Das Institut Forsa hat Berlinerinnen und Berliner um ihre Meinung zur historischen Mitte Berlins befragt. Dabei kam heraus, dass sich eine deutliche Mehrheit die Rekonstruktion ausgewählter historischer Gebäude wünscht. Gleichzeitig aber befürwortet eine große Zahl der Befragten auch die Pläne für eine grüne Gestaltung des “Rathausforums”. Zudem sollte der Autoverkehr in der historischen Mitte deutlich reduziert werden.
© Visualisierung Titelbild: Stiftung Mitte Berlin
Text: Björn Leffler
Berlin ist, wenn es um die Umsetzung zentraler Bauprojekte geht, eine zerrissene Stadt. Wo immer es im Zentrum der Hauptstadt darum geht, eine Fläche neu zu entwickeln, stoßen eine Vielzahl unterschiedlicher Meinungen aufeinander, die unversöhnlich um einen Kompromiss ringen.
Besonders kompliziert ist die Sachlage beim städtischen Raum der einstigen Berliner Altstadt, auf dem Gelände des mittlerweile verschwundenen Molkenmarkts und des heutigen “Rathausforums”.
“Rathausforum”: Zwei unterschiedliche städtebauliche Ansätze konkurrieren
Die “Rathausforum”-Fläche sollte nach dem Willen der einstmals von SPD und Grünen geführten Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und Verkehr den Menschen die Möglichkeit zum Ausruhen, Entspannen und Sport treiben geben.
Daher soll dort nach aktuellem Planungsstand eine innerstädtische Grünfläche entstehen, mit Sportflächen am südlichen Rand des Areals entstehen. CDU und SPD jedoch haben schnell klar gemacht, dass sie für dieses Areal eine andere städtebauliche Lösung favorisieren.
Stiftung Mitte Berlin setzt sich für eine teilweise Rekonstruktion der Altstadt ein
Bereits Ende Januar 2023 hatten wir erstmals darüber berichtet, dass es in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, genauer gesagt bei Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt, mögliche Bestrebungen gibt, die zukünftige Bebauung der Berliner Innenstadt noch einmal neu anzugehen.
Befeuert wurden diese Planspiele offenbar durch die im vergangenen Jahr gegründete Stiftung Mitte Berlin, die sich für eine Bebauung der historischen Berliner Innenstadt nach dem Vorbild des Stadtbilds der 1920er Jahre einsetzt – und die in der aktuellen Regierung offenbar einige Unterstützer hat. Die Unternehmerin und Autorin Marie-Luise Schwarz-Schilling hat die Stiftung gegründet.
Nach aktuellem Stand wird das “Rathausforum” zur urbanen Grünfläche
Diese will sich nach eigener Aussage “aktiv, öffentlich und transparent” für eine dicht bebaute und belebte Innenstadt auf dem Gebiet der einstigen Berliner Altstadt einsetzen. Auch Stadtforscher Dr. Benedikt Goebel ist Vorstandsmitglied in der Stiftung.
Doch die noch immer gültigen Pläne für das “Rathausforum” sehen anders aus. In einem jahrelangen Beteiligungsverfahren hatten die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen sowie der Bezirk Mitte ermittelt, wie die Zukunft des Areals gestaltet werden soll – und wie nicht.
Auf Basis von mühsam erarbeiteten Bürgerleitlinien kam das oben erwähnte Grünflächenkonzept heraus. Im Grunde ist dieses Konzept keine gravierende Veränderung des bestehenden Areals, denn bereits heute sind weite Teile des Geländes begrünt oder als Freiraum angelegt, als Folge der Neugestaltung des Areals in den 1960er und 1970er Jahren.
Forsa-Institut befragte Berliner zur historischen Mitte Berlins
Nun wurde bekannt, dass die Stiftung Mitte Berlin, die Gesellschaft Historisches Berlin e.V. und der Berliner Ortsverband von Stadtbild Deutschland e.V. das Meinungsforschungsinstitut Forsa mit einer repräsentativen Befragung Berliner Bürgerinnen und Bürger zur Gestaltung der historischen Mitte beauftragt hat.
Die Ergebnisse dieser Umfrage wurden heute veröffentlicht – und sie zeigen ein recht klares Meinungsbild. Eine deutliche Mehrheit der Befragten findet es demzufolge grundsätzlich gut, wenn in Städten und Gemeinden einige vollständig zerstörte Gebäude nach historischem Vorbild wiederaufgebaut werden (rund 61 Prozent).
Umfrage: Heutige Mitte Berlins wird als wenig attraktiv empfunden
Gleiches gilt demzufolge auch für die historische Berliner Altstadt. Der Bereich der historischen Mitte Berlins wird von den Teilnehmenden überwiegend als gegenwärtig wenig attraktiv empfunden (59 Prozent). Die Rekonstruktion sogenannter “Leitbauten”, wie beispielsweise am Großen Jüdenhof, findet deutliche Zustimmung unter den Befragten (rund 60 Prozent sprachen sich dafür aus).
Am Molkenmarkt, der in den kommenden Jahren neu aufgebaut werden soll, befürwortet eine knappe Mehrheit von 52 Prozent eine Neubebauung, die sich an der historischen Bebauung orientieren sollte. Dagegen sind allerdings auch 41 Prozent. Hier zeigen sich die Berlinerinnen und Berliner also eher gespalten.
Künftige Gestaltung des “Rathausforums”: Berliner sind gespalten
Eine zumindest teilweise Wiederbebauung der Freifläche zwischen Fernsehturm und Humboldt-Forum findet ebenso viel Zustimmung wie die Erhaltung der Freifläche in den aktuellen Plänen des Senats: 46 Prozent sind dafür, 47 Prozent sprechen sich dagegen aus.
