Die Kirchturmruine der einstigen Bethanienkirche auf dem Mirbachplatz in Berlin-Weißensee wird derzeit in ein Wohngebäude umgebaut. Initiator Bernd Bötzel rechnet mit einer Fertigstellung des Projekts bis Ende 2026. Die Umsetzung des ambitionierten Vorhabens ist ausgesprochen komplex.

So soll das von Bernd Bötzel konzipierte Wohnprojekt am Weißenseer Mirbachplatz einmal aussehen. Bötzow hält eine Realisierung bis 2026 für realistisch. / © Visualisierung: THIRD

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© Weitere Visualisierungen und Foto: THIRD 

Text: Björn Leffler

 

Über das aufsehenerregende Wohnprojekt am Weißenseer Mirbachplatz hatten wir erstmalig im März 2022 berichtet. Nach Plänen des Architektur-Professor Bernd Bötzel soll der auf dem Platz stehende, historische Kirchturm saniert und durch moderne Erweiterungsbauten ergänzt werden.

Das Umsetzungskonzept wurde vom Büro spreeformat architekten GmbH entwickelt. Insgesamt 17 Wohnungen sollen im Rahmen des Projekts direkt im Kirchengebäude sowie einem sich anschließenden, komplett neuen Gebäudeflügel auf dem Platz entstehen. Auch eine neue Tiefgarage gehört zum Projekt.

Mirbachplatz: 17 Wohnungen in einstiger Kirche entstehen

Der Bezirk Pankow hätte das Bauvorhaben zwischenzeitlich mit dem Ziehen eines Vorkaufsrechts stoppen können, denn der Mirbachplatz gehört zum neuen “Sanierungsgebiet Langhansstraße”.

Der Bezirk jedoch zeigte kein Interesse an dem Grundstück. Zu komplex schienen die baulichen Anforderungen an eine Modernisierung des Gebäudes zu sein, und zu unkonkret waren wohl die Planungen des Bezirksamts für eine mögliche, öffentliche Nutzung.

Bezirk Pankow wollte das Gebäude nicht eigenständig umbauen

Wer den Mirbachplatz heute besucht, kann erkennen, dass an der historischen Kirchenruine längst gearbeitet wird, verschiedene Baugerüste sind zu sehen. Trotz gestiegener Baukosten und einer in Schieflage geratenen Baubranche soll das Projekt wie geplant realisiert werden.

Gegenüber der Berliner Morgenpost nannte Bötzel nun seinen persönlichen Zeitplan für das Projekt: “Mit etwas Glück gelingt die Fertigstellung bis 2026.” Bötzel äußerte sich zudem optimistisch hinsichtlich er aktuellen Baukosten und erwartet sinkende Preise für die kommenden Jahre.

Im ersten Schritt muss der Kirchturm gesichert und saniert werden

Wie Bötzel ursprünglich auf die Umbau-Idee kam, verriet er im April 2022 im ENTWICKLUNGSSTADT Interview: “Ich habe von 1995 bis 2001 mit meiner Familie in der Charlottenburger Straße in Weißensee gewohnt. Ich bin oft mit meinen Kindern um den Turm gegangen und habe mich gefragt, warum dieses wunderschöne und einzigartige Denkmal nicht wieder nutzbar gemacht wird.

Die ersten bauvorbereitenden Maßnahmen begannen bereits 2022 und betrafen vor allem die Sicherung des Kirchturms, der ähnlich wie jener der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche am Breitscheidplatz durch Bombentreffer im Zweiten Weltkrieg beschädigt wurde.

Die einstige Bethanienkirche wurde im Jahr 1902 fertiggestellt

Im restaurierten Kirchturm, mit dem Neubauanteil, sollen drei der neu entstehenden Wohnungen verwirklicht werden. 14 weitere Wohneinheiten sollen im Neubau Platz finden.

Die nach dem Ort Bethanien benannte Kirche wurde nach Plänen des Architekten Ludwig von Tiedemann und von Robert Leibnitz im neogotischen Stil errichtet und am 26. Oktober 1902 im Beisein von Kaiser Wilhelm II. und Kaiserin Auguste Victoria eröffnet.

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche schwer beschädigt

Im Zweiten Weltkrieg wurde der Bau wie bereits oben erwähnt fast vollständig zerstört, einzig der beschädigte, 65 Meter hohe Turm mit dem ursprünglichen Geläut, der sich im Westen der Kirche über einem kreuzförmigen Grundriss mit Armen von fast gleicher Länge erhebt, blieb erhalten.

Bötzel äußerte im Gespräch mit ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN, dass er keinesfalls überrascht davon war, dass der Bezirk von seinem Vorkaufsrecht keinen Gebrauch gemacht hat. Denn die Sanierung des Gebäudes ist, unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes, ausgesprochen komplex.

Berücksichtigung des Denkmalschutzes verkompliziert das Projekt

Bötzel begründete dies so: “Man muss etwa 65 Meter Turm sanieren, kann aber nur 21 Meter davon nutzen, da ein zweiter Rettungsweg weder wirtschaftlich noch denkmalrechtlich möglich ist. Warum sollte sich der Bezirk so ein komplexes und für eine öffentliche oder soziale Nutzung wirtschaftlich nicht zu rechtfertigendes Projekt einkaufen?

Ob das ambitionierte Projekt am Mirbachplatz in knapp drei Jahren tatsächlich abgeschlossen werden kann, wird sich erst noch zeigen. Die Beharrlichkeit Bötzels für das Gelingen des Vorhabens kann aber in jedem Fall nur hilfreich sein.

 

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So stellte sich der Mirbachplatz mit der Kirchturmruine vor Beginn der Bauarbeiten dar. / © Foto: THIRD

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Quellen: Berliner Morgenpost, Bernd Bötzel, Architektur Urbanistik Berlin, Bezirksamt Pankow, Prinzip 3D Medienagentur GmbH, THIRD, spreeformat architekten GmbH

 

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