Mehrere Bauprojekte werden derzeit rund um den Mehringplatz in Berlin-Kreuzberg geplant oder bereits umgesetzt. Der Stadtplatz, der zum Sanierungsgebiet „Südliche Friedrichstadt“ gehört, wurde in den vergangenen Jahren ebenfalls umgestaltet und begrünt. Dennoch bleibt die Architektur des Ensembles uninspiriert und ästhetisch anspruchslos.

Der in den 1960er und 1970er Jahren entstandene Mehringplatz in seiner heutigen Form. Das Quartier rund um den Stadtplatz am Ende der südlichen Friedrichstraße gilt als sozialer Brennpunkt. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

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Text: Björn Leffler

 

Es war ein ausgesprochen mühsames Bauvorhaben, welches sich mehrfach verzögerte: der Umbau des Mehringplatzes, der am südlichen Ende der Friedrichstraße liegt und für den eine Modernisierung lange überfällig war.

Nach dreijähriger Bauzeit beendete die Wiedereröffnung des Mehringplatzes im Mai 2022 offiziell den Umbau des Stadtplatzes am Ende der südlichen Friedrichstraße. Mit einem Stadtfest wurde die zwischenzeitliche Dauerbaustelle wieder an die Bewohnerinnen und Bewohner übergeben. Sieben Millionen Euro wurden in die Modernisierung des Platzes investiert.

Mehringplatz in Kreuzberg: Modernisierung für 7 Mio. Euro

Im Fokus stand der Bereich um den Mehringplatz seit spätestens 2011, als er als Sanierungsgebiet „Südliche Friedrichstadt“ ausgewiesen wurde. Er erstreckt sich im Norden in Richtung Mitte und umfasst im Süden die Friedhöfe am Halleschen Tor. Die Mitte des Bereiches bildet der Mehringplatz.

Stadtplaner kritisierten schon lange die soziale Infrastruktur sowie erhebliche Missstände in Städtebau, Gestaltung und Funktion, wodurch der Platz seiner innenstädtischen Lage nicht gerecht wurde. Die vormals unübersichtliche Situation des Areals zog über die Jahre immer mehr Kriminalität an.

Der Mehringplatz weist eine sozial schwierige Infrastruktur auf

Bau und Gesamtensemble wurden 2011 von der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft HOWOGE gekauft. Gemeinsam mit der GEWOBAG ist sie nun Haupteigentümerin. An die städtischen Eigentümer werden auch nach der Fertigstellung noch große Erwartungen gerichtet.

Im Zentrum des Platzes befindet sich die Friedenssäule, welche bereits in den Jahren 2013 und 2014 restauriert wurde. Der Platz präsentiert sich heute als zentrales Rasenrondell mit großen Grünflächen und neu gepflanzten Bäumen. Fuß- und Radverkehr werden über den Außenring geleitet. Hierfür wurde für Radfahrer ein entsprechender Asphaltstreifen eingerichtet.

Im Zweiten Weltkrieg wurde der “Belle-Alliance-Platz” vollständig zerstört

Von 1734 bis 1815 hieß der Platz wegen seiner runden Grundform Das Rondell. Am 22. Oktober 1815 wurde er umbenannt und hieß bis 1946 „Belle-Alliance-Platz“. Im Februar 1945 wurden der Platz und die umliegenden Straßenzüge fast vollständig zerstört. Dem Platz wurde dabei seine aus der Luft sehr gut erkennbare, runde Form und die Nähe zur Innenstadt zum Verhängnis.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der Platz als „total zerstört“ eingestuft. Ab Ende der 1960er Jahre wurde der Platz neu geplant. Der Architekt Hans Scharoun gewann einen Wettbewerb für die Bebauung des Mehringplatzes (1962). Ab 1968 übernahm Scharouns Schüler, Werner Düttmann, die Entwicklung des Bauvorhabens.

Der “neue” Mehringplatz wurde nach Plänen von Hans Scharoun gestaltet

Der “neue” Mehringplatz sollte ein verdichtetes Wohngebiet nach den Maßgaben des sozialen Wohnungsbaus werden. Da die finanziellen Mittel knapp waren, musste mit stark schematisierten, vorgefertigten Wohnmodulen gearbeitet werden. So wurden zwei konzentrische Ringe von Wohngebäuden mit vier und sechs Stockwerken errichtet, die den Platz umschließen – bis heute.

Architektonisch ist der Mehringplatz in seiner heutigen Form – trotz der Aufwertung der Freiflächen durch die Begrünung und der Installation neuer Sitzgelegenheiten sowie der Verlegung eines modernen Bodenbelags – ein Zeugnis für den vielerorts misslungenen Versuch, seriell und günstig neue Wohnquartiere zu errichten, der vor allem in den 1960er und 1970er Jahren in vielen deutschen Städten und Kommunen umgesetzt wurde.

