Am Bundesplatz, an der Grenze zwischen Wilmersdorf und Friedenau, soll der unter dem Platz verlaufende Autotunnel nach Wünschen einer Bürgerinitiative und des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf geschlossen werden, um die Aufenthaltsqualität auf dem Platz zu verbessern. Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) lehnt allerdings eine entsprechende Machbarkeitsstudie ab.
© Foto Titelbild: A.Savin, Wikimedia Commons
Text: Björn Leffler
Der heutige Bundesplatz wurde im Jahr 1875 als Straßburger Platz angelegt. Auf ihm kreuzte die in Nord-Süd-Richtung verlaufende Kaiserallee (heute: Bundesallee) die in West-Ost-Verbindung verlaufende Margarethenstraße (heute: Detmolder Straße und Wexstraße).
Am 16. März 1888 wurde er nach dem eine Woche zuvor verstorbenen Kaiser Wilhelm I. in Kaiserplatz umbenannt. In den 1960er Jahren trug der Platz wegen jahrelanger Bauarbeiten den scherzhaften Beinamen „Buddelplatz“, denn parallel zur Ringbahntrasse wurde die Stadtautobahn angelegt.
Durch Ausbau der Bundesallee wurde der Tunnel unter dem Bundesplatz angelegt
Die Anschlussstellen 15 (Detmolder Straße) und 16 (Wexstraße) sowie 17 (Innsbrucker Platz) liegen jeweils nur wenige hundert Meter westlich bzw. östlich des heutigen Bundesplatzes. Rund um den Bundesplatz gibt es dadurch eine enorme Häufung von rein vom Autoverkehr genutzten Verkehrstrassen.
Im Zuge des Ausbaus der Bundesallee wurde je Fahrtrichtung der zweistreifige Tunnel unter dem Bundesplatz angelegt, der die Kreuzungen mit der Detmolder Straße und der Wexstraße sowie (etwas weiter südlich) die Einmündung des Südwestkorsos unterquert, um Autofahrern ein schnelles Durchfahren des Gebietes zu ermöglichen.
Der einst angenehme Stadtplatz ist heute vom Durchgangsverkehr dominiert
Durch die Vielzahl der sich am Platz kreuzenden Verkehrswege ist der einst urbane, angenehme Stadtplatz heute vollends durch den lauten Durchgangsverkehr dominiert. Bereits im Dezember 2022 hatten wir über einen Vorstoß des Architekturbüros delusearchitects berichtet, welches eine Umnutzung der Parkplatzflächen unter der Autobahntrasse vorschlägt. Bislang wurde das Konzept jedoch nicht umgesetzt.
Der Bundesplatz der Gegenwart ist also vor allem geprägt von großen Verkehrsadern, die unmittelbar über dem Platz oder direkt in seiner Nähe verlaufen. Auch U- und S-Bahnlinien verlaufen ober- und unterirdisch. Der Platz liegt an der Grenze zwischen den Stadtteilen Wilmersdorf und Friedenau und somit auch am Übergang der Bezirke Tempelhof-Schöneberg und Charlottenburg-Wilmersdorf.
Bürgerinitiative kämpft seit Jahren für Schließung des Autotunnels
Eine Bürgerinitiative widmet sich dem Autotunnel, der den Bundesplatz in Nord-Süd-Richtung unterquert. Seit rund zwölf Jahren kämpft die Initiative Bundesplatz gegen den Autotunnel, weil er ihrer Ansicht nach den Platz verschandele und in der Mitte zerschneide.
Die Initiative konnte bislang politisch durchaus Erfolge verzeichnen: Bereits im August 2020 stimmte auch die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf mehrheitlich für die Schließung des Tunnels.
Auch Bezirk ist für die Schließung des Tunnels am Bundesplatz
Das Bezirksamt hatte anschließend ein Konzept zur Aufwertung des Kiezes vorgestellt, welches mit der Bürgerinitiative abgesprochen wurde. Im ersten Schritt sollte die Grünanlage in der Platzmitte um rund 1.200 Quadratmeter wachsen. In deren südwestlichem Teil ist ein Café geplant.
Die Umsetzung sei ab 2024 möglich, hatte Bezirksstadtrat Oliver Schruoffeneger (Die Grünen) im BVV-Verkehrsausschuss Anfang des Jahres gesagt. Die spangenförmigen, oberirdischen Fahrbahnen beiderseits des Tunnels sollen begradigt und leicht verschwenkt werden. Das gehe zwar auch zu Lasten der Gehwege, doch bliebe auf diesen noch genug Platz für Passanten und Außengastronomie.
Manja Schreiner (CDU) lehnt Machbarkeitsstudie zum Autounnel ab
Über die geplante Schließung des Tunnels kann der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf jedoch nicht allein entscheiden. Hier ist vor allem die Senatsverkehrsverwaltung gefragt. Und die hat den Plänen des Bezirks und der Bürgerinitiative nun eine deutliche Absage erteilt.
Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) wird die gewünschte Machbarkeitsstudie nicht beauftragen, wie eine Sprecherin der Senatorin nach Informationen des Tagesspiegel wissen ließ. So sagte Britta Elm, Sprecherin von Manja Schreiner, dem Tagesspiegel wörtlich: “Eine Machbarkeitsstudie gibt es in unserem Hause nicht, es wurde auch keine Machbarkeitsstudie zur Schließung des Bundesplatztunnels beauftragt.”
Studie sollte mögliche Schließung des Autotunnels untersuchen
Die Studie hätte der Frage nachgehen sollen, ob der Bundesplatz den anfallenden Verkehr auch ohne den Tunnel bewerkstelligen kann, ob alternative Verkehrsführungen möglich sind und ob der Tunnel entsprechend zugeschüttet werden kann, wie es beispielsweise auch am Breitscheidplatz ab Mai 2005 umgesetzt worden war.
Die Unterführung entlang der Budapester Straße in Charlottenburg war dort nach 45 Jahren zugeschüttet worden, um das Aufenthaltsklima am Breitscheidplatz zu verbessern und die Überquerung der Budapester Straße zu erleichtern. Ähnliches erhofften sich Bezirk und Initiative offensichtlich auch am Wilmersdorfer Bundesplatz.
Relikt der autogerechten Stadtplanung der 1950er und 1960er Jahre
Die Tunnelunterführung ist ein Relikt der autogerechten Stadtplanung der 1950er und 1960er Jahre, die in weiten Teilen des damaligen West-Berlin umgesetzt wurde und große Verkehrsschneisen auch in dicht besiedelte Wohnquartiere geschlagen hat. Eine zumindest teilweise Korrektur dieser Verkehrspolitik gehört in Berlin traditionell zu den am kontroversesten diskutierten Themen.
Hinzu kommt, dass die Tunnelunterführung am Bundesplatz die Verkehrsteilnehmer, die nicht im Auto sitzen, deutlich benachteiligt. Die Radwege auf Höhe der Tunnelrampen sind lediglich 60 Zentimeter breit und an vielen Stellen stark modernisierungsbedürftig.
CDU-Fraktion Charlottenburg-Wilmersdorf möchte Teil-Schließung des Tunnels
Die CDU-Fraktion des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf hat hingegen noch einen alternativen Vorschlag zu bieten: Sie möchte die zwei Tunnelröhren miteinander verbinden, so dass eine der beiden Rampen künftig wegfallen könnte. Zwischen dem Bundesplatz und der Berliner Straße hätte die Bundesallee dann nur noch zwei Spuren.
Dies würde erlauben, die beiden Teile des Volksparks wieder zu verbinden, der derzeit von einer acht- bis zehnspurigen Asphaltschneise zerschnitten wird. Doch für diese Pläne gibt es derzeit keine validen Kosteneinschätzungen.
Der Berliner Senat sieht am Bundesplatz keinen Handlungsbedarf
Nach dem, was aus der Senatsverkehrsverwaltung zu hören ist, wird am Bundesplatz aber erst einmal gar nichts passieren, denn – wie der Senat betont – die Tunnel seien noch immer in gutem Zustand und könnten ohne Probleme weitergenutzt werden.
Eine Einschätzung, die durchaus erstaunen mag, wenn man sich das Umfeld der Tunnelrampen vor Ort und den Bundesplatz selbst ansieht. Am Bundesplatz werden Anwohnerinnen und Anwohner aber auch in den kommenden Jahren mit dem Status Quo leben müssen, denn der Senat scheut ganz offenbar die Kosten eines solchen Projekts.
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Quellen: Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf, Der Tagesspiegel, Berliner Morgenpost, Wikipedia, Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz
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2. November 2024
Und das ist ganz gut so.
Dieser Bundesplatz-Tunnel ist eine städtebauliche Sünde allererster Relevanz. Der komische Tunnel am Breidscheidtplatz wurde ja auch ohne große Umstände zugeschüttet und damit eine Wunde geheilt – wieso kann das am Bundesplatz nicht auch möglich sein? Aber mit DIESER Senatorin wird das wohl nix….
Na, vielleicht bleibt sie ja nicht ewig im Amt???!!???
Der Tunnel am Breitscheidplatz wurde zugeschüttet, weil seine Funktion bereits seit den 1970er Jahren nicht mehr gegeben war. Über ihn führte eine Überführung rechts zum Ku’damm, diese Straße gibt es aber nun mal seit den 1970ern schon nicht mehr, deswegen brauchte es auch keinen Tunnel mehr (eh nur in eine Richtung).
Der Tunnel am Bundesplatz ist absolut notwendig für den übergeordneten Nord-Süd-Verkehr. Irgendwo müssen die Transporter, Lkw, etc. nun mal verkehren. Auch wenn das die übliche Rentner-Bürgerinitiative nicht einsehen will. Es isz absolut vernünftig, so weit wie möglich im Tunnel zu führen.
Ein absolutes Negativbeispiel ist der Tunnel an der Schlangenbader Straße (ehem. A104). Statt gebündelt im Tunnel fließt der Verkehr nun über die Anwohnerstraßen. Glückwunsch…