Ein mögliches, neues Stadion für den Berliner Fußball-Bundesligisten Hertha BSC ist in den vergangenen Wochen erneut zum präsenten Thema in der Berliner Medienlandschaft geworden. Jungarchitekt Lukas Mering aus Koblenz zeigt in einer Konzeptstudie im Rahmen seiner Masterarbeit überzeugend, wie ein solches Stadion aussehen könnte.

So stellt sich Architekt Lukas Mering ein mögliches, neues Herhta-Stadion vor.

© Visualisierungen und Konzept: Lukas Mering

 

Glaubt man den wohlwollenden Kommentaren, die derzeit aus der Berliner Landespolitik zum Thema Stadion-Neubau für Hertha BSC zu vernehmen sind, scheint der Neubau eines privat finanzierten, reinen Fußballstadions für den Fußball-Bundesligisten aus dem Berliner Westend nicht mehr so unwahrscheinlich zu sein, wie dies noch vor ein oder zwei Jahren der Fall war.

Dass Hertha BSC ein neues, selbst vermarktbares Stadion benötigt, scheint mittlerweile politisch fast übereinstimmend anerkannt zu sein, vor allem bei der neu konstituierten Berliner Landesregierung. Lediglich die Wahl des Standorts scheint derzeit noch Gegenstand von Verhandlungen zu sein.

Politisches Wohlwollen und Standortdiskussion

In der Diskussion waren bisher vor allem der Olympiapark und das vom Büro BLR Projektplan ins Spiel gebrachte Gelände an der Avus Nordkurve, welches auch vom Charlottenburg-Wilmersdorfer Bezirksstadtrat Oliver Schruoffeneger (Die Grünen) unterstützt wurde. Außerdem im Gespräch war ein Grundstück in unmittelbarer Nähe des ehemaligen Flughafens Tegel auf dem heutigen Zentralen Festplatz.

Den letztgenannten Standort hielt der Jungarchitekt Lukas Mering nach eigener Recherche zu Beginn seiner Arbeit im Sommer 2020 für geeignet und konzipierte im Rahmen seiner Master-Thesis ein Stadion-Projekt, das in jedem Fall sehr gut und plastisch zeigt, wie ein solcher Stadion-Neubau aussehen könnte – und wie groß die Unterschiede zur heutigen, oft mühsamen Mieter-Situation für Hertha BSC wohl wären.

DIE GRUNDIDEE: ANHEBUNG DES GRUNDSTÜCKS, SCHAFFUNG EINES PLATEAUS

Der interessante, städtebauliche Entwurfsgedanke Merings besteht darin, einen Großteil des Grundstückes anzuheben, um so eine Plattform für das Stadion zu erzeugen und gleichzeitig die angrenzenden Bereiche fern des Trubels um das Stadion herum abzugrenzen.

Während dadurch im Osten unter der Geländeoberfläche reichlich Parkfläche generiert wird, soll im Westen des Grundstücks eine „Fanwelt“ mit angrenzender Sportlandschaft geschaffen werden. Um – entgegen der derzeitigen Situation – eine ganzheitliche Adresse für Hertha BSC zu erzeugen, würde neben dem Stadion und der „Fanwelt“ auch das Trainingsgelände auf dem Grundstück seinen Platz finden.

SPANNENDE FORMGEBUNG UND INNOVATIVES LICHTKONZEPT

Spannend ist an Lukas Merings Entwurf jedoch nicht nur die Anhebung des Grundstücks zur Schaffung eines multifunktional nutzbaren Plateaus. Auch die Formgebung für das eigentliche Stadion ist aufsehenerregend.

Das Leitmotiv bei der Formung der Stadionhülle stellt eine freistehende Badewanne dar, die erhaben auf einem Tablett zu ruhen scheint. Durch Eindrücken des Spielfeldes hinunter in das oben beschriebene Plateau betritt der Besucher das Stadion auf halber Höhe, also zwischen Unter- und Oberrang, wo sich eine „Fuge“ mit zahlreichen Aktivitätsangeboten ausbilden könnte.

Die Hülle des Stadions erhält in den Visualisierungen eine Perforation, wodurch später ein spannendes Lichtspiel erzeugt werden kann. Das leichte Membrandach des Stadions soll sich in die gegebene Form einfügen.

DER LOGISTISCHE TEIL DES STADIONBETRIEBS SOLL SICH IM INNEREN DES PLATEAUS ABSPIELEN

Die Mannschaften, Mitarbeiter, Anlieferer und sonstige Menschen, die für den Betrieb des Stadions wichtig sind, erreichen das Stadion in diesem Entwurf über den Versorgungstunnel. Fährt man nun weiter, gabelt sich die Straße als Einbahnstraße und man gelangt bald zu den Stellplätzen für die Mannschaftsbusse, Schiedsrichter und Offiziellen des DFBs. Direkt gegenüber der Mixed-Zone liegt der Pressekonferenzraum, der im Anschluss an ein Fußball-Spiel aufgesucht werden kann.

Der hintere Teil des Tunnelrings dient der Anlieferung und Entsorgung. Für den normalen Besucher unsichtbar wird der Betrieb des Stadions über den Versorgungstunnel abgewickelt. Der Individualverkehr wird über eine separate Straße in ein Parkhaus geleitet, das unter Teilen des Stadionplateaus liegt.

DER SPIELTAG ALS ERLEBNIS: FANSHOPS, MUSEUM UND GASTRONOMIE bei fantasievollem Lichtspektakel

Auf das Stadionplateau zu den Eingängen gelangen die Fans entweder über die Parklandschaft oder über eine große Magistrale, die, angeschlossen an Shuttle-Stationen, frei von motorisiertem Verkehr gehalten ist, respektive über die Aufgänge aus dem Parkhaus.

