Sowohl an der Memhardstraße als auch an der Wilhelmstraße stehen zwei prominente DDR-Plattenbauprojekte, um deren möglichen Abriss schon lang diskutiert wurde. Beide Gebäudekomplexe jedoch trotzen offenbar erfolgreich dem Zeitgeist.

Populärer DDR-Plattenbau in der Memhardstraße in Berlins Mitte. Das Gebäude wird derzeit als Modehaus genutzt.

 

Der Plattenbau an der Memhardstraße im Berliner Bezirk Mitte, unweit des Alexanderplatzes, ist mittlerweile ein äußerst beliebtes Fotomotiv und wurde bereits mehrfach als Kulisse für Filme oder Fernsehproduktionen wie den “Tatort” verwendet. Nicht, weil er sonderlich schön wäre, sondern weil der bauliche Verfall des Gebäudes offensichtlich und wohl äußerst spannend ist.

Das zu DDR-Zeiten errichtete Wohngebäude, welches direkt an das ehemalige Berliner Verlagsgebäude angrenzt, ist im Gegensatz zu nahezu allen umliegenden, zu DDR-Zeiten errichteten Gebäuden, weder saniert bzw. abgerissen und durch einen Neubau ersetzt worden. Lediglich die Einzelhandelsflächen im Erdgeschoss sind vor knapp zehn Jahren einmal modernisiert worden.

Der Plattenbau an der Memhardstraße wurde in ein Modehaus umgewandelt

Von einer Grundsanierung ist das Gebäude auch heute noch weit entfernt. Seit Sommer 2021 ist eine ganz neue Nutzung in das Gebäude eingezogen, welche auch vom Bezirk Mitte aktiv unterstützt wird. Unter dem Namen “PLATTE.Berlin” wird die Immobilie als Modehaus vermarktet.

In der “PLATTE.Berlin” finden bereits seit mehreren Monaten  Ausstellungen, Workshops, Pop-Up Events und Showrooms statt. Auch als Fotostudio wird das Gebäude genutzt. Das Projekt wurde von den Bezirksverwaltungen Mitte und Pankow ins Leben gerufen. “PLATTE.Berlin” soll den Modeschaffenden aus Berlin ein breites Angebot an Unterstützung und Möglichkeiten zur Verfügung stellen.

Das Areal, auf dem das Gebäude steht, ist denkmalgeschützt

Ob es sich bei der derzeitigen Nutzung nur um eine kurzfristige Zwischennutzung handelt, war bislang nicht in Erfahrung zu bringen. Fest steht aber: Ein Abriss des Gebäudes ist im Bezirk derzeit kein Thema, da der Gebäudekomplex Teil eines denkmalgeschützten Areals ist.

Der Plattenbau selbst steht zwar nicht unter Denkmalschutz, steht allerdings auf einem Areal, welches Denkmalschutz genießt. Damit ist ein Abriss des Gebäudes derzeit kein realistisches Thema, da bei einem denkmalgeschützten Bereich, wie es beim Ensemble in der Memhardstraße der Fall ist, die Struktur und Ansicht einer Anlage als erhaltenswürdig angesehen wird.

Über die Plattenbausiedlung an der Wilhelmstraße wird seit Jahren diskutiert

Ein weiteres, umstrittenes Plattenbau-Wohnensemble gibt es im Bezirk Mitte an der Wilhelmstraße. Während im direkten Umfeld der 1987 noch in Ost-Berlin begonnenen Wohnanlage exklusive Neubauten errichtet werden – am Holocaust-Mahnmal entsteht der Neubau “Embassy of Exchange”, an der Wilhelmstraße wächst das Wohnungsprojekt “The Wilhelm” – soll die Plattenbau-Wohnsiedlung unangetastet bleiben.

Insgesamt 400 Wohnungen sind hier zwischen 1987 und 1992 entstanden. Prominente wie Günter Schabowski oder Kati Witt gehörten zu ihren Bewohner*innen. Der Grundstückseigentümer hatte auf dem Gelände den Abriss der Plattenbauten geplant, um hochwertige Eigentumswohnungen in exponierter Lage zu errichten.

