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Nachhaltige Projekte in Berlin, Teil 4: Der Weltacker in Pankow

Das Thema Nachhaltigkeit ist längst im Bereich der Stadtentwicklung angekommen. Auch in Berlin gibt es zahlreiche Initiativen und Projekte, die nachhaltige Produkte und Entwicklungen vorantreiben. Im Rahmen unserer neuen Reihe “ENTWICKLUNGSSTADT bewegt BERLIN” stellen wir regelmäßig ein neues, nachhaltiges Produkt vor. Im vierten Teil der Serie beschäftigen wir uns mit dem in Pankow ansässigen Projekt “Weltacker”.

© Foto: Zukunftsstiftung Landwirtschaft Berlin

Text: Celine Hellriegel

 

In unserer Reihe ENTWICKLUNGSSTADT bewegt BERLIN stellen wir regelmäßig ein nachhaltiges Projekt aus Berlin vor. Im letzten Teil der Serie berichteten wir über das mobile Projekt „GreenHouse“, eine Initiative, die sich zum Ziel gemacht hat, deutsche Einkaufsbahnhöfe grüner und nachhaltiger zu gestalten.

Im vierten Teil behandeln wir die Themen Landwirtschaft, Konsum, Abfallgesellschaft und Hunger auf der Welt. Es geht um das Projekt 2000 m², auch Weltacker genannt, welches von der Zukunftsstiftung Landwirtschaft 2015 ins Leben gerufen wurde.

1,5 Milliarden Hektar Ackerfläche weltweit

Das Projekt basiert auf der Idee, dass global gesehen den Menschen 1,5 Milliarden Hektar Ackerfläche zur Verfügung stehen. Wird diese Fläche auf die heute knapp acht Milliarden Erdbürger gerecht aufgeteilt, ergibt das 2.000 Quadratmeter pro Person. Das ist demnach der Anteil an Ackerland, der jedem Einzelnen rein rechnerisch zusteht.

Ist die Fläche an Ackerland von 1,5 Milliarden Hektar überhaupt ausreichend, um jeden Einzelnen zu ernähren und satt zu bekommen? Die Weltbevölkerung wächst weiterhin rasant. Wir sind heute nicht mehr weit von der 8 Milliarden-Grenze entfernt. Probleme wie Hungersnöte und Mangelernährung sowie die landwirtschaftlichen Herausforderungen mit Bodenerosionen, Extremwetterbedingungen (Dürren, Überflutungen) und Chemikalien (Pestizide) sind auch im Jahr 2022 weiterhin präsent.

2000 m²: Es ist genug Nahrung für alle da

Die Aussage von 2000 m² ist klar und eindeutig: Es ist genug für alle da! Mit ihrem Projekt Weltacker machen sie deutlich, dass bei einer nachhaltig und bewusst betriebenen Landwirtschaft keine Hungersnöte auf der Welt mehr auftreten müssten.

Berücksichtigt man die Tatsache, dass weltweit insgesamt 811 Millionen Menschen hungern und zwei Milliarden Menschen an Mangelernährung leiden, klingt das erst einmal reichlich utopisch, kann aber durchaus Hoffnung machen.

Die weltweit wichtigsten Ackerkulturen im Größenverhältnis werden angebaut

Wie funktioniert das Projekt? Im Grunde versuchen die Projektinitiatoren alles anzubauen, einschließlich der exotischen Nutzpflanzen, wie beispielsweise Reis, der 10 Prozent der Weltagrarfläche ausmacht.

Auf den 2.000 Quadratmetern sind die wichtigsten Ackerkulturen der Welt im Größenverhältnis, in dem sie auf den 1,5 Milliarden Hektar Ackerfläche dieser Welt wachsen, angebaut: Zucker, Suchtmittel, Hülsenfrüchte, Erdfrüchte, Ölfrüchte, Soja, Gemüse, Weizen, Sonstiges Getreide, Reis, Mais, Futterpflanzen und Obst.

Bedauerlicherweise werden unzählige Lebensmittel tagtäglich verschwendet. Fakt ist: Ein Drittel der Fläche, die hier bebaut wird, dient nur dazu, Abfall zu sein. Allein 40 Prozent der Weizenprodukte werden weggeworfen. Ein weiterer Fakt ist, dass Menschen, die sich vegan oder vegetarisch ernähren, einen deutlich geringeren Flächenverbrauch haben, als diejenigen die Fleisch konsumieren.

Das Projekt wurde 2015 in Berlin-Gatow aus der Taufe gehoben

Der Ursprung des Weltackers wurde 2015 in Berlin-Gatow gelegt. Hier wurde das Projekt erstmals von der Stiftung Landwirtschaft durchgeführt. Luise Körner von der Zukunftsstiftung Landwirtschaft, Florian Kliem (Koch) und eine Landwirtin bildeten das Kernteam und ermittelten zunächst den Tagesbedarf eines Menschen an Gemüse, Getreide und Eiern.

