An der Wilhelmstraße in Berlin-Mitte ist das Luxuswohnungsprojekt “The Wilhelm” ins Straucheln geraten. Die verantwortliche Adler Group möchte das Grundstück gern verkaufen. Das Land Berlin könnte zuschlagen und auf dem Baugrund Sozialwohnungen statt Eigentumswohnungen errichten, zögert aber noch.
© Visualisierung: PSS Generalplanung GmbH
Foto: Björn Leffler
Text: Henriette Schubert
In perfekter, innenstädtischer Lage ist in Berlin-Mitte ein Baugrundstück zum Verkauf freigegeben. Der Immobilienkonzern Adler/Consus möchte noch weit vor dem Abschluss der geplanten Arbeiten zu den Wohnungen und Penthouses in „The Wilhelm“ das Grundstück verkaufen. Ein Vorkaufsrecht der Stadt Berlin könnte den so nötigen Neubau bezahlbarer Wohnungen ermöglichen.
Nahe Pariser Platz und Holocaust-Mahnmal, unweit des kürzlich fertiggestellten und ganz ähnlich konzipierten Projekts “Embassy of Exchange“, liegt eine der wohl begehrtesten Bauflächen der Stadt Berlin. Vor allem für Wohnhäuser hält das Grundstück viel Potenzial bereit.
Das Projekt kam bislang nicht über den Aushub der Baugrube hinaus
Vor wenigen Jahren wurden die Bestandsplattenbauten Nummer 56 und 58 an der Wilhelmstraße, Ecke Behrenstraße, abgerissen um Platz für einen hochwertigen Neubau zu schaffen. Bauzäune trennen die Grube auch heute noch ab, denn das geplante Projekt wurde bislang noch nicht umgesetzt.
Nach Abriss der alten Plattenbauten plante die Adler Group hier die Errichtung des Projektes „The Wilhelm“. Mit etwa 28.000 Quadratmetern Gesamtfläche sollte hier ein Neubau mit doppelgeschossigem Sockel errichtet werden. Entworfen durch das Architekturbüro Patzschke & Partner, welches auch das Hotel Adlon am Pariser Platz entworfen hat, waren zudem sogenannte Staffelgeschosse vorgesehen.
Büro Patzschke & Partner hatte Konzept für “The Wilhelm” entworfen
Auf die unteren vier Etagen sollten somit zwei weiter zurückgesetzte Geschosse auf dem Dach folgen. Planungen zufolge waren neben 165 Wohnungen auch großzügige Penthouses mit mehreren hundert Quadratmetern Fläche angedacht. Insbesondere die Penthouses des geplanten „The Wilhelm“ wurden als exklusivste und teuerste Wohnungen der Hauptstadt angekündigt.
Fortschritte gab es seit diesen Planungen jedoch kaum. Während die Webseite des Architekturbüros von einer Fertigstellung im Jahr 2018 spricht, gehen Werbetexte vom Abschluss der Bauarbeiten im Jahr 2023 aus. Weitere Informationen gibt es nicht, doch ein Fortschritt der Arbeiten ist seit langem nicht erkennbar.
Die Fertigstellung im nächsten Jahr ist daher mehr als unwahrscheinlich. Auch ein Bauschild mit näheren Informationen zum Projekt und den beteiligten Firmen und Verantwortlichen fehlt vor Ort.
Adler Group: Nicht nur „The Wilhelm“ soll verkauft werden
Der aktuelle Grundstückseigentümer, die Adler Group, gibt sich öffentlich jedoch unaufgeregt. Für das Projekt „The Wilhelm“ sei bereits zu Beginn des Projekts ein Verkauf noch vor der Fertigstellung vorgesehen gewesen, sagt Adler-Sprecher Matteo Twerenbold. Weitere Details zum Grundstück sowie Preise und Einsichten in den derzeitigen Planungs- und Genehmigungsstand benannte er nach Informationen des Tagesspiegel jedoch nicht.
