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Hochhäuser sollen kommen: Senat zieht Projekt “Urbane Mitte” an sich

Sieben bis zu 90 Meter hohe Gebäude sollen im Park am Gleisdreieck entstehen, mit einer rein gewerblichen Nutzung. Das Bauvorhaben soll an der Grenze zwischen Kreuzberg und Schöneberg entstehen, wird aber von Bürgerinitiativen und im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg kritisch gesehen. Nun hat der Berliner Senat das Verfahren an sich gezogen, um das Vorhaben wie geplant umzusetzen.

Umstrittenes Gewerbeprojekt im Park am Gleisdreieck: Sieben Gebäude sollen im Rahmen des Projekts “Urbane Mitte” innerhalb des Parkgeländes entstehen. / © Visualisierung: O&O Baukunst / Realace GmbH

© Visualisierung Titelbild: O&O Baukunst / Realace GmbH
Text: Björn Leffler

 

Die Pläne für eine zunehmende Urbanisierung des Parks am Gleisdreieck gibt es seit mehreren Jahren: Insgesamt sieben neue Gebäude sollen direkt im Zentrum des Parkgeländes errichtet werden, auf ehemaligen Bahn- und Brachflächen, an der Grenze zwischen Kreuzberg und Schöneberg.

Heute befinden sich auf dem Areal temporäre Nutzungen wie die die Brauerei „Brlo“ und das Pionierprojekt „B-Part“, welches von den Projektinitiatoren selbst mit ersonnen und umgesetzt wurde, um direkt am Park einen Raum zum Dialog über städtisches Miteinander zu schaffen.

Park am Gleisdreieck: Gewerbeprojekt “Urbane Mitte” soll entstehen

Die geplante Entwicklung des Areals, dem bereits ab 2015 ein Beteiligungsverfahren mit Bürger- und Fachwerkstätten vorausgegangen war, sieht die Errichtung von sieben Hochhäusern mit einer Höhe von 25 bis 90 Metern vor.

Die geplanten Häuser sollen sich im Norden um die U-Bahn-Station Gleisdreieck gruppieren und sich südlich entlang der S-Bahn-Linie erstrecken. Aufgrund der zu erwartenden Lärmbelästigung an diesem viel befahrenen Bahnverkehrsknoten ist eine fast ausschließlich gewerbliche Nutzung vorgesehen.

Eine der letzten großen Brachflächen der Berliner Innenstadt

Geplant ist trotz der fehlenden Wohnungen laut Projektinitiatoren aber eine Mischnutzung, welche neben Büroflächen ein breites Sport-, Freizeit- und Kulturangebot vorsieht. Das Baugrundstück liegt in unmittelbarer Nähe zum U-Bahnhof Gleisdreieck und ist eines der letzten großen Brachflächen in der Berliner Innenstadt.

Auf diesem rund 34.000 Quadratmeter großen Areal sind 119.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche geplant. Darin enthalten sind 8.000 Quadratmeter Fläche in historischen U-Bahn-Viadukten, die zu einem “Marketplace” entwickeln werden sollen. 3.000 Menschen sollen künftig in der “Urbanen Mitte” zukünftig arbeiten.

Am Projekt “Urbane Mitte” gibt es seit Jahren Kritik

Doch seit Jahren gibt es Kritik am Vorhaben. Insgesamt 14 Initiativen haben sich zusammengeschlossen, um gegen das geplante Bauvorhaben vorzugehen. Auch der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, auf dessen Gelände der Baugrund liegt, steht dem Projekt kritisch gegenüber.

Mehrfach wurde in den vergangenen Jahren Kritik am Projekt im Stadtentwicklungsausschuss des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg vorgetragen. Auch auf weiteren Veranstaltungen und Kundgebungen, zum Teil im Park selbst, wurde das Bauvorhaben kritisiert.

Auch im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gibt es Vorbehalte gegen das Vorhaben

Dabei wurden vor allem Mängel im Planungsprozess aufgezeigt und die grundsätzliche Frage aufgeworfen, ob ein derart groß dimensioniertes Gewerbeprojekt in Zeiten zunehmender Home-Office-Kultur und des Klimawandels überhaupt noch zu verantworten sei.

Die Gegner des Projekts werden nicht müde zu betonen, dass es sich bei dem Bauvorhaben aus ihrer Sicht um eine Fehlentwicklung handelt. Sie befürchten eine Übernutzung des schon jetzt strapazierten Parkgeländes und kritisieren die riesige, versiegelte Fläche, die gerade vor dem Hintergrund der letzten Dürresommer in Berlin nicht zu verantworten sei.

Berliner Senat zieht Planung für Bauvorhaben “Urbane Mitte” an sich

Nun aber hat der Berliner Senat laut einem Bericht der Berliner Morgenpost das Planungsverfahren für das Projekt “Urbane Mitte” an sich gezogen – und will damit den Weg für das Hochhausprojekt unweit des Potsdamer Platzes freimachen.

Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hatte eine Anweisung der Senatsverwaltung vom März 2024, das Verfahren zügig voranzutreiben, nicht befolgt. Daher nutzte der Senator nun sein Eingriffsrecht.

