Was vor wenigen Jahren fast undenkbar schien, wird nun Realität: Obwohl der 1. FC Union Berlin seine Champions-League-Heimspiele in der Alten Försterei austragen könnte, befürworten die Köpenicker stattdessen die Spielstätte Olympiastadion im entfernten Westend. Bei der landeseigenen Olympiastadion Berlin GmbH dürften die zu erwartenden Mehreinnahmen mit großer Freude vernommen werden.

Hier sollen in der kommenden Saison keine Champions-League-Spiele stattfinden, obwohl es möglich wäre: Das Stadion an der Alten Försterei in Berlin-Köpenick. / © Foto: Wikimedia Commons

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Text: Björn Leffler

 

Während der Konkurrent aus dem Berliner Westend, Hertha BSC, sich noch mit der Neuaufstellung seines Zweitliga-Kaders herumschlagen muss, hat man im Berliner Südosten völlig andere Sorgen. Die Bezeichnung „Luxusproblem“ würde es allerdings eher treffen. Dass der 1. FC Union Berlin in der Spielzeit 2024/2025 aufgrund des geplanten Umbaus der Alten Försterei in das Olympiastadion umziehen muss, ist hinlänglich bekannt – und wurde von den Mitgliedern des Vereins aufgrund der Notwendigkeit des Försterei-Ausbaus noch als akzeptabel bewertet.

Drei der vier Tribünen des Stadions an der Wuhlheide in Köpenick sollen nach dem Wunsch des Clubs in den kommenden Jahren baulich neu errichtet werden, um die Kapazität auf knapp 38.000 Plätze zu steigern. Eine aufsehenerregende Begleiterscheinung dieser Umbaupläne ist der Ausweichstandort, den der 1. FC Union für mindestens eine Spielzeit beziehen muss. Dazu sagte Dirk Zingler auf der Mitgliederversammlung im November 2022: “Wenn wir die drei Seiten abreißen und neu aufbauen, werden wir in dieser Zeit im Olympiastadion Fußball spielen.” Die dafür notwendige Ausnahmegenehmigung der Deutschen Fußball Liga hat Union bereits erhalten.

Champions League 2023: Union spielt Heimspiele im Olympiastadion

Soweit so gut. Nun jedoch hat der Verein entschieden, auch die anstehenden Heimspiele in der kommenden Champions-League-Saison im Olympiastadion in Charlottenburg austragen zu wollen – obwohl die UEFA eine Durchführung der Spiele in der Alten Försterei gestattet hat. Bis vor zwei Jahren erlaubte die Europäische Fußball-Union ausnahmslos keine Stehplätze bei Europacup-Spielen. Stadien für die internationalen Wettbewerbe mussten auch eine Mindestanzahl an Sitzplätzen haben. Das Stadion an der Alten Försterei erfüllte die Kriterien nicht.

Deshalb musste Union bereits 2021 in der Conference League ins entfernte Olympiastadion ausweichen. Wegen der Corona-Auflagen war das Stadion damals aber auch nur zum Teil gefüllt. Nun wurden die Auflagen der UEFA aufgeweicht, Stehplätze wurden erstmals seit Jahrzehnten zugelassen. Schon im vergangenen Jahr trugen die Köpenicker also ihre Europaleague-Spiele in der Alten Försterei aus. Daher kommt die Entscheidung des Clubs, im kommenden Jahr dennoch im Olympiastadion zu spielen, doch eher überraschend.

Zingler: „Wollen allen Mitgliedern die Champions League im Stadion ermöglichen.“

Präsident Dirk Zingler beschrieb in einer E-Mail an die Vereinsmitglieder einen schwierigen Entscheidungsprozess, der wohlüberlegt sei. Mehrfach wies er auf ein entscheidendes Argument hin: Im Olympiastadion könnten alle Vereinsmitglieder mehrfach Champions-League-Fußball live erleben – in der Alten Försterei wäre das bei drei Gruppenspielen nicht möglich. „Champions League für alle Unioner – von dieser Idee haben wir uns leiten lassen“, so Zingler.

Dass Zingler so ausführlich die Entscheidung des Vereins darlegen musste, macht bereits deutlich, wie sensibel das Thema ist. Denn durch die Verlegung der drei Heimspiele ermöglicht der Verein nicht nur mehr Union-Fans, die Champions-League-Spiele des Vereins live im Stadion zu sehen. Ein netter Nebeneffekt sind satte Mehreinnahmen, die der Verein durch den Umzug in das deutlich größere Olympiastadion erzielt. Im Olympiastadion finden fast 75.000 Zuschauer Platz, in der Alten Försterei lediglich 21.000.

Mehreinnahmen in mittlerer einstelliger Millionenhöhe sind zu erwarten

Laut Kicker und Berliner Morgenpost geht es um einen mittleren einstelligen Millionenbetrag, den der Verein durch den Umzug einnehmen wird. Dazu jedoch sagte Zingler in seiner Mitteilung an die Mitglieder nichts, was in den sozialen Medien bereits spürbar für Unmut sorgte. Vor allem alteingesessene Fans befürchten, dass der Verein durch derartige Entscheidungen seine ganz eigene Identität und Mentalität aufs Spiel setzt, um die Tür für „Erfolgsfans“ und gesteigerte Umsätze zu öffnen.

Gleichzeitig gibt es aber auch viel Zuspruch für die Entscheidung, da viele die möglicherweise einmalige Chance nutzen wollen, in Berlin Champions-League-Fußball live im Stadion zu sehen – und natürlich auch die wirtschaftlichen Vorteile der Entscheidung respektieren. Immerhin ist Herthas letztes Gastspiel in der Königsklasse bereits über 20 Jahre her.

Die landeseigene Olympiastadion Berlin GmbH wird sich über die zu erwartenden Mehreinnahmen natürlich freuen. Das in diesem Jahr bereits sehr gut ausgebauchte Stadion (Hertha BSC, Special Olympics, ISTAF, Lollapalooza und zahlreiche Konzerte) wird dadurch drei weitere, mutmaßlich sehr gut besuchte Veranstaltungen hinzubekommen.

 

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Quellen: Kicker, Berliner Morgenpost, 1. FC Union Berlin, Der Tagesspiegel

 

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