Die gesamte Anlage wurde im September 2021 unter Denkmalschutz gestellt

Im September 2021 jedoch wurde die gesamte Wohnanlage nach jahrelangen Diskussionen unter Denkmalschutz gestellt. Landeskonservator Christoph Rauhut begründete den Schritt wie folgt: “Das einen Steinwurf von der Grenze entfernte Quartier war ein wichtiger Baustein im Wettbewerb der politischen Systeme.”

Auch Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) befürwortete den Schritt und nannte die Wilhelmstraße ein “Spätwerk des DDR-Städtebaus”. Die Mieter*innen der Wohnanlage reagierten äußerst erleichtert auf die Nachricht. Sie können jetzt im Zentrum der Hauptstadt wohnen bleiben, in bester Lage und zu bezahlbaren Mieten.

Hier könnt ihr euch ein Bildband zum Leben im Plattenbau bestellen.

Das Buch “Plattenbauten in Berlin: Geschichte-Bautypen-Bauprojekte-Kunst-Propaganda” findet ihr hier.

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DDR-Plattenbausiedlung an der Wilhelmstraße, erbaut von 1987-1992. Das Ensemble steht seit September 2021 unter Denkmalschutz.

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7 Comments

  1. Philipp 30. Dezember 2021 at 15:56 - Reply

    Die Platte an der Memhardtstr. sollte abgerissen werden. Es ist eine Farce aus Stadtentwicklungssicht was hier passiert.

  2. […] selbst. Allein seine Grenzen – das Brandenburger Tor im Norden, DDR-Plattenbauten im Osten, die mittlerweile selbst unter Denkmalschutz stehen, der Potsdamer Platz im Süden und das Kulturforum im Westen – sind Zeugen architektonischer […]

  3. Hans 3. Januar 2023 at 12:24 - Reply

    Hör auf Plattenbau zu bauen!! in Berlin, dadurch sieht unsere Stadt hässlich aus wie eine arme Stadt in einem Dritte-Welt-Land.
    Dies ist ein hässliches Design, keine moderne Stadtplanung.
    Bitte reißen Sie den bestehenden Plattenbau ab und kehren Sie zurück zum alten schönen europäischen design das in den anderen deutschen Städten existiert.

  4. […] Erhalt statt Abriss: In Berlin-Mitte bleiben DDR-Plattenbauten bestehen […]

  5. Franz 27. Januar 2024 at 16:30 - Reply

    Ich verstehe, dass man am Standort Memhardtstraße gern günstigen Wohnraum in Mitte erhalten möchte. Angesichts der hohen Baupreise würde kaum das gleiche Preisniveau erzielt werden können. Aber das würde doch wohl auch bei einer dringend erforderlichen Sanierung der Fall sein, oder? Meine Überlegung daher: Städtebaulich könnte man drn Straßenzug verengen. So wie es ist, ist es für andere als Autofahrer gefährlich und unwirtlich. Baut man dann noch höher, könnten sich durch Mietpreismixe vielleicht Optionen ergeben, ein günstiges größeres Segment zu erhalten. Den Drnkmalschutz jenseits des Verlagsgebäudes verstehe ich nicht. Es gibt andere Orte der DDR-Architektur und des Städtebaus, die erhaltenswerter erscheinen.

  6. […] Erhalt statt Abriss: In Berlin-Mitte bleiben DDR-Plattenbauten bestehen […]

  7. Kohl 28. April 2024 at 17:49 - Reply

    Schande, auch nur einen Gedanken an Abriss zu denken. Hier spielt Co2- u. a. Werkstoffverbrauch sowie landwi. Flächenverbrauch auf einmal keine Rolle! Wohungsnot gibt es wohl jetzt + in Zukunft auch keine. ALLE standsicheren Gebäude müssen erhalten bleiben. Möglichst Kein Flächenverbrauch mehr. Bei Bedarf vorübergehende Nutzung für (Wirtschafts)asylanten statt dezentral neue Unterkünfte errichten. Die Eigentümer sollten aber bei unverschuldeten bis sogar jedem Leerstand -einheitlich pauschal- die laufenden Kosten + ggf. Erhaltungsauwendungen (diese höchstens 5 €/m2 Wf./Jahr) völlig unbürokratisch erhalten!

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