Mehringplatz: Mehrere Bauprojekte werden geplant und umgesetzt

Im Umfeld des Mehringplatzes stehen nun aber mehrere Bauprojekte in den Startlöchern, die zumindest das bauliche Umfeld des Platzes ergänzen und das Quartier insgesamt aufwerten sollen.

Der im vorvergangenen Jahr abgeschlossene Umbau soll aus Sicht des Bezirks also nicht als Endpunkt, sondern als Ausgangspunkt für weitere Umgestaltungen und Optimierungen angesehen werden. Dies zeigen zwei Bauprojekte, die in den kommenden Jahren in unmittelbarer Umgebung des Mehringplatzes entstehen sollen.

Am Theodor-Wolff-Park ist ein Wohn- und Gewerbeprojekt geplant

Die Eigentümer eines Grundstücks direkt am Theodor-Wolff-Park präsentierten ihre Baupläne im vergangenen Jahr bei einer Sitzung des Sanierungsbeirats im Nachbarschaftszentrum “Kiezstube”. Ihr Projekt besteht aus einem langen Gebäudekomplex, der sich von der Friedrichstraße entlang der Franz-Klühs-Straße bis gegenüber der SPD-Zentrale an der Wilhelmstraße erstrecken soll.

Derzeit befindet sich auf dem Gelände eine abgesperrte Parkpalette, die in der Nachbarschaft von einer begehrten Stellfläche zum Ärgernis geworden ist. Auch ein versiegelter Bereich und der ehemalige Supermarkt-Flachbau, in dem sich zuletzt eine Edeka-Filiale befand, die im Juli unter Protest geschlossen wurde, sollen bebaut werden.

70 Prozent Wohnungen: Vier einzelne Gebäude sollen neu entstehen

Die EL Projektentwicklung Mehringplatz GmbH, Eigentümer seit 2019, plant den Bau von vier einzelnen Gebäuden, die miteinander verbunden sind. Ein einstöckiges Gebäude an der Friedrichstraße ist für einen Supermarkt im Erd- und Untergeschoss vorgesehen. In den höheren Gebäuden in Richtung Wilhelmstraße sind Wohn- und Gewerbeflächen geplant.

Die Gewerbeflächen erstrecken sich über das gesamte Erdgeschoss. Die Entwickler streben eine Gewerbenutzung von 30 Prozent und eine Wohnnutzung von 70 Prozent an, wobei 30 Prozent der Wohnungen Sozialwohnungen sein sollen. Die Eigentümer machten keine Angaben zur Verteilung der restlichen Wohnungen zwischen privater Vermietung und Eigentumswohnungen.

Vom Bezirksamt kommt Gegenwind für das Projekt

Doch für das Projekt gibt es Gegenwind: Der Sanierungsbeauftragte des Bezirksamts kommt zu dem Schluss, dass der geplante Standort für den Bau nicht geeignet sei, aufgrund seiner Ausmaße, die stellenweise bis zu zwölf Geschosse erreichen würden. Der Experte prognostiziert eine Verschattung von Wohnungen und die Entstehung von schluchtartigen Wegen zwischen den Gebäuden, wie die Berliner Morgenpost berichtet.

Die Investoren verfügen bereits über eine Baugenehmigung, aber aufgrund der Lage im “Sanierungsgebiet südliche Friedrichstadt” ist zusätzlich auch eine sanierungsrechtliche Genehmigung erforderlich. Uwe Hackmann, der als Sanierungsbeauftragter für das Areal fungiert, zu dem auch der Mehringplatz gehört, gelangt nun zu dem Schluss, dass das Projekt unter dem Gesichtspunkt einer behutsamen baulichen Nachverdichtung aufgrund seiner Geschossflächenzahl als unangemessen betrachtet wird.

der Bezirk will unweit des Mehringplatzes ein eigenes Wohnprojekt realisieren

Hier wird also noch weiterer Abstimmungsbedarf zwischen Bauherren und Bezirk notwendig werden. Die Investoren hätten die Möglichkeit, die Geschosszahl des geplanten Hochpunktes zu reduzieren. Bislang gab es dazu aber noch keine Informationen seitens der Grundstückseigentümer.

Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg plant zudem ein weiteres Wohnprojekt auf einer Fläche nordwestlich des Mehringplatzes, direkt neben dem oben beschriebenen Wohn- und Gewerbekomplex. Mit einer breiten Beteiligung der Projektplaner könnte eine neue Wohnbebauung entstehen, bei der der Wohnanteil etwa 70 Prozent beträgt.

Vier Planungsbüros sollen Ideen für das Wohnprojekt entwickeln

Der Bezirk hat die Eigentümer des noch freien Teils des möglichen Baugrunds zusammengebracht, darunter die HOWOGE mit einer Grünfläche und die AOK, der ein Parkplatz gehört, den sie verkaufen würde. Die Friedrich-Stampfer-Straße befindet sich in der Verwaltung des Bezirks. Der Bezirk hat nun ein zweistufiges städtebauliches Werkstattverfahren gestartet, bei dem auch eine umfassende Bürgerbeteiligung stattfinden soll.

