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Jede Zeit baut ihre Stadt.

Artikelreihe: Berlins historisches Zentrum, Teil 1: Gründung

Die deutsche Hauptstadt blickt auf eine mittlerweile 800-jährige Geschichte zurück. Im ersten Teil unserer Artikelreihe geht es um die Entwicklung zweier mittelalterlicher Handelsposten in der Mark Brandenburg. Angelegt an einem uns wohlbekannten Fluss – der Spree – steigen die beiden Siedlungen Berlin und Cölln zur preußischen und königlichen Residenzstadt auf.

Ein Bildnis der historischen Berliner Altstadt, die auf die Fundamente der zwei Gründungsstädte Berlin und Cölln zurückging.

Text: Stephanie Engler

Berlins historisches Zentrum

Teil 1 – Gründung

 

Die Geschichte Berlins beginnt im hohen Mittelalter, Ende des 12. Jahrhunderts. Zu diesem Zeitpunkt ist die Stadt eine von zwei Kaufmannssiedlungen, die sich nördlich am knapp 400 Kilometer langen Nebenfluss der Havel niederlassen. Die zweite Siedlung, Cölln, liegt südlich der Spree. Beide Städte bilden den Kern des heutigen Bezirks Mitte.

1237 wird Cölln erstmals urkundlich erwähnt. Somit gilt dieses Jahr als das offizielle Gründungsjahr. Berlins erstmalige Nennung folgt 1244. Das tatsächliche Gründungsdatum beider Städte ist jedoch nicht bekannt, denn 2008 fanden Landesarchäologen bei Ausgrabungen am Petriplatz, einem der ältesten Plätze im ehemaligen Cölln, einen Eichenbalken. Dieser soll vermutlich schon aus dem Jahr 1183 stammen. Berlin wäre somit ganze 54 Jahr älter als bisher angenommen. 

Zwei Handelsposten an den Seiten der Spree

Schon 1230 entsteht auf der Berliner Seite im heutigen Nikolaiviertel die Pfarrkirche St. Nikolai. 1292 wird die weiter nördlich gelegene Marienkirche erstmalig urkundlich erwähnt. Die Bewohner und Kaufleute der beiden Siedlungen beginnen also damit, eigene und voneinander getrennte Stadtbefestigungen, Rathäuser, Pfarrkirchen und Marktplätze zu errichten. 

Trotz getrennter Bauten arbeiten die Siedlungen wirtschaftlich zusammen. Denn der gemeinsame Bau eines Mühlendamms dient beiden Städten. Er wird zur Nutzung der Wasserkraft gebraucht, nimmt Wassermühlen auf und trägt Häuser. 1298 wird er zum ersten Mal erwähnt. Fortan dient er als wichtigste Verbindung zwischen der Cöllner Inselstadt und ihrer größeren Schwesterstadt Berlin. 

Ein weiterer wirtschaftlicher Vorteil erschließt sich für beide Siedlungen im Schiffshandel. Denn für Schiffe ist der Damm unpassierbar. Somit ermöglicht er sowohl den Handelsorten als auch den Landesherren lukrative Geschäfte: Die Waren müssen umgeladen und dank des „Stapelrechts“ an Ort und Stelle gehandelt werden. Dadurch entstehen an beiden Enden des Mühlendamms Warenumschlagplätze. Auf Cöllner Seite ist es der Fischmarkt und auf Berliner Seite der Molkenmarkt. 

Die Doppelstadt Berlin-Cölln entsteht

Aufgrund der Zusammenarbeit schließen sich die beiden Handelssiedlungen zu Beginn des 14. Jahrhunderts zu einer Union zusammen. Sie streben damit eine gemeinsame Bündnis- und Verteidigungspolitik an, um ihre Rechte gegenüber dem Markgrafen Brandenburgs zu sichern und auszuweiten. So entsteht die Doppelstadt Berlin-Cölln.

Um die gemeinsamen Interessen umzusetzen, bildet sich ein Rat. Dieser lässt 1307 im Gründungsjahr der Union ein gemeinsames Rathaus auf der Langen Brücke bauen. 177 Jahre später wird es bei einem Stadtbrand vernichtet. Die rund 45 Meter lange Brücke besteht hingegen bis heute. Sie verbindet die beiden Städte an einer Furt, steht auf 14 Jochen und führt gerade über die Spree hinüber. Vom Ende des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts trägt sie den Namen Kurfürstenbrücke. Seitdem kennen wir sie als Rathausbrücke. 

Um das Jahr 1400 herum liegt die Einwohnerzahl bei rund 8.500. Somit beherbergt die Doppelstadt Berlin-Cölln zu diesem Zeitpunkt 1.100 Häuser, drei Hospitäler, Kirchen und Klöster mit Wohnstätten sowie drei Rathäuser. Das erste Berliner Rathaus – am Platz der Nordwestecke des heutigen Roten Rathauses – wird urkundlich 1390 zum ersten Mal erwähnt. 

Zwei Städte werden kurfürstliche Residenzstädte der Hohenzollern

Ein Jahr nach der Auflösung der Stadtgemeinde wird auf der Spreeinsel in Cölln der Grundstein zur Residenzstadt gelegt: Das spätere Berliner Stadtschloss beginnt zu entstehen. 

