Das historische Naturkundemuseum Berlin an der Invalidenstraße in Berlin-Mitte soll in den kommenden Jahren für rund 660 Millionen Euro modernisiert, umgebaut und erweitert werden. Nun wurde der vor sechs Monaten begonnene Architekturwettbewerb entschieden.
© Visualisierung: GMP mit Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten
© Fotos: Wikimedia Commons
Text: Björn Leffler
Das Berliner Museum für Naturkunde soll baulich und thematisch erneuert und erweitert werden. Das Museum soll zu einem offenen und integrierten Forschungsmuseum mit den Themen Biodiversität, Evolution, Wissenschaft und Gesellschaft weiterentwickelt werden. Der Bund und das Land Berlin investieren insgesamt 660 Millionen Euro in das ambitionierte Vorhaben.
Das Museum für Naturkunde Berlin ist das größte Naturkundemuseum in Deutschland. Die Bestände umfassen heute mehr als 30 Millionen Objekte. Ursprünglich war das Museum Teil der Humboldt-Universität zu Berlin und ist seit Januar 2009 eine Stiftung des öffentlichen Rechts.
Berlin und Bund investieren 660 Mio. Euro in den Umbau des Naturkundemuseums
Wegen der großen Bedeutung des Naturkundemuseums für die nationale und internationale Wissenschaftslandschaft und nicht zuletzt als Touristenattraktion haben der Bund und die Berliner Landesregierung bereits vor fast sieben Jahren entschieden, den Museumsstandort an der Invalidenstraße auszubauen und neu zu entwickeln.
Dabei sollen vor allem auch die Sammlungen, die seit Ende des Zweiten Weltkriegs in den Kellerräumlichkeiten des Museums lagern, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Denn im Krieg wurde der Ostflügel des Museumsgebäudes stark beschädigt. Während große Teile des Gebäudes einstürzten, starben im Luftschutzraum mehrere Menschen.
Große Teil der im 2. Weltkrieg geretteten Sammlungen sind nicht mehr Zugänglich
Von der wertvollen Sammlung wurden große Wal-Skelette verschüttet und die Ausstellungssäle für Insekten und Säugetiere zerstört. Trotzdem konnten die Mehrzahl der Objekte, rund 75 Prozent der Sammlung, in Sicherheit gebracht und damit gerettet werden. Bis heute sind jedoch nur Teile der geretteten Sammlung im Museum sichtbar.
Mit dem Geldsegen von Bund und Land lässt sich nun vieles neu denken, was das Museum bislang nur in kleinen Schritten und in Modellprojekten angehen konnte. Die Pläne reichen von der Digitalisierung aller 30 Millionen Objekte über die Bürgerwissenschaft bis zur nationalen Aufklärungszentrale zum Artensterben.
“Zukunftsplan”: Seit 2018 arbeitet das Museum an Umbauplänen
Skizziert ist dies alles im „Zukunftsplan“, den Museumsdirektor Johannes Vogel, Geschäftsführer Stephan Junker und das verantwortliche Projektteam ausgearbeitet haben. Bereits seit 2018 arbeitet das Museum für Naturkunde Berlin bereits in verschiedenen Teilprojekten an der Umsetzung des Zukunftsplanes.
Nun wurde der Architekturwettbewerb für den geplanten Umbau entschieden. Der erste Preis ging an die Büros GMP mit Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten. Der Gewinnerentwurf ermöglicht dem Museum mit der Überdachung der beiden Innenhöfe die Neustrukturierung der Besucherinfrastruktur im Hauptgebäude.
GMP und Rainer Schmidt architekten gewinnen Architekturwettbewerb
Nach der Juryentscheidung folgten Staab Architekten mit Levin Monsigny LA, allmannwappner gmbh und WXCA Sp. z o.o. / KOPPERROTH auf den Plätzen zwei bis vier.
