Auf dem zentralen Festplatz, an der Grenze zwischen Reinickendorf und Wedding, wollten der Bezirk Mitte und die rot-grün-rote Regierungskoalition eigentlich bis zu 2.000 landeseigene Wohnungen bauen. Nun hat die SPD diesem Vorhaben eine Absage erteilt – und begründet das Vorgehen auf eigenartige Weise.
© Fotos: Wikimedia Commons
Text: Björn Leffler
Der zentrale Festplatz an der Grenze zwischen Reinickendorf und Wedding am Kurt-Schumacher-Damm umfasst ein Gelände von insgesamt 87.000 Quadratmetern und wird heute zur Durchführung von Volksfesten und Außenveranstaltungen genutzt.
Das Areal im Norden Berlins ist in den vergangenen Jahren zum Spielball der Berliner Politik geworden. Vor einigen Jahren hatte man dem Fußball-Bundesligisten Hertha BSC das Gelände angeboten, um dort den gewünschten Stadionbau zu realisieren – nur um das Angebot später wieder zurückzuziehen.
Zentraler Festplatz: Senat bot Hertha BSC das Gelände für den Stadionbau an
Denn die Notwendigkeit, geeignete Flächen für den Wohnungsbau zu finden, war offenbar größer. Und die fast vollständig versiegelte Fläche im Ortsteil Wedding des Bezirks Mitte bot immerhin das Potenzial, bis zu 2.000 landeseigene Mietwohnungen zu errichten. Es leuchtete also ein, den zentralen Festplatz nicht für das Stadionprojekt herzugeben.
Nun hat sich jedoch eine weitere Wendung ergeben, wie Der Tagesspiegel berichtet. Der Schaustellerverband Berlin wurde in dieser Woche demnach von Franziska Giffey selbst darüber informiert, dass eine mögliche Nutzung des Wohnungsbaustandorts vom Berliner Senat verworfen worden sei.
Die Berliner SPD verwirft die Pläne, auf dem Festplatz ein Wohnprojekt umzusetzen
Was beim Schaustellerverband sicherlich für Jubel sorgt, ist für den Berliner Wohnungsmarkt natürlich keine gute Nachricht, und die Entwicklung mutet auch äußerst seltsam an. Grund für die Absage sei die Tatsache, dass in der Vergangenheit bereits andere Flächen für Volksfeste in Berlin verloren gegangen seien. Der Erhalt des zentralen Festplatzes als Standort sei daher umso wichtiger.
Die Errichtung eines Wohnquartiers auf dem Gelände ist allerdings fest im rot-grün-roten Koalitionsvertrag verankert. Nun richtet sich die SPD eigenmächtig gegen diese Vereinbarung. Auch Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel, ebenfalls SPD, bestätigte das Vorgehen.
Der Bau von Wohnungen auf dem Areal ist eigentlich Teil des Koalitionsvertrags
So äußerte er sich dazu wie folgt: “Der Zentrale Festplatz ist kein Projekt, dass wir kurz- und mittelfristig in die Planung nehmen könnten.” Unter anderem spreche die fehlende Anbindung des Geländes gegen das Projekt.
Zur Einordnung: Das Areal liegt direkt an der Stadtautobahn und wird schon heute mit dem Bus angefahren. Geisel verteidigt jedoch seine Argumentation: “Es gibt die Anbindung mit der Autobahn, aber es bräuchte auch eine gute Verbindung mit dem öffentlichen Nahverkehr und wir müssten neue Straßen bauen“, sagte er.
Geisel betont die fehlende Anbindung des Geländes an den ÖPNV
Für all das gebe es bislang keine Planungen. Zudem müsste zunächst der Flächennutzungsplan für eine Bebauung geändert werden. Die Äußerungen muten insofern fragwürdig an, da bei vergleichbaren Projekten im Pankower Norden große Flächen wie etwa der Elisabeth-Aue oder der Blankenburger Süden eine Verlängerung von Straßenbahnlinien oder die Einrichtung mehrerer Busverbindungen fester Bestandteil der Projektplanungen sind.
Genauso könnte das auch auf dem Areal am zentralen Festplatz erfolgen. Zudem bleibt fraglich, welche neuen Straßen für das Projekt erbaut werden müssten, denn es gibt direkt angrenzend ja bereits die Wohnsiedlung am Charles-Corcelle-Ring. Und der Bau einer Straßenbahnlinie vom Kurt-Schumacher-Platz zur künftigen Urban Tech Republic und dem geplanten Wohn-Areal Schumacher Quartier ist bereits in Planung.
Eine Tramverbindung vom Kurt-Schumacher-Platz ist bereits in Planung
Diese neue Tramverbindung würde in unmittelbarer Umgebung des Wohnviertels verlaufen oder könnte sogar dorthin verlängert werden. Eine weitere Tramlinie zwischen dem ehemaligen Flughafengelände Tegel, welches direkt neben dem Festplatz liegt, und dem S-Bahnhof Spandau ist ebenfalls in Planung.
Der nahe gelegene Kurt-Schumacher-Platz, wo die U-Bahnlinie 6 verkehrt, ist schon heute mit dem Bus zudem in wenigen Minuten erreichbar. Da man jedoch keinen Ersatzstandort für Volksfest in Berlin habe, sollen die Planungen nicht weiterverfolgt werden.
Bettina Jarasch kritisiert die Entscheidung der SPD scharf
Klar ist, dass bei einer solchen Entscheidung die Berliner Parteien sofort in den Wahlkampfmodus schalten. Die Spitzenkandidatin der Grünen, Bettina Jarasch, kritisierte die Absage an den Wohnungsbaustandort deutlich: “Es versteht kein Mensch mehr, warum die SPD ihre Wohnungsbauziele verfehlt und jetzt den Bau von 2.000 Wohnungen verhindert.”
Es sei aus ihrer Sicht nicht nachvollziehbar, warum diese komplett versiegelte Fläche nicht mehr für den geplanten Wohnungsbau genutzt werden sollte. “Das widerspricht dem Ziel, preiswerten Wohnraum zu schaffen“, sagte Jarasch. Zudem habe sich auch der Bezirk für den Wohnungsbau auf dem Festplatz ausgesprochen.
Auch der Bezirk Mitte wollte das Gelände eigentlich mit Wohnungen bebauen
Damit hat Jarasch recht, der Bezirk Mitte möchte das Gelände seit Jahren neu entwickeln. Einen entsprechenden Beschluss traf die Bezirksverordnetenversammlung Mitte bereits vor fast vier Jahren.
Jaraschs Grüne hatten zuletzt den oben erwähnten, geplanten Bau von neuen Wohnquartieren auf bislang unversiegelten Flächen in Pankow kritisiert und gefordert, für solche Projekte bereits versiegelte Flächen zu nutzen.
Darauf hatte Franziska Giffey geantwortet, dass das Verhindern von Wohnungsbauprojekten nicht progressiv, sondern rückwärtsgewandt sei. Nun jedoch sagt sie selbst ein verhältnismäßig leicht umsetzbares Wohnungsbauprojekt ab. Es bleiben viele Fragezeichen und die Suche nach dem roten Faden in der Berliner Wohnungsbauentwicklung.
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Quellen: Wikipedia, Der Tagesspiegel, SPD Berlin
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