Mit dem Bau des Schlosses reagiert der Kurfürst auf den Widerstand der Doppelstadt Berlin-Cölln. Die damalige Zwingburg soll die Selbstständigkeit der Städte unterdrücken. Während dem sogenannten Berliner Unwillen 1448 protestieren die Bewohner, öffnen die Stadtschleuse und setzen das Schloss unter Wasser. Dennoch bezieht der Kurfürst 1451 die neue Residenz der Hohenzollern. 

 

Das Stadtschloss entsteht: Darstellung des Hohenzollern-Bauwerks, wie es im Jahr 1698 ausgesehen haben soll

Die Baumeister Konrad Krebs und Caspar Theiß beginnen knapp hundert Jahre später, ab 1538, die Zwingburg in ein glanzvolles Renaissanceschloss zu verwandeln. 1698 erhält es durch den Bildhauer und Architekten Andreas Schlüter seine endgültige Gestalt als eines der größten Barockbauwerke Nordeuropas. 1701 erweitert der schwedische Architekt Johann Friedrich Eosander die Fassaden. Erst 273 Jahre nach der Grundsteinlegung sind schließlich alle Aus- und Umbauten final abgeschlossen. 

1486 macht Kurfürst Johann Cicero das Cöllner Schloss zur ständigen Residenz der brandenburgischen Kurfürsten. Dadurch werden Berlin und Cölln endgültig zu kurfürstlichen Residenzstädten erklärt. Sie verlieren dadurch einerseits ihre städtischen Freiheiten, andererseits gewinnen sie an politischer Bedeutung. Ein weiteres Zeichen der Kurfürstlichen Residenz entsteht 1647: Zwischen dem Stadtschloss und dem Tiergarten, dem Jagdrevier der Kurfürsten westlich der Stadt, wird eine Allee angelegt. Heute kennen wir sie als Straße Unter den Linden.

 

1652: Grundriss der zwei kurfürstlichen Residenzstädte Berlin und Cölln

Historische Sehenswürdigkeiten Berlins entstehen

Im Jahr 1517 eröffnet an der Südspitze der Fischerinsel die Gaststätte Zum Nußbaum. Sie gilt als die älteste überlieferte Gaststätte Berlins. Während des Zweiten Weltkriegs wird sie 1943 zerstört. Ende der 1980er Jahre wird sie im heutigen Nikolaiviertel wieder rekonstruiert und existiert noch immer.

Von 1658 bis 1683 werden beide Städte als Festung in Form eines Sterns mit 13 Bastionen ausgebaut. Zwischen 1734 und 1737 wird die Anlage abgerissen und durch eine knapp 15 Kilometer lange Zoll-Mauer ersetzt. Sie bleibt bis 1841 nahezu unverändert bestehen. Heute sind nur wenige Zeugnisse der sternenförmigen Festungsanlage erhalten. Allein am Märkischen Museum können noch Ruinen davon besichtigt werden.

1695 entsteht dann westlich von Berlin und Cölln – bei Lietzenburg – ein Schloss. Kurfürst Friedrich III. lässt es für seine Frau Sophie Charlotte errichten. Nach ihrem Tod wird es in Schloss Charlottenburg umbenannt. 

Im Zuge der großen Pest (1708-1714) wird 1709 am unteren Ende der Spree ein Pesthaus errichtet. Daraus entsteht 1726 die Charité. Sie ist das bis heute älteste Krankenhaus Berlins und die älteste medizinische Bildungseinrichtung Deutschlands. 

Vom Handelsposten zur königlichen Hauptstadt Preußens

Im Jahr 1701 wird der Kurfürst Friedrich III. zu König Friedrich I. von Preußen gekrönt. Dies hat weitreichende Folgen für Berlin und Cölln. Denn acht Jahre später werden nicht nur die beiden Städte an den Ufern der Spree, sondern auch Friedrichswerder, Dorotheenstadt und Friedrichstadt zur preußischen Haupt- und Residenzstadt Berlin vereint. 

Ab 1740 beginnt sich die königliche Hauptstadt unter Friedrich dem Großen zu einem Zentrum der Aufklärung zu entwickeln. Diese Entwicklung zieht zahlreiche Bauprojekte diverser Berliner Repräsentationsbauten nach sich. Gelegen rund um die heutige Straße Unter den Linden prägen noch heute das Stadtbild Berlins: das Zeughaus ( fertiggestellt 1707), das Kronprinzenpalais (1732), das Opernpalais (1737), die Staatsoper (1742), das Prinz-Heinrich-Palais (1756, die heutige Humboldt-Universität), die St. Hedwigs-Kathedrale (1773) und die Alte Bibliothek (1780).

Der Mitte des 17. Jahrhunderts angelegte Reitweg vom Stadtschloss zum Tiergarten wird an die Prunkbauten angepasst und wird 1770 zur Prachtstraße Unter den Linden ausgebaut. Sie führt noch heute bis zum Brandenburger Tor, dessen Bau 1788 beginnt. 13 Jahre später wird es eingeweiht. Die von Johann Gottfried Schadow geschaffene Quadriga wird 1793 aufgesetzt. 

1805 erhält der unmittelbar vor der Stadt gelegene Ochsenmarkt und Exerzierplatz den Namen Alexanderplatz – zu Ehren des in diesem Jahr zu Besuch weilenden russischen Zaren Alexander I. 

Ein Jahr später zieht Napoleon, der französische Kaiser, mit seinen Truppen durch das Brandenburger Tor in Berlin ein. Drei Jahre bleibt die preußische Hauptstadt besetzt. Erst 1814 gelingt es, die französische Fremdherrschaft in ganz Preußen endgültig zu beenden. 

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