In Berlin gibt es beinahe 70 Shopping Malls, verteilt über das ganze Stadtgebiet. Das Überangebot führt längst dazu, dass einige dieser Einkaufszentren abgerissen, umgebaut oder mit einem völlig Nutzungskonzept versehen werden. Ein Trend, der wohl Vorbild für weitere Projekte in der Zukunft sein wird – und durchaus Chancen bietet.
Text: Björn Leffler
© Fotos: depositphotos.com
Der Umbau der ehemaligen Potsdamer Platz Arkaden ist mittlerweile abgeschlossen. Das in die Jahre gekommene Einkaufszentrum hatte in den Jahren vor der Modernisierung mit schwindenden Kunden und Leerstand zu kämpfen. Schließlich war nur wenige Meter weiter mit der Mall of Berlin ein weiteres, deutlich größeres Shopping-Angebot entstanden.
Nicht wenige Branchenexpterten hatten erwartet, dass die Arkaden am Potsdamer Platz eine gänzlich neue Bestimmung erhalten und womöglich zu einem reinen Bürostandort umgebaut werden. Doch das Unternehmen ECE Projektmanagement GmbH, welches die Arkaden betreibt, entschied sich dafür, die Mall zwar neu zu konzipieren, sie aber wieder als Einkaufszentrum mit Gastronomie-Angebot zu eröffnen.
Kundenschwund: Berlinweit sind viele Shopping-Malls in Schwierigkeiten
Mit dieser Entscheidung lag ECE im berlinweiten Vergleich allerdings nicht im Trend. Denn das hohe Angebot an Shopping Malls im gesamten Berliner Stadtgebiet hat längst dazu geführt, dass einige der entstandenen Einkaufszentren so schlechte Besucherzahlen zu verzeichnen haben, dass sie in ihrer ursprünglichen Form nicht weitergeführt werden können.
Kürzlich haben wir etwa über das in Alt-Treptow liegende Einkaufszentrum Park-Center berichtet. Das zum großen Teil leerstehende Center soll teilweise abgerissen werden. Auf dem Gelände sollen in den kommenden Jahren insgesamt acht neue Gebäude mit Flächen für Gewerbe, Wohnungen, Einzelhandel und Freizeitaktivitäten entstehen.
“Park-Center” in Treptow: Teilabriss und Neubaus sind geplant
Immerhin: auch in den neuen Gebäuden und im verbleibenden Bestandsbau soll es künftig noch Einzelhandelsflächen geben, allerdings in deutlich reduzierter Form. Das Park-Center ist damit aber beileibe kein Einzelfall.
Auch in der Steglitzer Schloßstraße steht mit dem Boulevard Berlin ein weiteres Einkaufszentrum vor einem umfassenden Umbau. Die Immobilie im Südwesten Berlins ist bereits im vergangenen Jahr verkauft worden. Im Rahmen eines großflächigen Umbaus sollen in dem von Leerstand geplagten Center neue Büroflächen und Serviced Apartments entstehen.
“Boulevard Berlin” in Steglitz: Büroflächen und Apartments statt Einzelhandel
Die neuen Eigentümer haben offenbar große Pläne mit dem bisherigen Shopping-Center, welches vor nicht einmal zehn Jahren eröffnet wurde, aber stärker als andere Einkaufszentren – bereits vor der Corona-Krise – unter Leerstand litt. Das liegt auch an der Größe der Immobilie, die mit 76.000 Quadratmetern zu den größten Shopping-Malls der Stadt gehört.
Das Boulevard Berlin war in der Schloßstraße als letzte aber größte der vier großen Malls gebaut worden. Schon damals gab es Zweifel an der Wirtschaftlichkeit eines so groß dimensionierten Einzelhandelsprojektes an diesem Standort – zurecht, wie sich schnell gezeigt hat.
Das Center soll aufwendig umgestaltet werden, um darin zukünftig Büros und Serviced Apartments unterzubringen. Ob das gesamte Center neu konzipiert oder nur ein Teil umgebaut werden soll, ist bislang aber noch nicht bekannt.
Marzahn: Abriss des “Tal-Centers” soll Wohnungsbau ermöglichen
Ein weiterer, großflächiger Umbau ist in Berlin-Marzahn geplant. Ziel ist hierbei aber nicht die Schaffung neuer Gewerbeflächen, zumindest nicht primär. Auf dem Gelände des heutigen Einkaufs- und Gewerbezentrums Tal-Center, welches auf einer Fläche von rund 27.000 Quadratmetern steht, will die GEWOBAG ein neues, gemischtes Quartier entwickeln.
Das bestehende Einkaufszentrum soll für das Vorhaben abgerissen werden. Auf dem Gelände sollen neben 500 neuen Wohnungen auch Flächen für die medizinische Versorgung, eine neue Kita, Büros sowie Einzelhandel entstehen. Das potenzielle Baugrundstück befindet sich an der Oberweißbacher Straße und der Mehrower Allee.
Rund 10.000 Quadratmeter des zukünftigen Quartiers sollen für Büroflächen, Einzelhandel und medizinische Einrichtungen verwendet werden. Die DLE Land Development GmbH hat das Gelände im Auftrag der Eigentümergesellschaft verkauft und gemeinsam mit dem Bezirk Marzahn-Hellersdorf ein tragfähiges Nutzungskonzept für die Zukunft erarbeitet.