Im zweiten Schritt ging es darum, wie viele Nahrungsmittel auf dieser Fläche wachsen können und im daraus folgenden dritten und letzten Schritt wurde geschaut, ob aus den Erträgen, die aus der Fläche gewonnen wurden, ein Mensch für ein ganzes Jahr ernährt werden kann.  Im Rahmen der Internationalen Gartenausstellung 2016/17 in Berlin-Marzahn wurde die Idee und das Projekt weitergeführt und erlangte durch das internationale Publikum entsprechende Aufmerksamkeit.

Seit 2018 ist das Projekt im Botanischen Volkspark Blankenfelde beheimatet

Mittlerweile ist der Weltacker seit nunmehr vier Jahren im Botanischen Volkspark Blankenfelde-Pankow beheimatet. Auf dieser 2.000 Quadratmeter großen Fläche muss demnach alles wachsen, was einen Menschen nährt und versorgt.

Dazu gehören nicht nur Nahrungsmittel wie Brot, Reis, Kartoffeln, Obst oder Gemüse, sondern auch all das Futter, welches wir für die Tiere benötigen, deren Fleisch, Milch und Eier wir konsumieren. Auch Baumwolle für unsere Kleidung, Genuss- und Suchtmittel wie Tabak, Treibstoff für Bio-Gas und Bio-Diesel sowie nachwachsende Rohstoffe für die Industrie werden angebaut. Zusätzlich ernährt die Fläche ein paar Billiarden Kleinstlebewesen sowie Würmer, Insekten, Vögel und Mäuse, ohne die der Ackerboden gar nicht fruchtbar wäre.

Einblicke in die Entstehung von Nahrungsmitteln

Das Projekt 2000 m² verfolgt etliche Ziele. Im Vordergrund steht aber der Bildungsauftrag der Initiative. Zielgruppe sind vor allem die jüngeren Generationen, Schulklassen, Kindergruppen und Jugendliche, die hier Einblicke in die Entstehung von Nahrungsmitteln erhalten sollen.

Genauso sollen sie sich mit Fragen der globalen Landwirtschaft auseinandersetzen. Themenschwerpunkte sind Tier- und Pflanzenarten, die Erträge, Flächennutzungen weltweit, Verbrauch und Abfall, Fleischkonsum, Flächenimporte sowie Chemikalien und deren Klima-Folgen der industriellen Landwirtschaft. Regelmäßig finden hierzu Workshops, Veranstaltungen oder sogar Online-Seminare statt.

Das Projekt ist auf ehrenamtliche Hilfe angewiesen

Wie auch andere Nachhaltigkeits-Initiativen ist auch das 2000 m²-Projekt auf ehrenamtliche Helferinnen und Helfer angewiesen. Es gibt aber auch die Möglichkeit, eine Ackerpatenschaft abzuschließen und so eine Parazelle mit Saatgut und notwendigen Nährstoffgütern zu finanzieren. Auch Sach- oder Werkzeugspenden sind möglich.

Finanziert wird das Projekt zusätzlich auch durch Saatguthersteller, die Setzlinge und Samen für den Acker liefern. Eine weitere Möglichkeit, sich an dem Projekt zu beteiligen, ist Teil des Weltacker-Clubs zu werden. Die Idee dahinter ist es, ist den Weltacker in Form von Parzellen zwischen 0,5 und 290 Quadratmetern über ganz Berlin verteilt aufzubauen.

Weltacker-Klubmitglieder können verschiedene Vereine, Initiativen, Organisationen, Kleingärteninhaber und Privatpersonen sein, die auf ihrem Gelände – Balkon, Garten oder Innenhof – jeweils eine von den 45 Ackerkulturen anbauen, betreuen und pflegen. Stand jetzt sind 25 von 45 Kulturen bereits vergeben und insgesamt 40 Gruppen am Projekt beteiligt.

Wenn Ihr selbst Teil der Weltacker-Community werden wollt, könnt Ihr Euch hier umfassend informieren. 

 

Weitere Teile der Reihe “ENTWICKLUNGSSTADT bewegt BERLIN” findet Ihr hier: 

Nachhaltige Projekte in Berlin, Teil 3: Nachhaltigkeit im Bahnhof

Nachhaltige Projekte in Berlin, Teil 2: Berliner bewässern Straßenbäume

Nachhaltige Projekte in Berlin, Teil 1: Der „BÖcher“ aus dem Bötzowkiez

Auf unserer Nachhaltigkeits-Seite findet Ihr alle Teile übersichtlich aufgelistet und erfahrt mehr zur Autorin Celine Hellriegel

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