Der Invalidenkiez in Berlin-Mitte, der durch einen tragischen Verkehrsunfall auf der Invalidenstraße vor drei Jahren traurige Berühmtheit erlangte, soll nach Wünschen der Anwohner umgestaltet werden. Die Optimierung der Verkehrssituation und Schaffung neuer Grünflächen sind zentrale Anliegen.
Text und Fotos: Björn Leffler
Vor rund drei Jahren stand der Kiez rund um die Invalidenstraße in Berlin-Mitte urplötzlich im Fokus der regionalen und bundesweiten Öffentlichkeit. Grund war ein verheerender Verkehrsunfall, bei dem vier Menschen zu Tode kamen, verursacht durch ein Auto, welches außer Kontrolle geraten und von der Fahrbahn abgekommen war.
Der Autofahrer saß an jenem folgenschweren Tag im Jahr 2019 am Steuer eines SUV, als er einen epileptischen Anfall erlitten haben soll. Mit mehr als 100 Kilometern pro Stunde fuhr er laut einem Gutachten auf den Gehweg der Invalidenstraße, riss einen Poller und eine Ampel mit sich und raste in eine Fußgängergruppe. Neben einem dreijährigen Jungen und seiner 64-jährigen Großmutter wurden zwei 28 und 29 Jahre alte Männer getötet.
Invalidenstraße in Mitte: Umbau nach tragischem Verkehrsunfall 2019
Im Anschluss an den Verkehrsunfall wurde die Invalidenstraße, die sowohl von Straßenbahnen, Autos, Fahrrädern und natürlich Fußgängern frequentiert wird, umgebaut. Mittlerweile befindet sich hier einer der am besten ausgestatteten Fahrradwege der Stadt, deutlich markiert und auf langer Strecke durch Poller geschützt.
Einen so konsequent ausgebauten Fahrradweg würden sich ganz sicher auch viele Bewohnerinnen und Bewohner anderer Berliner Kieze wünschen. Umso tragischer, dass der Umbau erst nach dem verheerenden Verkehrsunfall möglich wurde. Der Umbau der Invalidenstraße hat jedoch nicht nur Freunde im angrenzenden Stadtquartier.
Ältere Menschen haben Probleme, die InvalidenStraße zu überqueren
So beschweren sich vor allem ältere Menschen immer wieder, dass sie den neuen Radweg nur mit Schwierigkeiten überqueren können. Es fehlten an vielen Stellen sichere Querungsmöglichkeiten. Zudem sollen im Kiez mehr Grünflächen und Aufenthaltsmöglichkeiten für Jugendliche geschaffen werden.
Erfasst wurden diese Anforderungen im Rahmen eines Beteiligungsverfahrens, bei dem das Fachgebiet Integrierte Verkehrsplanung der TU Berlin Ideen, Einwände, Anregungen und Wünsche aus der Nachbarschaft rund um die Invalidenstraße sammelte.
Invalidenkiez: TU Berlin sammelt Ideen und Wünsche der Nachbarschaft
Die Studierenden der TU Berlin haben in den vergangenen Wochen zudem Untersuchungen zum Verkehr vor Ort gemacht. Beim Beteiligungsverfahren vor einer Woche sei laut Vanessa Rösner, wissenschaftliche Mitarbeiterin der TU, wieder einmal deutlich geworden, dass sehr viele unterschiedliche Interessen berücksichtigt werden müssten.
Da sich zwei Schulen im Kiez befinden, seien die Schulwege ein weiteres, zentrales Thema der Diskussionen, so Rösner. Das Thema hatten Anwohnende auch direkt nach dem SUV-Unfall 2019 bereits angestoßen. Das Problem der Invalidenstraße ist ihre verhältnismäßig hohe Frequentierung, obwohl nur wenig Raum für die Verkehrsteilnehmer zur Verfügung steht. Trotz des gut ausgebauten Fahrradwegs kommt es noch immer zu Konfliktsituationen zwischen Autofahrern, Radfahrern und Fußgängern.
Bezirk Mitte und Senatsverwaltung wollen den InvalidenKiez umgestalten
Der Bezirk Mitte und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen wollen die Umgestaltung des Kiezes daher gemeinsam angehen. Bei einer Veranstaltung im November sollen die Ideen aus der Nachbarschaft final präsentiert und diskutiert werden.
Anschließend möchte das wissenschaftliche Team der TU Berlin dann konkrete Ideen für die Umgestaltung ausarbeiten, die dann nach Absprache mit dem Bezirk und der Senatsverwaltung im kommenden Jahr bereits umgesetzt werden könnten. Laut Rösner könnten dies auch erst einmal temporäre Maßnahmen sein. So ließe sich gut testen, was auf Dauer wirklich sinnvoll sei und was in der täglichen Praxis eher nicht funktioniere.
Invalidenstraße: Historisch gewachsene Durchgangsstraße in Berlins Mitte
Die Invalidenstraße im Bezirk Mitte ist etwa einen Kilometer lang und eine historisch gewachsene Durchgansstraße im Zentrum Berlins. An ihr stehen zahlreiche, denkmalgeschützte Bauten wie beispielsweise das Museum Hamburger Bahnhof. Auch der über 250 Jahre alte Invalidenfriedhof befindet sich an der Straße.
Neben zahlreichen Baudenkmälern befinden sich entlang der Invalidenstraße auch Wohnbauten aus unterschiedlichen Bauepochen der Berliner Stadtgeschichte. Aufgrund seiner zentralen Lage und der spannenden Baustruktur gehört das Quartier zu den beliebtesten Wohnvierteln in der Berliner Innenstadt.
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Quellen: Der Tagesspiegel, Bezirksamt Mitte, TU Berlin, Wikipedia, Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, STATTBAU Stadtentwicklungsgesellschaft mbH
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