Nach dem ohne Sieger beendeten Wettbewerb über den Wiederaufbau des Molkenmarktes hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in den vergangenen Monaten an der Ausarbeitung eines Masterplans gearbeitet, der nun kurz vor der Fertigstellung stehen soll. Dieser könnte einige grundsätzliche Änderungen gegenüber den ursprünglichen Planungen enthalten.
© Visualisierung Titelbild: Bernd Albers Architekten / Silvia Malcovati
© Visualisierungen darunter: Albers Gesellschaft von Architekten / OS arkitekter
Text: Björn Leffler
Im September 2022 fand der Wettbewerb zum Wiederaufbau des Molkenmarkts in Berlin-Mitte ein äußerst überraschendes Ende: Nach einer rund neunstündigen Sitzung wurde entschieden, dass letztlich nichts entschieden ist. Denn keiner der beiden Wettbewerbsbeiträge wurde zum Sieger erklärt.
Zur Einordnung der zwei konkurrierenden Konzepte: Das dänisch-deutsche Büro OS arkitekter / CKA wählte einen radikal modernen Ansatz, um das zukünftige Molkenmarkt-Quartier zu gestalten. Vor der ästhetischen Gestaltung der Gebäude steht erst einmal der Grundgedanke, ein klimaneutrales und innovatives Viertel zu entwickeln, welches auf alternative Baustoffe und ein nachhaltiges Gebäudekonzept setzt.
Zwei konkurrierende Entwürfe, kein Sieger: Das schwierige Molkenmarkt-Projekt
Deutlich traditioneller kam der Entwurf des Büros Bernd Albers daher, der sich stark an der historischen, geschlossen konzipierten Blockrandbebauung des einstigen Molkenmarktviertels orientiert. Doch auch in diesem Entwurf ist der nachhaltige Ansatz des Büros unverkennbar, da er von der Jury auch klar eingefordert wurde.
Nach der umstrittenen Entscheidung, den ersten Preis des Wettbewerbs endgültig zweimal zu vergeben, war lange die Frage, ob ein solches Vorhaben überhaupt möglich ist und wie der weitere Verlauf des Projekts vonstatten gehen soll.
Im Oktober 2022 verteidigte Andreas Geisel (SPD) das Vorgehen von Petra Kahlfeldt
Im Oktober 2022 verteidigte der damalige Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) die Entscheidung in einem Tagesspiegel-Interview: “Das Ergebnis ist bisher unzureichend. Wir haben zwei Wettbewerbsergebnisse, die beide Stärken und Schwächen haben. Bei beiden sind zum Beispiel Ver- und Entsorgung des Gebietes nicht zufriedenstellend geklärt.”
Geisel sagt, die Stärken beider Entwürfe – die Klimaresilienz des Entwurfs von OS arkitekter und die kleinteilige Parzellierung des Büros Bernd Albers / Silvia Malcovati müssten nun in einem weiterführenden Verfahren sinnvoll kombiniert werden. Dabei betonte Geisel, dass keiner der beiden Entwürfe 1:1 umgesetzt werden wird.
Ausarbeitung des Molkenmarkt-Masterplans offenbar fast fertig
Geisels Nachfolger, Christian Gaebler (ebenfalls SPD), hatte in einer Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses Anfang Juni prognostiziert, dass die Weiterentwicklung der beiden Entwürfe und die Ausarbeitung des Masterplans noch bis Ende 2024 in Anspruch nehmen könnte.
Nun jedoch berichtet Der Tagesspiegel, dass die Ausarbeitung des Molkenmarkt-Rahmenplans offenbar bereits fast fertiggestellt sei. Wie viele Elemente des bisherigen Wettbewerbs und der beiden siegreichen Entwürfe in diesem Masterplan enthalten sind, ist derzeit aber noch völlig unklar.
Die Senatsverwaltung entwickelt den Masterplan in Eigenregie
Die Ausarbeitung dieses Rahmenplans wird derzeit durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen vorangetrieben. Offenbar werden dabei weder die beiden Planungsteams aus dem Werkstattverfahren noch die beiden landeseigenen Wohnungsgesellschaften eingebunden, die bislang eigentlich für die Bebauung des Quartiers vorgesehen waren.
Bereits im Mai 2023 hatten wir darüber berichtet, dass es in der Senatsverwaltung möglicherweise ein Umdenken bezüglich des Molkenmarkt-Wiederaufbaus geben könnte. Denn viele Architektenkreise hatten die Zusammenarbeit mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften kritisiert, da sie eine zu banale Architektur beim Wiederaufbau des historischen Quartiers fürchten.
Senatsverwaltung möchte kleinere Grundstücke zur Bebauung vergeben
Diese Einschätzung teilt offenbar auch Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt, die daher unlängst vorgeschlagen hatte, die Realisierung auch in Zusammenarbeit mit Genossenschaften und Stiftungen umzusetzen. Gleichzeitig sollen die Grundstücke in kleinere Parzellen aufgeteilt werden, um eine vielfältige und abwechslungsreiche Gestaltung des Quartiers zu erreichen.
Bislang war vorgesehen, dass die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften WBM und DEGEWO großformatige und zusammenhängende Grundstücke entwickeln sollten, um dort vor allem bezahlbaren Wohnraum zu realisieren. Ob dieses Vorhaben in der von CDU und SPD geführten Koalition noch immer 1:1 so umgesetzt werden soll, ist mittlerweile mehr als fraglich.
Viele dieser offenen Fragen werden aller Voraussicht nach bald beantwortet werden. Denn Petra Kahlfeldt bestätigte in einer Antwort auf eine schriftliche Anfrage der Linken-Abgeordneten Katalin Gennburg, dass die Ausarbeitung des Masterplans in den letzten Zügen liege.
Im 3. Quartal 2023 werden die Molkenmarkt-Pläne dem Senat zum Beschluss vorgelegt
So betonte Kahlfeldt, dass die Molkenmarkt-Pläne “derzeit in der inhaltlichen Finalisierung und verwaltungsinternen Abstimmung zur Vorbereitung der Beschlussfassung durch den Senat” lägen. Sie sollen demnach im dritten Quartal 2023 dem Senat zur Beschlussfassung vorgelegt und dem Abgeordnetenhaus zur Kenntnis gegeben werden.
Dann wird das geplante Vorgehen der Senatsverwaltung über den Molkenmarkt-Wiederaufbau endlich klarer werden. Wenn dabei der Anteil der Wohnungen, die durch landeseigene Wohnungsbaugesellschaften realisiert werden sollen, deutlich kleiner ausfällt als bislang vorgesehen, sollte das Niemanden wirklich überraschen.
Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier:
Weitere Projekte in Mitte findet Ihr hier
Weitere Wohnprojekte sind hier zu finden
Quellen: Der Tagesspiegel, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Architektur Urbanistik Berlin, Albers Gesellschaft von Architekten, OS arkitekter
Weitere Artikel zu ähnlichen Projekten findet Ihr hier:
Newsletter
Abo-Modell
Neue Artikel
2. November 2024
Die WBM und die DEGEWO sollten nicht in die Nähe dieses Geländes kommen. Bezahlbare Wohnungen sollten woanders gebaut werden, wo die architektonische Verschandelung des Stadtbildes weniger auffällt.
[…] Molkenmarkt: Masterplan für Wiederaufbau wohl fast fertig […]