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“Wilhelmsruher Tor”: Industriegebiet behindert geplantes Wohnprojekt

Unmittelbar an der Grenze zum Bezirk Reinickendorf möchte der Bezirk Pankow im Ortsteil Wilhelmsruh ein neues Wohnquartier mit bis zu 400 Wohnungen errichten. Doch das nahegelegene Industriegebiet Flottenstraße lässt unangenehme Gerüche über das geplante Quartiersgelände ziehen. Der Bezirk sucht nach Lösungen, wie das Projekt dennoch realisiert werden kann.

Der S-Bahnhof Wilhelmsruh liegt direkt an der Grenze zwischen dem Reinickendorfer Industriegebiet Flottenstraße und dem Pankower Ortsteil Wilhelmsruh, in dem der Bezirk den Bau eines neuen Wohnquartiers plant. / © Foto: Wikimedia Commons

© Foto Titelbild: Norhei / Wikimedia Commons
Text: Björn Leffler

 

Wer von der Reinickendorfer Roedernallee nach Osten in die Lengeder Straße einbiegt, entdeckt das Industriegebiet Flottenstraße, benannt nach der etwas weiter südlich gelegenen Durchgangsstraße. Seit Jahrzehnten sind hier zahlreiche Betriebe der Speditons-, Fertigungs- und Produktionsbranche angesiedelt. Auch Müllverarbeitungsanlagen gibt es hier.

Das Areal ist ein klassisches Industriegebiet, welches bis zum Mauerfall an der Grenze zu Ost-Berlin lag. Die mitunter unangenehmen Gerüche, die bei der Produktion hier regelmäßig entstehen, ziehen seit Jahrzehnten in nordöstlicher Richtung ab – also in den angrenzenden Ortsteil Wilhelmsruh.

Wilhelmsruh: Menschen leben seit Jahrzehnten mit Industrie-Gerüchen

Die dort lebenden Menschen, auf der anderen Seite der Bahntrasse, leben seit jeher damit. Nordöstlich vom S-Bahnhof Wilhelmsruh, der quasi direkt zwischen dem Reinickendorfer Industriegebiet und dem Pankower Ortsteil Wilhelmsruh liegt, würde der Bezirk Pankow gern ein neues Wohnquartier errichten.

Der Name des Vorhabens ist “Wilhelmsruher Tor”. Das Vorhaben soll an der Kopenhagener Straße entstehen. Der Bezirk Pankow sieht Potenzial für bis zu 400 landeseigene Wohnungen, die auf dem Gelände entstehen könnten. Das Problem ist nur der Geruch des angrenzenden Industriegebiets.

“Wilhelmsruher Tor”: Bezirk möchte 400 Wohnungen errichten

Die heute knapp 9.000 Einwohner des kleinsten Pankower Ortsteils Wilhelmsruh sind an den Geruch gewöhnt, der von der anderen Seite der Bahngleise herüberweht. Aber beim geplanten Bau eines neuen Wohnquartiers ist die erwartete Geruchsbelastung seit Jahren ein Bremsklotz für das Wohnprojekt, dessen Planungen schon mehrere Jahre zurückreichen.

Im Jahr 2019 bestätigte ein Gutachten des Pankower Stadtentwicklungsamts, dass auf dem Areal aufgrund der Gerüche von Kakao, Müll und Backwaren der Bau eines Wohnquartiers nicht umsetzbar sei. Ein neueres Gutachten des Berliner Senats jedoch sieht nach Informationen der Berliner Morgenpost eine deutlich geringere Geruchsbelastung. Und nun?

Pankow: Welche Gerüche wären den Bewohnern des Quartiers zuzumuten?

Dadurch ist in das Wohnprojekt, welches seit 2019 nicht weiter verfolgt wurde, wieder Bewegung gekommen. Der Bezirk Pankow hat nun zwei Varianten, deren Umsetzung derzeit diskutiert werden. Die erste Variante ist weiterhin die ursprüngliche Planung mit dem Bau von bis zu 400 neuen Wohnungen.

Die zweite Variante sieht den Bau eines gewerblich genutzten Gebäuderiegels vor, der quasi als “Geruchsschutz” dienen würde. Hinter diesem Bürogebäude könnten immerhin noch etwa 90 neue Wohnungen entstehen, deutlich weniger.

400 Wohnungen oder Gewerberiegel als “Geruchsschutz” – und nur 90 Wohnungen?

Ganz konkret hat der Bezirk Pankow die Befürchtung, dass Betriebe im angrenzenden Industriegebiet gegen die dicht heranrückende Wohnbebauung klagen könnten – und möchte keine juristischen Risiken eingehen. Die Betriebe könnten, so der Bezirk Pankow, eine solche Klage gegen das Wohnprojekt anstreben, um ihre eigene Existenz abzusichern.

Egal ob auf dem Gelände in Wilhelmsruh nun Wohnungen oder ein Gewerberiegel errichtet werden: das Areal liegt in der Hauptwindrichtung des Industriegebietes, unausweichlich. Doch auch ein temporärer Schul-Neubau, der in diesem Bereich entstanden ist, nimmt diese Geruchsbelastung für die Schülerinnen und Schüler in Kauf.

Senat und Bezirke müssen eine gemeinschaftliche Lösung anstreben

Die Frage ist nun eben, ob die Gerüche auch zukünftigen Bewohnerinnen und Bewohnern des “Wilhelmsruher Tors” zugemutet werden könnten. Pankows SPD-Fraktionschef Roland Schröder äußerte gegenüber der Berliner Morgenpost das klare Ziel, das Quartier mit 400 Wohnungen zu errichten, anstatt ein “geschrumpftes” Projekt samt Gewerberiegel zu realisieren.

Hilfreich wäre wohl auch eine Zusammenarbeit beider Bezirke – Pankow und Reinickendorf – bei der Lösung des Problems. Vor allem die im Gewerbegebiet ansässigen Unternehmen und Betriebe sollten in den Austausch einbezogen werden.

So könnte von vornherein ein offenes und transparentes Entscheidungsverfahren herbeigeführt werden, um den Konflikt zu lösen. Denn eines ist klar: Der Bau neuer Wohnungen ist genauso wichtig wie der Erhalt innerstädtischer Industrieanlagen. Beides zu gewährleisten ist nun die Aufgabe der Pankower und Reinickendorfer Bezirkspolitik sowie des Berliner Senats.

 

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Quellen: Berliner Morgenpost, Berliner Woche, Bezirksamt Pankow, Wikimapia, Wikipedia, Architektur Urbanistik Berlin

 

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