinitiative, wenn es um die Verbesserung der Aufenthaltsqualität am Friedrich-Wilhelm-Platz geht.
Das Bürgerbündnis organisiert seit mehreren Jahren verschiedene Aktivitäten wie Pflanzungen, Beetpflege, Müllentsorgung und regelmäßige kulturelle Veranstaltungen. Das soll auch in den kommenden Jahren fortgeführt werden. Und irgendwann gibt es dann hoffentlich auch finanzielle Unterstützung der Bezirkspolitik für die dringend notwendige Modernisierung des Platzes.
BAU VON U9 UND BUNDESALLEE VERÄNDERTE DEN CHARAKTER DES PLATZES STARK
Der Friedrich-Wilhelm-Platz entstand um 1870 nach Plänen von Johann Anton Wilhelm von Carstenn und Johannes Otzen als Platzerweiterung an der damaligen Kaiserstraße. Im Jahr 1887 wurde er gärtnerisch gestaltet.
Die auf dem Platz anlässlich des 410. Geburtstags von Martin Luther am 10. November 1893 im neugotischen Stil von der Deutschen Kaiserin Auguste Viktoria eingeweihte evangelische Kirche Zum Guten Hirten des Architekten Karl Doflein bildet den architektonischen Hochpunkt des Platzes.
Im Zusammenhang mit dem Bau der U-Bahnlinie U9 und der Anlage des U-Bahnhofs Friedrich-Wilhelm-Platz, die im Jahr 1971 in Betrieb gingen, wurde der Platz so umgestaltet, dass die Bundesallee ihn seitdem auf der östlichen Seite zur Schmiljanstraße hin tangiert, um den inzwischen stärker gewordenen Durchgangsverkehr aufnehmen zu können. Dadurch ist die ursprünglich symmetrisch konzipierte Angerform des Platzes, die ihn zuvor charakterisiert hatte, verlorengegangen.
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Quellen: Der Tagesspiegel, Friedenau Aktuell, Berliner Morgenpost, Wikipedia
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