Hier ruht das Stadion auf dem bereits oben erwähnten „Tablett“, unter dem mannigfaltige Aktivitätsangebote zur Verfügung stehen, um den Aufenthalt im Stadion nicht nur auf das Geschehen rund um die 90 Minuten des Fußballspiels zu reduzieren, sondern womöglich über mehrere Stunden oder gar den ganzen Tag zu zelebrieren.

Neben Stationen zu leichten Sporttätigkeiten wie Tischtennis oder Billard gibt es hier auch Fotoboxen, mehrere Fanshops, einen Show- und Museumsbereich, Leinwände zur Vorberichterstattung und diverse Kioske mit unterschiedlichen Speisen und Getränken.

Logen, technische Bereiche und Lichttechnik im 3. und 4. Obergeschoss

Im dritten und vierten Obergeschoss sieht das Konzept Ehren- und VIP-Logen, technische Bereiche und Räume für die Lichttechnik vor. Der Rückraum des Oberranges wird mit Schweinwerfern ausgeleuchtet, wodurch ein facettenreiches Lichtspiel durch die Punktwolken der Fassade fällt. Der Fantasie an Variationsmöglichkeiten sind dabei keine Grenzen gesetzt, wobei das Olympiastadion durch die Modernisierung der Beleuchtungsanlage immerhin schon neue, hohe Standards setzen kann.

Unabhängig davon bildet das Konzept von Lukas Mering einen äußerst spannenden und sinnvoll ausgearbeiteten Denkansatz, wie ein neues Hertha-Stadion aussehen kann, ohne zum von vielen Fans befürchteten, architektonischen Einheitsbrei vieler moderner Stadien zu gehören, wie sie etwa in Mainz, Hoffenheim oder Wolfsburg entstanden sind.

WIRD DAS JAHR 2022 WEGWEISEND FÜR DAS STADIONPROJEKT?

Für Hertha BSC würden sich durch den Bau eines eigenen, durch private Investoren finanzierten Stadions vor allem enorme Vermarktungsoptionen ergeben, die es im heute angemieteten Olympiastadion schlichtweg nicht gibt und auch zukünftig nicht geben wird. Dies fängt bei der Vergabe der Namensrechte des Stadions an und setzt sich bei den von Lukas Mering detailliert aufgeführten Entertainment-, Gastronomie- und Einzelhandelsangeboten fort.

Ob das Jahr 2022, wie es sich die Initiatoren der Initiative „Blau-Weißes Stadion“ erhoffen, Klarheit in der Diskussion um einen Standort für das neue Hertha-Stadion bringen wird, ist derzeit trotz aller positiven Willensbekundungen nicht absehbar.

Hertha bevorzugt weiterhin den Standort im Olympiapark

Grundlegend gibt es in der derzeitigen Planungsphase bezüglich der Standortfrage noch unzählige zu lösende Probleme, die es zu diskutieren und abzuwägen gilt. Momentan scheint Hertha BSC selbst den Standort auf dem Olympiapark zu präferieren, da hier jetzt schon das Traningszentrum und die Geschäftsstelle angesiedelt sind, wodurch kurze Wege auch zu einem möglichen Leistungszentrum garantiert sind und eine bewährte Verkehrsanbindung existiert. Allerdings müssten für diesen Standort bestehende Mietshäuser dem Stadion weichen, für die erst ein neuer Standort gefunden werden muss.

Auch bei dem Standort, den Mering für sein Konzept gewählt hat, spielt das allübergreifende Thema Wohnungsnot in Berlin eine Rolle, da der Zentrale Festplatz natürlich auch für den Bau neuen Wohnraums genutzt werden könnte, was derzeit auch evaluiert wird.

Das Konzept von Lukas Mering ist jedoch in jedem Fall ein wertvoller Beitrag in der laufenden  Diskussion, die wir mit Spannung weiterverfolgen.

 

Insgesamt besteht das hier vorgestellte Konzept aus neun großformatigen Plänen, einem städtebaulichen Modell im Maßstab 1:1.000 und einem Architekturmodell im Maßstab 1:333.

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Nachtansicht: Das an eine freistehende Badewanne erinnernde Stadion könnte auch mit einem ausgeklügelten Lichtkonzept beeindrucken.

Aufriss: Das Stadion würde auf einem Plateau entstehen. Dadurch könnten viele logistische Bereiche und auch Teile des Parkhauses unter der Oberfläche untergebracht werden. 

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3 Comments

  1. […] alternative Standorte gehandelt, wie der zwischenzeitlich vom Berliner Senat selbst vorgeschlagene Zentrale Festplatz unweit des ehemaligen Flughafens Tegel in […]

  2. Hallemann 24. Januar 2022 at 13:48 - Reply

    Sehr geehrter Herr Mering,
    Großes Lob für diesen durchdachten Entwurf. Bin sehr Begeistert und hoffe Sie haben eine wertschätzende Bewertung Ihrer Masterarbeit erhalten. Persönlich würde ich mich natürlich über eine Umsetzung sehr freuen.
    Hochachtungsvoll
    Christoph Hallemann

  3. Lukas Mering 24. Januar 2022 at 20:57 - Reply

    Guten Tag Herr Hallemann,
    herzlichen Dank für Ihre netten und lobenden Worte! Es freut einen naturgemäß sehr, wenn die eigene Arbeit bei anderen Menschen etwas Positives auslöst.
    Beste Grüße
    Lukas Mering

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