Friedrichstraße in Mitte: Auch die “Dreispitzpassage” hat keine Zukunft mehr
Aber nicht nur in den Außenbereichen Berlins zeigt sich dieser Trend, auch im Zentrum gibt es entsprechende Beispiele, wie etwa in der Friedrichstraße. Unter den knapp 70 Berliner Einkaufszentren schneidet die dort ansässige „Dreispitzpassage“ unweit des Projekts “Am Tacheles” bei der Bewertung durch die Besucherinnen und Besucher mit Abstand am schlechtesten ab.
Die Passage leidet seit fast zehn Jahren unter anhaltend hohem Leerstand und hat Besucherinnen und Besuchern daher auch nur wenig zu bieten. In den vergangenen Jahren wurde mehrfach erfolglos versucht, das Einkaufszentrum neu zu beleben.
an der Friedrichstraße will der Bund neue Wohnungen errichten
So versuchte ab 2015 die Regisseurin Ila Schöppe die Passagen zu reaktivieren, indem sie einen Theaterbetrieb installierte. Nach wenigen Monaten scheiterte das Projekt allerdings. Zu gering war die Nachfrage, zu unattraktiv der Standort.
Eigentümer der ungeliebten Immobilie ist der Bund. Es ist das einzige aller Berliner Einkaufszentren, die sich in Bundesbesitz befinden. Der Eigentümer hat sich nun Gedanken zur Zukunft des Gebäudes gemacht. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) kündigte gegenüber dem Tagesspiegel an, über die Bebauung des Grundstücks neu nachzudenken.
So soll das schmucklose Gebäude abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden, in dem Wohnungen realisiert werden können, so der aktuelle Planungsstand. Die bestehenden Wohnungen sollen erhalten und durch einen Neubau ergänzt werden.
Auch klassische Warenhäuser werden vermehrt umgebaut und neu genutzt
Aber nicht nur Shopping-Malls kämpfen in Berlin mit strukturellen Herausforderungen und ausbleibenden Kunden. Längst werden auch klassische Warenhäuser von einer wahren Umbauwelle erfasst. Hierzu gehört unter anderem der geplante Umbau des Kaufhauses Karstadt am Hermannplatz oder der vorgesehene Teilabriss des Karstadt-Hauses am Leopoldplatz im Wedding.
Gänzlich neu gedacht wurde das Nutzungskonzept beim Projekt “Kalle Neukölln”, welches ebenfalls in einem ehemaligen Warenhaus samt Parkhaus an der Karl-Marx-Straße entsteht. Längst abgeschlossen ist hingegen der Umbau des einstigen Galeria Kaufhof am Friedrichshainer Ostbahnhof, der in ein reines Bürogebäude verwandelt wurde.
Berlins Shopping Malls: Strukturwandel als Zukunftschance?
Es wird in den kommenden Jahren, auch befeuert durch die Corona-Krise der vergangenen Jahre und die zunehmende Digitalisierung des Einkaufserlebnisses mit hoher Wahrscheinlichkeit noch weitere Einkaufszentren in Berlin treffen, deren Betreiber das zukünftige Nutzungskonzept ihrer Immobilien vielleicht völlig neu denken müssen.
Hierin liegen aber nicht nur Probleme, sondern ganz sicher auch städtebauliche Chancen, wenn man die Herausforderungen annimmt. Denn viele der in den vergangenen 30 Jahren entstandenen Einkaufszentren gelten heute mitunter als planerische und architektonische Bausünden und könnten künftig vielleicht Platz machen für neue, innovativere Nutzungsformen.
Denn Flächen für Bildungseinrichtungen, Sportvereine, Jugendclubs oder andere gemeinnützige Organisationen werden auch in den kommenden Jahren benötigt werden, zumal die Hauptstadt konstant weiter wächst. Natürlich müsste hier der Berliner Senat den Betrieb einzelner Immobilien übernehmen. Aber das sollte kein Hindernis darstellen.
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Quellen: ECE Projektmanagement GmbH, DLE Land Development GmbH, Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, GEWOBAG, Signa Real Estate, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Architektur Urbanistik Berlin
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2. November 2024
Ich glaube, das Problem der ganzen neueren Malls (Boulevard, Mall of Berlin, Alexa) ist einfach die Größe. Zu viele Eingänge, zu viele Wege und Rolltreppen, die einen von A nach C, aber nicht nach B führen und so für tote Ecken sorgen. Einfach eine Verbindung zwischen den einzigen beiden Zugängen wie (mehr oder weniger) am Potsdamer Platz Arcaden oder im Schloss in Steglitz, auf der man alles sehen kann. Die hist. Passagen funktionieren auf diese Weise seit über 120 Jahren.
Ein Problem ist auch das Sortiment.
Gelbe Shirts mit grünen Punkten sind leichter zu bekommen als z.B. unifarbene schwarze Shirts. Also Basics. Die tragen Kunden von 8 bis 80 Jahre.
Was ist mit den Einkäufern nur los?
Macht die Augen auf und schaut wie die Menschen wirklich aussehen.
Und kauft tragbare Passformen ein.
Und wählt für die Shops nicht nur ausschließlich Textilien.
[…] werden mittlerweile zahlreiche einstige Kaufhäuser und Shopping Malls umgebaut und mit neuen Nutzungskonzepten versehen. Hierbei muss man allerdings unterscheiden zwischen den rund 70 Shopping Malls, die es berlinweit […]