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Die Zukunft des Arbeitens: André Marx über den Axel Springer Neubau

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Was in Berlin nicht selbstverständlich ist, ist dem Medienkonzern Axel Springer SE mit seinem von Rem Koolhaas konzipierten Neubau an der Zimmerstraße gelungen: Budget- und Zeitrahmen des Projekts wurden eingehalten, der Einzug der rund 3.500 Mitarbeiter*innen wurde sukzessive seit dem Frühjahr 2020 durchgeführt.

Das Gebäude setzt architektonische Maßstäbe in einer Zeit, in der städtebauliche Konzepte häufig wie vom Reißbrett wirken – viel zu häufig monoton und austauschbar. Koolhaas, der sich im Frühjahr 2014 gegen 18 internationale Architekturbüros mit seinem radikalen wie außergewöhnlichen Entwurf durchgesetzt hat, war bei der offiziellen Schlüsselübergabe am 19. Dezember 2019 anwesend, genauso wie der Vorstandsvorsitzende des Medienunternehmens, Mathias Döpfner.

Koolhaas’ raumgreifendes Gebäude, welches an allen vier Seiten völlig andersartige optische Eindrücke vermittelt, ist schon jetzt eines der am häufigsten fotografierten Gebäude im Bereich rund um die Rudi-Dutschke- und Axel-Springer-Straße, welches traditionell von Geschäfts- und Bürobauten geprägt ist und natürlich Heimat vieler Medienunternehmen ist.

Wir hatten die Gelegenheit, mit André Marx, Programmleitung “Axel Springer Neubau”, über das Projekt und die ersten Erfahrungen zum Arbeitsalltag im neuen Bürogebäude zu sprechen.

ENTWICKLUNGSSTADT: Sehr geehrter Herr Marx, erst einmal vielen Dank, dass Sie sich Zeit für die Beantwortung unserer Fragen nehmen. Seit Ende 2019 ist der nach Plänen von Rem Koolhaas errichtete Neubau der Axel Springer SE offiziell fertiggestellt und seit Anfang 2020 sind sukzessive immer mehr Bereiche in das Gebäue gezogen. Wie würden Sie die ersten Monate im Neubau beschreiben, welche Erfahrungen hat das Unternehmen mit der Arbeit in diesem, rein äußerlich, sehr auffälligen Gebäude gemacht?

André Marx: Bei allen Mietern und im Projektteam herrschte vor Einzug eine Mischung aus Neugierde, Vorfreude, Spannung und vielleicht auch ein Hauch Skepsis, ob Konzept und Architektur auch in der täglichen Arbeit im Gebäude realisieren, erlebbar und greifbar werden. Ich würde sagen: Unser Konzept ist voll aufgegangen. Wenn auch unsere ersten Erfahrungen zeitlich leider eng mit der Coronasituation verknüpft sind, so sieht man doch, wie unsere Mitarbeiter die Möglichkeiten, die der Neubau bietet, angenommen haben und nutzen. Der Coworking-Bereich wird sehr gut in Anspruch genommen und unsere Mitarbeiter nutzen die vielen, neuartigen Arbeitsmöglichkeiten. Und auch zwischen verschiedenen Konzernunternehmen, die bisher oft autark untereinander gearbeitet haben, werden zahlreiche Kontakte geknüpft. Im Sommer hat uns die Beliebtheit der Dachterrasse und der Bar geradezu überwältigt – auch wenn wir natürlich angesichts von Corona klare Sicherheitsmaßnahmen wie Abstandsregeln implementieren mussten.
Und zuletzt: Ich höre immer wieder, wie inspirierend und motivierend die grandiose Architektur des Gebäudes wirkt, wenn man darin arbeitet.

Vergleicht man vor allem die Innenbereiche und Arbeitsflächen des Gebäudes, setzt sich der Bau signifikant von „üblichen“ Bürohäusern in Berlin ab. Welches Konzept wurde bei der Planung des Gebäudes und explizit der Arbeitsflächen verfolgt?

Ein zentraler Punkt im Briefing des Architektur-Wettbewerbs war, dass das Gebäude neu denken und definieren soll, wie das Zusammenarbeiten und das zukünftige Büro für ein digitales Unternehmen aussieht. „Transparenz“ und „Kollaboration“ waren für das Konzept entscheidend. Wir wollen mehr Austausch von Wissen und Ideen zwischen unseren Units fördern und stärker sichtbar machen, wer woran arbeitet.

Die architektonische Antwort darauf ist eine Grundstruktur des Gebäudes in Form eines „Valleys“ mit einer markanten, diagonalen Achse, die im Übrigen auch den ehemaligen Grenzverlauf zwischen Ost- und Westberlin symbolisch nachzeichnet. Zurückspringende Terrassen bis zur 5. Etage formen die beiden Seiten dieses Valleys aus.
Dadurch liegen viele Büroflächen und Arbeitsplätze auf Terrassen. Nach großer anfänglicher Skepsis bekommen wir zu diesen Arbeitsflächen mittlerweile sehr viel positives Feedback der Mitarbeiter. Auf den Arbeitsflächen, die überwiegend als Großraum gestaltet sind, haben wir ein neues und progressives Arbeitsformenkonzept mit einem Flex-Desk-Modell eingeführt. Dadurch hat man keinen persönlich zugeordneten Arbeitsplatz mehr, sondern kann sich innerhalb der “Teamheimaten” einen beliebigen Schreibtisch suchen. Oder man geht in den 2.000 Quadratemter großen Coworking-Bereich.