Vier Planungsbüros wurden beauftragt, Entwürfe für die Gestaltung des Geländes vorzulegen und Fragen wie “Was ist maximal möglich?” und “Was ist minimal möglich?” zu beantworten. Ziel des nun begonnen Prozesses ist es, weitere bezahlbare Wohnungen zu schaffen und das Quartier am Mehringplatz weiter zu verdichten.

Die IG Metall realisiert ein Gewerbeprojekt mit 4.100 m² Nutzfläche

Ein weiteres, rein gewerbliches Projekt unweit des Mehringplatzes realisiert die immobilienwirtschaftliche Vermögensverwaltung der bundesweit operierenden Gewerkschaft IG Metall, das Unternehmen IGEMET GmbH

Bei dem Gewerbeprojekt sollen insgesamt rund 4.100 Quadratmeter Bürofläche entstehen, die in den über dem Erdgeschoss gestaffelten fünf Etagen eingerichtet werden sollen. Das architektonische Konzept für das streng gegliederte Gebäude stammt aus der Feder des Büros blfp planungs gmbh.

Zudem werden auch Einzelhandelsflächen eingerichtet, und zwar im Erdgeschoss des Gebäudes. Insgesamt fünf Ladenflächen sollen entstehen, in einer Größenordnung zwischen 140 und 265 Quadratmetern.

Die heutige Gestalt des Mehringplatzes soll nicht verändert werden

Das Projekt befindet sich bereits kurz vor dem Abschluss. Rund um den Mehringplatz mit seiner schwierigen Sozialstruktur werden in den kommenden Jahren also neue Bauprojekte umgesetzt und womöglich auch eine neue, positivere Dynamik im Kiez an der südlichen Friedrichstraße erzeugen.

Der Mehringplatz selbst jedoch wird in seiner jetzigen Form auch zukünftig das Quartier am Halleschen Tor dominieren, denn eine Neuplanung der bestehenden, ringförmig angelegten Wohngebäude – Sanierung, Erweiterung, Umbau – ist im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg derzeit überhaupt kein Thema.

 

Weitere Bilder zum Thema findet Ihr hier: 

© Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

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Der einstige “Belle-Alliance-Platz” auf einer Aufnahme von 1900. Im Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs wurde der Platz vollständig zerstört. / © Foto: Wikimedia Commons

Im Zuge der Modernisierung des Mehringplatzes wurden neue Rasenflächen und Platzwege angelegt. Auch ein Fahrstuhl für den U-Bahnhof ist entstanden. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

Die EL Projektentwicklung Mehringplatz GmbH möchte nördlich des Mehringplatzes ein Wohn- und Gewerbeensemble bauen, doch vom Sanierungsbeauftragten des Bezirksamts gibt es Gegenwind. / © Visualisierung: EL Projektentwicklung Mehringplatz GmbH/ Bloomimages

In der Lindenstraße, ebenfalls nicht weit entfernt vom Mehringplatz, entsteht ein Gewerbeprojekt der IG Metall. Die immobilienwirtschaftliche Vermögensverwaltung der Gewerkschaft, das Unternehmen IGEMET GmbH, realisiert dort bis 2024 einen Büro- und Einzelhandelskomplex. / © Visualisierung: IGEMET GmbH

© Open Street Map

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Quellen: Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, EL Projektentwicklung Mehringplatz GmbH, Berliner Morgenpost, Architektur Urbanistik Berlin

 

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2 Comments

  1. Franz 23. Januar 2024 at 20:24 - Reply

    Verstehe ich das richtig? Es wurden 7 Mio. Euro ohne eine Verbesserung ausgegeben? Die Architektur von 1968 behindert dies? Das siehr für mich so aus. Hans Scharoun war eben nicht nur der geniale Architekt der Philharmonie, sondern auch mit seinen Autostraßenplanungen oder der Gestaltung des Mehringplatzes ein eher destruktiver Stadtgestalter, oder? Nun, vermutlich wird man ohne einen Teilabriss des Rings und einer Öffnung zum Halleschen Ufer nicht zu Verbesserungen kommen. Der Platz aus drm 19. Jh. hat aus meiner Sicht mehr Qualität.

  2. M 24. Januar 2024 at 11:01 - Reply

    Bei der Neu-Planung, wurde meiner Meinung nach, der axiale Fussverkehr nicht ausreichend durchdacht.
    Schon wenige Wochen nach der Eröffnung, ließ sich ein breiter Trampelpfad, vom hallischen Tor – straight – zur Friedrichstraße, über die Grünfläche erkennen. Natürlich, nehmen Menschen immer den kürzesten Weg.

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