Damit wird also deutlich, dass es in der Berliner Bevölkerung derzeit keine Mehrheit für eine vollständige Rekonstruktion der historischen Altstadt gibt. Der Wiederaufbau einzelner historischer Gebäude jedoch wird von einer deutlichen Mehrheit befürwortet.
Verkehr: Grunerstraße und Mühlendamm sollen deutlich schmaler werden
Gleichzeitig wünscht sich eine große Mehrheit die Verschmälerung der dominanten Grunerstraße, die die einstige Altstadt jahrzehntelang zerschnitten hatte. Dies wird derzeit bereits umgesetzt und ist baulich auch schon fast abgeschlossen.
Auch Mühlendamm und Leipziger Straße sollten nach den Wünschen der Befragten zukünftig deutlich schmaler gestaltet werden. Neben der Rekonstruktion ausgewählter historischer Gebäude wünscht sich die Mehrzahl der Befragten demzufolge vor allem eine Reduzierung des Autoverkehrs in der historischen Mitte Berlins.
Raum für Interpretationen: Welche Erkenntnisse lassen sich ziehen?
Für die Initiatoren der Stiftung Mitte Berlin sind die Ergebnisse der Umfrage sicher eine Motivation, ihr Vorhaben weiter voranzutreiben, da vor allem die derzeitige bauliche Situation im historischen Zentrum Berlins nicht zufriedenstellend ist.
Gleichzeitig muss sie auch anerkennen, dass die geplante Freifläche auf dem Areal des “Rathausforums” von einer nicht zu ignorierenden Anzahl von Menschen erwünscht ist. Wie nach es nach solchen Umfragen üblich ist, liest natürlich jeder gern das heraus, was er lesen möchte.
Die Umfragedaten jedoch zeigen recht deutlich, dass es für die historische Berliner Mitte zwar eine Mehrheit für die Rekonstruktion historischer Gebäude gibt, aber vielen Menschen auch eine grün und klimaorientierte Gestaltung der urbanen Räume wichtig ist. Auf diesen Erkenntnissen sollten die zukünftigen Planungen der Großen Koalition als auch privater Initiativen aufbauen.
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Quellen: Der Tagesspiegel, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Wikipedia, Architektur Urbanistik Berlin, Berlin Bauboom, Berliner Morgenpost, Forsa
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2. November 2024
Leipziger Straße und Mühlendamm sollen schmaler werden? Und gleichzeitig dicht bebaute Innenstadt (glutheiß im Sommer in Zeiten des Klimawandels…)? Das führt eher zu mehr Verkehr. Wo soll der hin? Dann braucht es analog zum Nord-Süd-Tiergartentunnel auch einen West-Ost-Tunnel zwischen Straße des 17. Juni und Alexanderplatz.
1. Eine städtische Verdichtung führt eher zu weniger Verkehr, da sich die Fahr/Reisedistanzen verringern, öffentlicher Nahverkehr attraktiver wird und weniger Menschen im Umland leben müssen.
2. Es wird schon die A100 Richtung Osten verlängert, gerade um diesen Ost-West-Verkehr aus der Innenstadt zu bannen.
3. Es wird zudem auf Leipziger Str und Mühlendamm eine neue Straßenbahn entstehen, die effizienter den Personenverkehr dort aufnehmen könnte. Überhaupt muss der Autoverkehr in Berlin drastisch abnehmen, was am Besten zu erreichen ist, wenn die Autoinfrastruktur verringert wird. Berlin hat super Öffis, wenn man nicht im Stau stehen möchte, soll man halt Bahn fahren.
Eine Rekonstruktion der Altstadt wäre für die geschundene Berliner Mitte ein echter Gewinn.
Das Ergebnis geht am Ende doch an Volkes Willen vorbei. Bestes Beispiel ist die Heidestraße. BUNKER stehen dort. Frau Lüscher hat auf ganzer Linie versagt. So wird es auch mit dem Rathausforum geschehen und dem Alex. Ich stimme den Turmbauen allerdings zu, der Nutzung aber nicht. Da gehören bezahlbare Wohnungen hin und kein Betongold!
Eine Bebauung des Rathausforums würde vermutlich genauso nach “modernem” Plattenbau aussehen, wie derzeit die Heidestraße.
Eine komplette Katastrophe und ein architektonisch-städtebauliches Versagen auf ganzer Linie!
Das dabei das Verkehrskonzept komplett fehlt und quasi nichts an Ideen umgesetzt ist, braucht man wohl nicht zu erwähnen – auch das ist leider Berlin-typisch.
Berlin hat mit Naubau-Architektur leider kein gutes Händchen – überall (ent)stehen Industrieklötze mit hässlichen Fassaden, die an Beliebigkeit kaum zu überbieten sind.
Überhaupt geht Verdichtung nur, wenn man parallel auch den ÖPNV entsprechend aus- und umbaut. Wie sollen anders die Bewohner und Arbeitenden dort hin- und wegkommen?
Großstadt mit Dorfidylle ist eben romantischer Blödsinn!
Und soll doch bitte keiner glauben, dass in Berlin historische Bauten wieder aufgebaut würden. Das war am Schloss nicht gewollt, nicht am Pariser Platz und auch bei sonst keiner “Altstadtlücke”
Und sicherlich würde es auch am Rathausforum nicht passieren.
Dann doch besser eine grüne Oase, die im Sommer das Stadtklima schützt.