Gemeinsam mit der Technischen Universität Darmstadt und der Stiftung Exilmuseum Berlin hat die Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin einen virtuellen Rundgang durch den 1959 abgetragenen, historischen Anhalter Bahnhof möglich gemacht. So wird der Ort, an dem in wenigen Jahren der Neubau des Exilmuseums entstehen wird, auf eine vollkommen neue Art und Weise erlebbar.
© Visualisierungen: Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin, TU Darmstadt, FG Digitales Gestalten / SDTB,
Text: Björn Leffler
Im Oktober 2022 eröffnete eine Werkstatt, in der das für 2026 geplante Exilmuseum am früheren Anhalter Bahnhof vorbereitet werden soll. Ex-Bundespräsident Joachim Gauck und Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller waren dabei anwesend. Das kommende Museum beschäftigt sich mit der aktuellen Bedeutung des Themas Exil.
Die vierstöckige Werkstatt an der Fasanenstraße 24 in Charlottenburg zeigt, was das Exil für Menschen bedeutet – historisch sowie aktuell. So findet sich etwa die Geschichte des Schriftstellers Alfred Döblin („Berlin Alexanderplatz“), wie er nach dem Reichstagsbrand 1933 in die Schweiz floh. Man erfährt zudem, dass er weder in seinem eigentlichen Beruf als Arzt arbeiten konnte noch im Ausland interessierte Leser fand. 1945 kehrte er schließlich nach Deutschland zurück.
Die Werkstatt des Exilmuseums beschäftigt sich ausgiebig mit diesem Thema. Besonders angesichts der Aktualität durch den Überfall Russlands auf die Ukraine hat das Thema Exil wieder eine vollkommen neue Relevanz erhalten.
Stiftung Exilmuseum ermöglicht Rundgang durch historischen Anhalter Bahnhof
Auf eine vollkommen andere Art und Weise beschäftigt sich derzeit die Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin mit der Geschichte des zukünftigen Museumsstandorts am Askanischen Platz in Berlin-Kreuzberg. Gemeinsam mit der Stiftung Exilmuseum Berlin und der Technischen Universität Darmstadt haben die Projektorganisatoren einen virtuellen Rundgang durch den historischen Anhalter Bahnhof realisiert.
Ein immersiver 360-Grad-Rundgang lädt seit Kurzem dazu ein, das historische Bahnhofsgebäude und die damit verbundenen Geschichten neu zu entdecken. Die Anwendung „Anhalter Bahnhof Revisited” kann man auf dem Gelände des Anhalter Bahnhofs mit dem eigenen Smartphone entdecken oder online auf der Website anhalter.technikmuseum.berlin
Per Smartphone oder auf dem Computer: “Anhalter Bahnhof Revisited”
Passend dazu findet in der oben erwähnten Werkstatt Exilmuseum eine Veranstaltung statt, in der die Geschichte des Anhalter Bahnhofs im Zentrum steht und bei der auch das Projekt “Anhalter Bahnhof Revisited” vorgestellt wird.
Die Veranstaltung findet am 9. Juni ab 19 Uhr statt und wird in Kooperation vom Deutschen Technikmuseum und dem Museum Friedland durchgeführt. Der Anhalter Bahnhof wurde übrigens nicht in den Bombennächsten des Zweiten Weltkriegs dem Erdboden gleichgemacht, sondern erst 1959 abgetragen – vierzehn Jahre nach Beendigung der fatalen Gefechte im Großraum Berlin.
Anhalter Bahnhof: Geschichte eines beeindruckenden Bauwerks
Der Bahnhof galt bis Mitte des 20. Jahrhunderts als einer der wichtigsten Fernbahnhöfe Berlins und war vor dem Zweiten Weltkrieg wichtigste Station für die Verbindungen nach Mittel- und Süddeutschland, Österreich und Italien.
Das imposante Bahnhofsgebäude wurde bei alliierten Luftangriffen im Februar 1945 stark zerstört und brannte vollständig aus. In der Folge wurde es allerdings nur enttrümmert und schließlich notdürftig wieder betriebsfähig gemacht.
Ende der 1950er Jahre erfolgte der Abriss des Bahnhofsgebäudes
Die vier Hallenwände standen noch und wurden in einer Schadenskarte als “wiederaufbaufähig” eingestuft, während die eingestürzte Stahlkonstruktion des Hallendaches zerschnitten und entfernt wurde.
Trotz starken Widerstandes der Fachwelt sowie durch die Architekten- und Baukammern sollte das seit den 1930er Jahren unter Denkmalschutz stehende Bahnhofsgebäude auf Betreiben des damaligen Bausenators West-Berlins, Rolf Schwedler, Ende der 1950er Jahre zum Abbruch freigegeben werden.
Zu stabil: Der Abriss des Anhalter BAhnhofs wurde zum Kraftakt
Begründet wurde der Abriss unter anderem mit der Notwendigkeit zum Neubau eines größeren Bahnhofes an gleicher Stelle, für den es bereits Architektenentwürfe gab, und mit der Einsturzgefahr der freistehenden Hallenwände.
Nach der äußerst mühsamen Sprengung der Halle 1959 (mehrere Firmen versuchten sich erfolglos an der Abtragung des extrem stabilen Mauerwerks) blieb nur noch der Portikus mit einem Teil der überdachten, gemauerten Vorfahrt übrig – auch das eigentlich nicht beabsichtigt.
Bürgerproteste verhinderten Abriss des heute erhaltenen Portikus
Bürgerproteste verhinderten – wie auch bei der Gedächtniskirche in Charlottenburg – den Abbruch des übriggebliebenen Torsos. So blieb dieser bis in die heutige Zeit als Erinnerung an den bekannten Berliner Bahnhofsbau stehen.
Die dänische Architektin Dorte Mandrup wird den geplanten Neubau des Exilmuseums am Askanischen Platz gestalten. Im August 2020 erhielt ihr Entwurf den Zuspruch der verantwortlichen Jury. Der hinter dem zukünftigen Neubau liegende Fußballplatz wird erhalten bleiben.
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Quellen: Technikmuseum Berlin, Stiftung Exilmuseum Berlin, Technische Universität Darmstadt, Anhalter Bahnhof Revisited, Dorte Mandrup
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2. November 2024
….soooo nostalgisch; da kriegt man glatt Lust auf eine Rekronstruktion.