Tatsächlich hat die Adler Group deutschlandweit Immobilienverkäufe in großem Stil angekündigt, so auch den Sockelbau des „Steglitzer Kreisels“ mit Läden und Hotel. Der 120 Meter hohe Turm sollte nach der Nutzung als Büroimmobilie in einen Wohnturm umgebaut werden. Das Projekt stagniert jedoch seit Jahren.
Wilhelmstraße: Schwieriger Verkauf des Grundstücks “The Wilhelm”
Einem Weiterverkauf des Sockels, der ebenfalls umgebaut und modernisiert werden soll, durch die Adler Group stehen nun eine ungeklärte Lage der Baugenehmigungen sowie die Klage eines Käufers von Eigentumswohnungen in dem Objekt im Weg. Und auch der Kauf des Grundstücks rund um das Projekt „The Wilhelm“ könnte durch ähnliche Umstände erschwert werden.
Martin Pallgen, der Pressesprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, sieht einem möglichen Kauf des Grundstücks durch die Stadt Berlin aufgrund der spekulativen Preislage skeptisch entgegen. Katalin Gennburg, Sprecherin für Stadtentwicklung der Linken-Fraktion, hatte dieses Verkaufsangebot hingegen als große Chance für das Land Berlin angesehen.
Die Linke fordert den Bau von Sozialwohnungen statt Luxuswohnungen
Das Erlassen einer Vorkaufsrechtsverordnung nach Paragraf 25 Baugesetzbuch könnte ihrer Ansicht nach das Zurückholen des Grundstücks ermöglichen. Statt hier wie geplant luxuriöse Penthouses zu errichten, könnten auf diesem Weg in der Innenstadt in bester Lage Sozialwohnungen entstehen.
Der generelle Wille zum Neubau bezahlbarer Wohnungen vor allem in den beliebten Innenstadtlagen wurde bereits mehrfach durch die Regierungskoalition kommuniziert. Ein ähnliches Projekt wird derzeit unweit des Humboldt Forums bereits konkret geplant.
Berliner Senat denkt über Erwerb des Grundstücks nach
Doch neben den Schwierigkeiten durch spekulative Preise ist auch das Vorkaufsrecht nicht so einfach durchzusetzen. Die Erhaltungssatzungen in Sanierungsgebieten beispielsweise können hierfür nicht genutzt werden, da es sich bei dem Grundstück nicht um ein Verordnungsgebiet handelt.
Pallgen bestätigt jedoch neben den Bedenken, dass der Bezirk durchaus eine Vorkaufsrechtsverodnung nach Paragraf 25 Baugesetzbuch erlassen könnte auch das generelle Interesse an Grundstücksaufkäufen durch das Land Berlin. Weitere Schwierigkeiten ergeben sich allerdings durch die Rezession am Immobilienmarkt.
Komplizierte Lage am Immobilienmarkt erschwert Entscheidungsfindung
Roh- und Baustoffe sowie Handwerksleistungen und Kredite werden immer teurer, während laut Prognosen Preise für Grundbesitz stagnieren oder gar fallen werden. Kauf und Verkauf besonders von teuren Grundstücken sind dadurch belasteter als noch vor wenigen Jahren. Wie es mit dem attraktiven Baugrund an der Wilhelmstraße weitergehen wird, ist derzeit also unklar.
Sollte der Berliner Senat, genauer die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, sich nicht schnell darüber einig werden, ob das Grundstück angekauft werden soll oder nicht, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit ein anderer – privater – Interessent zuschlagen und auf dem Grundstück Wohnungen nach eigenen Vorstellungen umsetzen. Sozialwohnungen werden dann wohl aber eher nicht darunter sein.
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Quellen: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Der Tagesspiegel, Bezirksamt Mitte, PSS Generalplanung GmbH, ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN, Architektur Urbanistik Berlin
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