“”Transparenz“ und „Kollaboration“ waren für das Konzept entscheidend. Wir wollen mehr Austausch von Wissen und Ideen (…).”

Außerdem haben wir eine große Zahl von sogenannten „Arbeitsmöglichkeiten“ geschaffen und dafür die Zahl der Standard-Schreibtische reduziert. Damit gibt es viele Möbel, die zur Rücksprache, kleineren Meetings, den informellen Austausch, kurzum: zur Kollaboration einladen. Unsere Bürolandschaften werden dadurch attraktiver und einladender. Wir sind überzeugt, dass wir unsere Flächen so besser nutzen, als wenn wir sie mit weißen Standard-Tischen vollstellen.

Was gefällt Ihnen ganz persönlich am besten am Neubau? 

Da gäbe es eine Menge zu nennen. Einerseits das gewaltige, 45 Meter hohe Atrium mit seinem großartigen Raumeindruck und immer wieder neuen, überraschenden Blickwinkeln und Sichtachsen. Und andererseits die Dachlandschaft mit  Gastronomie, Urban Gardening und zahlreichen Erholungs- und Entspannungsmöglichkeiten. Wir planen, diese künftig auch einer kontrollierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wenn die Corona-Pandemie hinter uns liegt.

Im Umfeld des Gebäudes sind noch immer umfangreiche Straßenarbeiten zu sehen. Was wird dort derzeit noch gemacht und bis wann werden diese Bauarbeiten abgeschlossen sein?

Die umliegenden Straßen bekommen einen neuen Belag und die das Haus umgebenden Bürgersteige werden neu gestaltet. Geplanter Abschluss der Bauarbeiten ist im ersten Quartal 2021.

Wie jedes Unternehmen war auch Axel Springer von den Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen. Inwiefern hat diese besondere Situation den Umzug in das Gebäude beeinflusst?

Die Umzüge in den Neubau haben im April 2020 begonnen, also inmitten der ersten Pandemie-Welle. Parallel wurde ein Großteil der Möbel geliefert und es fanden noch Arbeiten im Innenausbau statt. Dennoch konnten wir den Zeitplan im Wesentlichen halten – was vor allem der guten Zusammenarbeit zwischen Bauteam, Zulieferern und Dienstleistern geschuldet war, wofür wir noch immer sehr dankbar sind. Seit  Einzug und Aufnahme der Tätigkeiten unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im neuen Gebäude sind die Auswirkungen von Corona deutlicher spürbar. Um die Gesundheit unserer Mitarbeiter zu schützen haben wir bei Axel Springer klare Anwesenheits- und Mobile-Office-Regeln aufgestellt. Aktuell sollen beispielsweise maximal bis zu 20 Prozent der Mitarbeiter im Büro gleichzeitig anwesend sein. Dadurch sind viele Flächen noch sehr leer, und wir freuen uns schon auf den Normalbetrieb mit „voller Besetzung“.

Sehr geehrter Herr Marx, wir danken Ihnen für das Gespräch. 

Unseren Artikel zum Axel Springer Neubau aus dem Januar 2020 findet Ihr hier. 
Weitere Interviews zum Thema Stadtentwicklung gibt es hier.

© Fotos: Axel Springer SE / Laurian Ghinitoiu

 

Fertigstellung nach rund vier Jahren Bauzeit: Der Neubau der Axel Springer SE an der Zimmerstraße

Durch den Neubau hindurch verläuft die ehemalige innerdeutsche Grenze. Das Haus liegt zum einen Teil in (Friedrichshain-)Kreuzberg, zum anderen Teil in Mitte

Das Grundstück, auf dem der Neubau entstand, ist insgesamt 10.000 Quadratmeter groß. 9.100 davon wurden bebaut.

Insgesamt sind gut 52.000 Quadratmeter Büroflächen entstanden. Diese verteilen sich auf insgesamt 13 Geschosse, davon zwei unterirdisch. Büro-Arbeitsplätze sind allerdings nur in den oberen neun Etagen entstanden.

Hoher Besuch zur Eröffnung: Mathias Döpfner, CEO der Axel Springer SE, empfing Friede Springer, Rem Koolhaas und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum Rundgang durch das neue Gebäude.

 

 

What is not taken for granted in Berlin, the media group Axel Springer SE has succeeded in doing with its new building on Zimmerstraße, designed by Rem Koolhaas: The budget and timeframe of the project were adhered to, and the move-in of the approximately 3,500 employees was carried out successively since spring 2020.