Bausenator Gaebler will Verfahren für “Urbane Mitte” nun beschleunigen

Die Entwicklungsziele für den Park am Gleisdreieck und die Baufelder am Rande des Parks wurden 2005 von Senat und Bezirk gemeinsam in einem Rahmenvertrag festgelegt und in einem Werkstattverfahren des Bezirksamtes aus dem Jahr 2014 bestätigt,” ließ Gaebler in einem offiziellen Statement wissen.

Das Plangebiet „Urbane Mitte Süd“ ist Bestandteil eines umfassenden städtebaulichen Konzepts, das die Entwicklung des Potsdamer und Leipziger Platzes sowie die naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahme, den 16 Hektar großen Park am Gleisdreieck, umfasst.

“Urbane Mitte”: Städtebaulicher Wettbewerb wurde 2015 durchgeführt

Im Rahmenvertrag war neben der Parkentwicklung auch eine bauliche Entwicklung auf vier Teilflächen vorgesehen, darunter die „Urbane Mitte“ mit einer Fläche von 4,3 Hektar. Für dieses Gebiet wurde 2015 ein städtebaulicher Wettbewerb durchgeführt.

Sollte das vertraglich zugesagte Bauvolumen, etwa eine Bruttogeschossfläche von 119.000 Quadratmetern, geringer ausfallen oder gar vollständig entfallen, sollte nach bisherigen Einschätzungen eine finanzielle Entschädigung an den Investor fällig werden.

Gutachten: Finanzielle Kompensation an Investoren droht nicht

Diese zusätzliche Kostenbelastung wollten sowohl die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung als auch der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg bislang nicht riskieren.

Daher wurde das Projekt trotz der zahlreichen Proteste und Vorbehalte innerhalb der Bezirkspolitik bislang weiterverfolgt, doch zwei unabhängig voneinander erstellte Gutachten ließen Anfang des Jahres die Situation in einem anderen Licht erscheinen und kamen zum Schluss, dass dem Senat sowie dem Bezirk keine Ausgleichszahlungen drohen würden, sollte das Projekt nicht wie geplant umgesetzt werden.

Senat möchte Berlin als verlässlichen Partner für Bauprojekte präsentieren

Unabhängig davon jedoch möchte der Berliner Senat mit der nun getroffenen Entscheidung auch gewährleisten, dass die Stadt Berlin auch weiterhin als verlässlicher Partner für große Immobilienprojekte gesehen werden kann – und möchte das Verfahren nun beschleunigen.

Denn mittlerweile ist das Projekt um mehrere Jahre verzögert worden, einen konkreten Zeitplan für einen Baubeginn gibt es bislang nicht. Womöglich werden die kommenden Monate hier aber mehr Klarheit schaffen.

 

Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier: 

© Visualisierung: Finest Images / O&O Baukunst

© Visualisierung: O&O Baukunst / Realace GmbH

© Open Street Map

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2 Kommentare

  1. Böhme Juni 4, 2024

    Eigentlich bin ich leidenschaftlicher Anhänger von Hochhäusern, da sind mir die 90-Meter-Entwürfe eher zu niedrig. Löblich und richtig auch, wenn der Senat Verlässlichkeit gegenüber Investoren bieten will.

    Andererseits sehe ich, dass in der ganzen Stadt an allen Ecken und Enden Bürobauten entstehen, sodass künftig ein nicht unerheblicher Leerstand zu besorgen sein wird. Die ursprüngliche Planung reicht in das Jahr 2005 zurück, da waren die Verhältnisse völlig andere. Die technischen Verhältnisse wie z. B. die Leistung des Internet, Kommunikationsmöglichkeiten waren andere, sind heute dramatisch leistungsfähiger, an die Möglichkeit von Home-Office hatte damals überhaupt keiner gedacht. Vielleicht sollte man, bevor die nächste Investitionsruine entsteht, erst einmal den Bauinvestor fragen, ob er das Projekt weiter will, bzw. diesen auch unter dem Eindruck dramatisch gestiegener Preise die Investition neu durchkalkulieren lassen.

    In der Sache bin ich danach dann eher bei dem Bezirksstadtrat Florian Schmidt (was selten vorkommt)!

  2. Christoph Wendt Juni 5, 2024

    Ich kann mich dem vorherigen Kommentar nur anschließen! Der Leerstand von Büroflächen ist schon jetzt ein Problem und führt gerade nicht zu einer “urbanen Verdichtung” sondern zu einer Verödung der Atmosphäre. Mein Hauptkritikpunkt ist allerdings vor allem die mal wieder unendlich langweilige, ja teilweise ärgerlich- hässliche Architektur! Kann Berlin eigentlich nur noch belangloses Mittelmaß bauen? Rechteckige Klötze und trostlose Rasterfassade scheint das Einzige zu sein, was den Architekten der Lego-Generationen noch einfällt. Dabei gibt es in vielen Städten der Welt so spannende Beispiele von interessanter, dynamischer Hochhausarchitektur! Es ist wirklich traurig, dass Berlin schon lange jede Chance in der Hinsicht verspielt! Europacity nördlich des Hbf und die Alex-Planung lassen grüßen…

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