Im Bezirk Tempelhof-Schöneberg sollen in den kommenden Jahren zwei große Stadtentwicklungsprojekte realisiert werden, die über die Bezirksgrenzen hinaus relevant sind. Doch weder für die Entwicklung der “Neuen Mitte Tempelhof” noch für den geplanten Pflege-Ausbildungscampus auf dem Gelände des Wenckebach-Klinikums sind im Haushaltsentwurf des Berliner Senats finanzielle Mittel eingeplant. Verzögern sich diese wichtigen Projekte nun um weitere Jahre?
© Fotos: Wikimedia Commons
Text: Björn Leffler
Bei zwei der wichtigsten Stadtentwicklungsprojekte im Bezirk Tempelhof-Schöneberg steht die Finanzierung der Umsetzung für die kommenden Jahre infrage, was im Bezirksamt große Fragen aufwirft. Der Berliner Senat gerät dadurch in Erklärungsnöte, da die Projekte vor allem auch berlinweit von besonderer Bedeutung sind.
Die Rede ist einerseits vom Stadtentwicklungsprojekt “Neue Mitte Tempelhof”. Dieses neue Quartier soll im Zuge einer für die Bewohnerinnen und Bewohner “einladenden, umfassenden Neuordnung des Areals zwischen Götz- und Albrechtstraße” entstehen, wie es offiziell heißt.
“Neue Mitte Tempelhof”: 500 neue Wohnungen sollen entstehen
Im Rahmen des Projekts sollen nicht nur dringend benötigte neue Wohnungen entstehen (rund 500 Mietwohnungen sind geplant), sondern auch mehr Kultur- und Bildungsangebote sowie öffentliche Dienstleistungen. Ein Großteil der öffentlichen Einrichtungen soll nach Plänen des Bezirks durch Neubauten im Gebiet ersetzt werden, die es ermöglichen, mehrere Angebote und Nutzungsprogramme integriert zusammenzuführen.
Das Projekt “Neue Mitte Tempelhof” stellt vor allem eine dringend nötige Modernisierung der bestehenden Infrastruktur und Ergänzung des Bestands durch zusätzliche Neubauten dar. Am Rathaus soll etwa ein neues Kultur- und Bildungshaus entstehen.
Modernisierung von Polizeigebäuden und Schwimmbad ist längst überfällig
Auch das in die Jahre gekommene Stadtbad und die veraltete Polizeidirektion sollen dringend benötigte Neubauten an der Götzstraße erhalten. Zusätzlich sind der Bau einer Kita und einer Jugendfreizeiteinrichtung sowie die Sanierung der bestehenden Paul-Simmel-Grundschule geplant.
Das zweite große Projekt im Bezirk soll auf dem Gelände des Wenckebach-Klinikums realisiert werden. Im September 2022 begann der schrittweise Umzug der Abteilungen des Klinikums mit der Verlegung der Rettungsstelle ins Auguste-Viktoria-Krankenhaus (AVK) nach Schöneberg. Es folgten die Intensivstation, der OP und die Radiologie – kurz darauf das Präsenzlabor und die Kardiologie.
Wenckebach-Klinikum soll zum Pflege-Ausbildungscampus umgebaut werden
Das Gebäude und der Zustand der Klinik stehen beispielhaft für viele der Berliner Krankenhäuser – sogar für die meisten der insgesamt 60 Kliniken der Hauptstadt. Denn der Klinikkomplex ist denkmalgeschützt und stark sanierungsbedürftig. Zukünftig soll das Areal für die Ausbildung von Pflegekräften genutzt werden.
Die geplante Pflegeschule von Vivantes und Charité, in der zukünftig 3.700 Auszubildende lernen sollen, soll auf dem Gelände des Wenckebach-Klinikums untergebracht werden. Der Aufbau eines gemeinsamen Ausbildungscampus für die Pflegeschüler der landeseigenen Krankenhausträger, verbunden mit einer Erweiterung der Ausbildungskapazitäten, sollte eigentlich in Spandau am Askanierring realisiert werden.
Schon 2019 hatte die damalige Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci angekündigt, das Projekt auf einem dem Bund und dem Land gehörenden Gelände in Spandau realisieren zu wollen, was sich letztlich aber zerschlug. Das Wenckebach-Klinikum galt schließlich als ideale Alternativ-Option.