Johannes Vogel äußerte sich wie folgt zur Juryentscheidung: “Wir bauen in den nächsten Jahren weiter an einem nachhaltigen, grünen Museum für Berlin, für Natur und für die globale Gemeinschaft. Durch die Erweiterung der Ausstellungsfläche und die Überbauung der Höfe haben wir die Möglichkeit, unsere weltweit beachtete wissenschaftliche Arbeit noch erlebbarer für die Besuchenden zu gestalten und einen intensiveren Dialog über die Zukunft der Erde zu führen.”
Der heutige “Sauriersaal” soll zukünftig zur “Welcome Zone” werden
Der jetzige “Sauriersaal” soll zukünftig zur „Welcome Zone“ für Ticketing, Information und Wissenschaftsaustausch werden. Von dort sollen die Besuchenden dann in die überdeckten Höfe mit neuen Ausstellungsflächen und einer barrierefreien Anbindung an den Nordflügel im hinteren Bereich gelangen.
Die Einblicke der Hofeinbauten sollen nach Wunsch der verantwortlichen Architekten Offenheit und Transparenz ausdrücken und die Brücke des Wissenschaftstransfers zwischen Museum und Gesellschaft bilden.
Naturkundemuseum Berlin: Vorplatz soll barrierefrei gestaltet werden
Auch der Vorplatz wird durch eine leichte Anrampung zur Haupttreppe und den beiderseitig angeordneten Rampen eine barrierefreie Erschließung erhalten, die sich im Inneren des Gebäudekomplexes fortsetzen wird.
Mit der Bestätigung des ersten Projektabschnitts, der knapp 21.000 Quadratmeter Fläche umfasst, werden vom Bund und vom Land Berlin rund 294 Millionen Euro zur baulichen und infrastrukturellen Ertüchtigung des Museums bereitgestellt.
Denkmalgerechte Sanierung und Neubau werden parallel erfolgen
Damit ergibt sich nun die Möglichkeit, die betreffenden Gebäude und Außenanlagen der Liegenschaft instand zu setzen, denkmalgerecht zu sanieren und den wachsenden Flächenbedarf des Museums durch mehrere Neubauten zu befriedigen.
Der vor einem halben Jahr gestartete Architekturwettbewerb konzentrierte sich auf die Gestaltung des Vorplatzes mit barrierefreiem Haupteingang, die Erschließung des Museums als offenes, integriertes Forschungsmuseum mit moderner Infrastruktur, die Neubauten in den Höfen für Ausstellungs-, Sammlungs- und Forschungszwecke sowie die Gestaltung der Außenanlagen.
Ein Wissenschaftscampus mit hoher Aufenthaltsqualität soll entstehen
Mit dem Zukunftsplan sollen nach Vorstellung der Projektverantwortlichen die Museumsgebäude nicht konserviert, sondern in die Zukunft entwickelt werden, unter gleichzeitiger Wertschätzung und Achtung als denkmalgeschütztes Ensemble. Damit soll ein Wissenschaftscampus mit hoher Aufenthaltsqualität geschaffen werden, an dem sich Besucher und Beschäftigte wohl fühlen.
Tatsächlich aber bedeutet der erste Preis im Architekturwettbewerb noch nicht, dass der nun gekürte Entwurf auch tatsächlich so umgesetzt wird. Der Architekturwettbewerb ist zwar ein ganz wesentlicher Bestandteil des Vergabeverordnungsverfahrens, aber eben nur einer, wie die Museumsleitung mitteilte.
Noch ist nicht vollständig sicher, welches Büro den Umbau gestalten wird
Daher wird nach Abschluss des Wettbewerbs ein Verhandlungsverfahren mit den drei erstplatzierten Büros stattfinden und erst danach der Planungsauftrag an das geeignetste Architekturbüro vergeben werden.
Mit anderen Worten: Noch ist nicht hundertprozentig sicher, ob das Museum nach den Vorstellungen von GMP mit Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten umgestaltet wird, aber ihre Chancen stehen ganz sicher ziemlich gut.
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Quellen: Museum für Naturkunde Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung, GMP Architekten, Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten
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