The building sets architectural standards in an era in which urban development concepts often seem to be drawn from a drawing board – far too often monotonous and interchangeable. Koolhaas, who beat 18 international architectural firms with his radical and unusual design in spring 2014, was present at the official handover of the keys on December 19, 2019, as was the media company’s CEO, Mathias Döpfner.

Koolhaas’ expansive building, which conveys completely different visual impressions on all four sides, is already one of the most frequently photographed buildings in the area around Rudi-Dutschke- and Axel-Springer-Strasse, which is traditionally characterized by commercial and office buildings and is of course home to many media companies.

We had the opportunity to talk to André Marx, Program Manager “Axel Springer Neubau”, about the project and his first experiences of everyday work in the new office building.

ENTWICKLUNGSSTADT: Dear Mr. Marx, first of all thank you very much for taking the time to answer our questions. Since the end of 2019 the new building of Axel Springer SE, which was constructed according to the plans of Rem Koolhaas, has been officially completed and since the beginning of 2020 more and more departments have gradually moved into the building. How would you describe the first few months in the new building, what experiences has the company had with working in this building, which is very conspicuous from the outside?

André Marx: Before we moved in, all tenants and the project team were filled with a mixture of curiosity, anticipation, excitement and perhaps also a touch of skepticism as to whether the concept and architecture would be realized, experienced and tangible in the building in their daily work. I would say: our concept has been a complete success. Even though our initial experiences are unfortunately closely linked to the Corona situation, you can see how our employees have accepted and are using the opportunities offered by the new building. The coworking area is very well taken up and our employees are taking advantage of the many, novel work opportunities. And numerous contacts are also being made between different Group companies, which have often worked independently of each other in the past. In the summer, the popularity of the roof terrace and the bar almost overwhelmed us – even though we naturally had to implement clear safety measures such as distance rules in view of Corona. And finally: I keep hearing how inspiring and motivating the building’s magnificent architecture is when you work in it.

If one compares especially the interior areas and work surfaces of the building, the construction differs significantly from “usual” office buildings in Berlin. What concept was followed in the planning of the building and explicitly of the work surfaces?

A central point in the briefing for the architectural competition was that the building should rethink and redefine what collaboration and the future office for a digital company looks like. “Transparency” and “Collaboration” were crucial to the concept. We want to encourage more exchange of knowledge and ideas between our units and make more visible who is working on what.

The architectural response to this is a basic structure of the building in the form of a “valley” with a distinctive diagonal axis, which incidentally also symbolically traces the former border between East and West Berlin. Receding terraces up to the 5th floor form the two sides of this valley.
As a result, many office spaces and workplaces are located on terraces. After a great deal of initial skepticism, we are now receiving a great deal of positive feedback from employees about these work spaces. We have introduced a new and progressive work form concept with a flex-desk model on the work areas, which are predominantly designed as open-plan spaces. As a result, there is no longer a personally assigned workstation, but instead you can choose any desk within the “team homes”. Or you can go to the 2,000 square meter coworking area.

“”TRANSPARENCY” AND “COLLABORATION” WERE DECISIVE FOR THE CONCEPT. WE WANT MORE EXCHANGE OF KNOWLEDGE AND IDEAS (…).”

We have also created a large number of so-called “work opportunities” and have reduced the number of standard desks in return. This means that there is a lot of furniture that invites consultation, smaller meetings, informal exchange, in short: collaboration. This makes our office landscapes more attractive and inviting. We are convinced that we make better use of our space than by filling it with white standard desks.

What do you personally like best about the new building? 

There is a lot to name. On the one hand, the enormous, 45-meter-high atrium with its great spatial impression and constantly new, surprising perspectives and lines of sight. And on the other hand, the roof landscape with gastronomy, urban gardening and numerous opportunities for recreation and relaxation. We plan to make these accessible to a controlled public in the future, once the Corona pandemic is behind us.

Extensive road works can still be seen around the building. What is still being done there and by when will this construction work be completed?

The surrounding streets will be given a new pavement and the sidewalks surrounding the building will be redesigned. Construction is scheduled to be completed in the first quarter of 2021.

Like every company, Axel Springer was also affected by the effects of the corona pandemic. To what extent did this particular situation influence the move to the building?

The moves to the new building began in April 2020, in the middle of the first wave of the pandemic. At the same time, a large part of the furniture was delivered and work was still being carried out on the interior. Nevertheless, we were essentially able to keep to the schedule – which was mainly due to the good cooperation between the construction team, suppliers and service providers, for which we are still very grateful. Since our employees moved into the new building and started work, the effects of Corona have been more noticeable. In order to protect the health of our employees, we at Axel Springer have established clear attendance and mobile office rules. Currently, for example, a maximum of up to 20 percent of the employees in the office should be present at any one time. This means that many areas are still very empty, and we are already looking forward to normal operations with “full staffing”.

Dear Mr. Marx, thank you for the interview. 

 

OUR ARTICLE ABOUT THE AXEL SPRINGER NEW BUILDING FROM JANUARY 2020 CAN BE FOUND HERE. 

MORE INTERVIEWS ABOUT URBAN DEVELOPMENT CAN BE FOUND HERE.

 

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