Für beide Projekte in Tempelhof hat der Senat bislang kein Geld eingeplant
Doch nun stellt sich nach Informationen des RBB und des Tagesspiegels heraus, dass weder das eingangs beschriebene Entwicklungsprojekt “Neue Mitte Tempelhof” noch der so wichtige Pflegecampus auf dem Wenckebach-Campus in den Haushaltsplanungen des Berliner Senats enthalten seien. Dies hat in der Tempelhof-Schöneberger Bezirkspolitik für große Verwirrung gesorgt.
Denn das Projekt „Neue Mitte Tempelhof“ gehört zu den insgesamt 14 bereits beschlossenen Stadtquartieren, die in den kommenden Jahren zügig entwickelt werden sollen, vor allem um den benötigten Wohnraum zu schaffen. Doch die vorgesehenen Baukosten für das Projekt sind in der Investitionsplanung des Landes Berlin bis 2026 nicht enthalten.
Bezirk und Senat stehen zum Thema “Neue Mitte Tempelhof” im Austausch
Im Bezirk macht man sich nun große Sorgen, dass sich der Baustart des Vorhabens, auf den viele Bürgerinnen und Bürger eh seit Jahren warten, noch weiter verzögern könnte. Bereits vor rund vier Jahren wurde das Projekt erstmals öffentlich präsentiert. Tatsächlich passiert ist bislang aber kaum etwas.
Warum die Senatsverwaltung für Inneres und Sport im vergangenen Jahr die in ihr Ressort fallenden Bauprojekte – den Neubau für die Polizei und das Schwimmbad – nicht als Priorität in die Investitionsplanung einbringen konnte oder wollte, ist bislang unklar. Beide Teilprojekte gehören zum Vorhaben “Neue Mitte Tempelhof”.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung betont aber öffentlich, dass sie am Entwicklungsprojekt “Neue Mitte Tempelhof” festhalten möchte. Mittlerweile sollen Senat und Bezirk zum Thema im Austausch stehen, der Ausgang dieser Gespräche ist aber offen.
Finanzielle Mittel für Pflegecampus in Tempelhof nicht eingeplant
Nicht viel besser sieht es für das Projekt Pflegecampus Wenckebach-Klinikum aus. Eigentlich sollte das Projekt im vierten Quartal 2023 endlich beginnen. Darüber waren sich die Gesundheitspolitiker im Fachausschuss noch vor der Sommerpause einig. Doch im inzwischen vorgelegten Entwurf für den Doppelhaushalt fehlen auch hierfür die erforderlichen Planungsmittel.
Das Projekt soll laut Vivantes rund 340 Millionen Euro kosten. In den kommenden zwei Jahren wurden vorerst 24 Millionen Entwicklungskosten veranschlagt. Aber auch die fehlen im Haushalt vollständig. Experten befürchten, dass sich durch diese Entscheidung des Senats der Pflegenotstand in den kommenden Jahren noch verschlimmern könnte.
24 Mio. Euro für die kommenden zwei Jahre: Im Haushalt sind sie nicht vorgesehen
Vivantes-Sprecher Christoph Lang betonte gegenüber dem RBB: “Wenn wir mit den Planungen beginnen sollen, brauchen wir einen entsprechenden Haushaltstitel, sonst können wir nicht anfangen.” Sollte das Parlament die erforderlichen 24 Millionen Euro Planungsmittel bewilligen, könnten die Ausschreibungen vorbereitet werden.
Für den ersten Bauabschnitt setzt Vivantes eine Schätzung von rund 140 Millionen Euro an. Diese Summe müsste laut Lang auch verbindlich zugesagt werden, wenn die Ausschreibungen tatsächlich auch veröffentlicht werden sollen.
Für Tempelhof-Schöneberg steht in den kommenden Wochen viel auf dem Spiel
Gesundheits-Staatssekretärin Ellen Hausdörfer (SPD) betonte, dass der Senat an diesem Projekt festhalten wolle und die Verhandlungen um den Finanzhaushalt im Berliner Abgeordnetenhaus erst begonnen hätten. Christian Zander, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU allerdings zeigte sich unzufrieden und äußerte gegenüber dem RBB Kritik am Koalitionspartner: “Wir haben ein hohes Interesse, dass es kommt und dass es nicht weitere zwei Jahre verzögert wird.”
Die von der SPD geführte Gesundheitsverwaltung hat hier also noch einige Aufgaben zu erledigen im Austausch mit der Senatsfinanzverwaltung, die von der CDU verantwortet wird. Für den Bezirk Tempelhof-Schöneberg steht in den kommenden Wochen also einiges auf dem Spiel.
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Quellen: Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg, RBB24, Der Tagesspiegel, Wikipedia, Architektur Urbanistik Berlin
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12. Oktober 2024