Nach einem neuerlichen Unfall an der Landsberger Allee in Berlin-Marzahn, bei welchem ein elfjähriges Kind tödlich verletzt wurde, soll die für die östlichen Stadtteile Berlins wichtige Verkehrsader nun durch Veränderungen für alle Verkehrsteilnehmer sicherer gestaltet werden.
Text: Henriette Schubert
Mit insgesamt elf Kilometern Länge erstreckt sich die Landsberger Allee im östlichen Teil Berlins über vier Bezirke und kreuzt in ihrem Verlauf verschiedene Hauptverkehrsstraßen, beispielsweise den Blumberger Damm in Marzahn-Hellersdor, den Weißenseer Weg in Lichtenberg oder die Danziger Straße in Prenzlauer Berg.
Verbände wie Changing Cities, Fuss e.V. sowie der Verkehrsclub Deutschland Nordost zählten entlang dieser Strecke alleine in den letzten zweieinhalb Jahren sieben tödliche Unfälle. Vier der Verstorbenen waren laut Angaben zu Fuß unterwegs. Auch Straßenbahnen oder Kehrmaschinen sind im vergangenen Jahr in insgesamt drei Unfälle verwickelt gewesen.
Landsberger Allee: “Mörderischste Straße Berlins”?
Das vor wenigen Wochen tödlich verletzte, elfjährige Kind löste eine neue Welle der Bestürzung aus. Laut Zeugenaussagen sei der Unfallfahrer über Rot gefahren. Das Kind, welches die Straße zu Fuß überqueren wollte, verstarb wenige Tage nach dem Unfall im Unfallkrankenhaus Berlin in Marzahn.
Neben Verkehrsinitiativen, die die Allee als „menschenfeindlich“ und gar „mörderischste Straße Berlins“ bezeichnen, zeigt sich auch Berlins Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Die Grünen) sehr bestürzt.
“Fuss e.V.” fordert schnelle und tiefgreifende Veränderungen
Die Forderungen, für mehr Sicherheit für Fußgänger und Radfahrer zu sorgen, rücken somit erneut in den Vordergrund der öffentlichen Diskussion, denn immer wieder kommt es zu tödlichen Zusammenstößen auf der Landsberger Allee.
Der Ausbau als breite und gerade Straße lade zum Schnellfahren ein, so Roland Stimpel vom Verein Fuss e.V. Die Initiative fordert daher feste Blitzeranlagen im Bereich der Fußgängerüberwege. Auch ein Reduzieren der in einigen Teilabschnitten derzeit erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 60 Kilometern pro Stunde erachtet die Initiative als wichtige und schützende Maßnahme.
Ausbau bleibt hinter Empfehlungen der Unfallkommission zurück
Auch Felix Reifschneider (FDP) sieht Handlungsbedarf an der Landsberger Allee von Friedrichshain bis nach Marzahn. Der Verkehrsexperte der FDP-Fraktion erachtet dabei die von Fuss e.V. geforderte Verringerung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit hinsichtlich der angestrebten Unfallvermeidung nur als begrenzt wirksam.
Baulich getrennte Radwege würden besonders im Kreuzungsbereich gegen Abbiegeunfälle schützen. Auch vermehrte Kontrollen durch die Polizei sowie der schnellere Umbau von Unfallkreuzungen seien notwendig, um die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer zu wahren. In baulichen Veränderungen von Kreuzungen würde Berlin jedoch weit hinter den Empfehlungen der Unfallkommission zurückbleiben
Umsetzung geplanter Maßnahmen zögert sich hinaus
Der Sprecher der Senatsmobilitätsverwaltung, Jan Thomsen, teilte hierzu auf Nachfrage mit, dass bereits einige Vorhaben zur sicheren Gestaltung der Landsberger Allee in Planung seien, die durch die Berliner Unfallkommission vereinbart worden sind. Nach tödlichen Unfällen befasst sich diese Kommission mit dem Ort und wichtigen kurz- und langfristigen Änderungen, um derartige Gefahrensituationen zukünftig vermeiden zu können.
Zu diesen Änderungen zählt unter anderem die reduzierte Höchstgeschwindigkeit auf 50 Kilometer pro Stunde zwischen dem Arendsweg und der Rhinstraße. Auf diesem Abschnitt waren bislang 60 Kilometer pro Stunde zulässig. Die notwendige Anpassung der Ampelanlagen zögere die Umsetzung dieses Vorhabens jedoch auf unbestimmte Zeit hinaus.
Ampelschaltungen und Verkehrsführung sollen optimiert werden
Vor allem für die Ampeln entlang der gesamten Landsberger Allee seien laut Thomsen weitere Änderungen geplant. Durch die Lenkung des Geradeausverkehrs über entsprechende Pfeilmasken soll es an Kreuzungen mehr Klarheit geben. Das bisherige Signal ohne spezielle Kennzeichnung zum Geradeausfahren sorge durch die direkt daneben befindlichen Signale für Rechtsabbieger für mögliche Verwechslungen. Doch auch dieses Vorhaben sei noch in der Bearbeitung.
Des Weiteren veranlasste der Zusammenstoß einer Tram mit einem Pkw an der Kreuzung zur Liebenwalder Straße ebenfalls eine umfassende Untersuchung dieses Verkehrsbereiches. Die geplante Verbesserung der Sichtverhältnisse durch den Verschnitt von Pflanzen wurde hierzu bereits im Oktober 2021 auf einer Sitzung der Unfallkommission beschlossen. Eine Durchführung des Beschlusses gibt es zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht.
Komplexe Neubaumaßnahmen für rund 150 Millionen Euro geplant
Zu den Änderungsplanungen gesellt sich überdies eine Umstrukturierung der Rad- und Gehwege zwischen dem Pyramidenring und den Brücken am Knotenpunkt mit der Märkischen Allee. Für mehr Qualität sollen die Seitenbereiche saniert werden. Laut Thomsen würden auf diesem Wege auch die Radwege neu angelegt werden.
Mit dem geplanten Neubau des Marzahner Verkehrsknotens kämen zudem neue Ampeln, Radverkehrsanlagen sowie Gehwege in diesem Bereich hinzu. Für gut 150 Millionen Euro sollen die Bauarbeiten für diese Erneuerung Ende des Jahres beginnen.
Neubau des Marzahner Verkehrsknotens bis 2029
Durch den damit notwendigen Neubau von drei Brücken sowie die allgemeine Komplexität des Vorhabens wird sich der Bau voraussichtlich über sieben Jahre ziehen und erst gegen Ende 2029 fertiggestellt sein – nach heutigem Planungsstand, weitere Verzögerungen sind immer möglich.
Bei der Neu- und Umgestaltung der Landsberger Allee ist also nach aktuellem Wissensstand sehr viel Geduld gefragt, und die Trasse wird aller Voraussicht nach auch in den kommenden Jahren zu den gefährlichsten Straßen Berlins gehören. Ein Umstand, der in keiner Weise positiv zu bewerten ist, betrachtet man die hohe Zahl gefährlicher sowie tödlicher Verkehrsunfälle.
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