Auf dem ehemaligen Güterbahnhof an der Greifswalder Straße in Prenzlauer Berg möchte ein Investor gern Wohnungen und eine neue Schule errichten. Berlins Senatsbaudirektorin bestätigte diese Pläne zwar, möchte aber eine neue Gestaltung des geplanten Hochhausquartiers. Dies soll durch einen Architekturwettbewerb erreicht werden.
© Fotos: Wikimedia Commons
© Visualisierung: Tchoban Voss Architekten
Text: Björn Leffler
Eines der meistdiskutierten Entwicklungsvorhaben im Bezirk Pankow ist die mögliche Bebauung des ehemaligen Güterbahnhofs Greifswalder Straße in Prenzlauer Berg. Der Disput zwischen dem Bezirksamt Pankow und dem Investor Christian Gérôme beschäftigt die politischen Gremien des Bezirks bereits seit über zehn Jahren.
Den vom Investor geplanten Bau von 500 Wohnungen auf dem einstigen, heute in großen Teilen brach liegenden Güterbahnhof-Areal wollen vor allem die Fraktionen der Linken sowie der SPD verhindern.
Christian Gérôme will das historische Bahnhofsgebäude des Güterbahnhofs nach eigener Aussage in jedem Falle bewahren und die historischen Gebäude sanieren. Er plant, das Gebäudeensemble als Eventlocation zu betreiben.
Am Thälmannpark sollen 500 neue Wohnungen entstehen
Den angrenzenden Thälmannpark will er nicht nur um rund 500 Wohnungen erweitern, auch eine neue Schule für rund 600 Kinder soll Teil des Bauvorhabens sein. Während SPD und Linke das Projekt strikt ablehnen, sind CDU, FDP und Grüne für das Bauvorhaben, da sowohl Wohnungen als auch Schulplätze dringend benötigt werden.
Christian Gérôme selbst bekräftigte in einem Interview mit den Prenzlauer Berg Nachrichten, dass im Rahmen des Projekts keine Luxuswohnungen oder Penthäuser entstehen sollen. Er umschreibt das Bauvorhaben so: “Wir wollen Wohnraum für Familien schaffen, für Senioren, einen gesunden Mix in einer grünen Lage.”
Investor Christian Gérôme möchte ein gemischtes Quartier schaffen
Gérôme wies dabei vor allem auf den Status Quo des potenziellen Baufeldes hin: “Jetzt haben wir eine betonierte Fläche. Die wollen wir mit einem bezahlbaren Wohnraum bebauen, von dem alle etwas haben, in klassischer Architektur, die in den Kiez passt. Kein Schuhkarton. Eine grüne Gartenstadt.”
SPD und Linke bleiben jedoch bei ihrer ablehnenden Haltung zum Projekt, obwohl es auch im direkt angrenzenden Wohngebiet bereits mehrere Hochhäuser gibt. “Hier geht es um ein knallhartes Immobiliengeschäft, das eingetütet wird” sagte beispielsweise Fred Bordfeld schon Ende vergangenen Jahres, der bei der Pankower Linken-Fraktion federführend für Wohnungsbauprojekte ist.
SPD und Linke fürchten Grundstücksspekulation durch Investor
Roland Schröder (SPD) wies darauf hin, dass dem Eigentümer durch Billigung einer solchen “Grundstücksspekulation” eine Verdreifachung seines Gewinns in Aussicht stehen könnte, was der Bezirk Pankow nicht unterstützen dürfe. Nichtsdestotrotz erhielt das Projekt Ende 2022 die erforderliche Mehrheit in der Pankower Bezirksverordnetenversammlung.
Um das Projekt nun auch tatsächlich voranzubringen, wurde auch der Berliner Senat eingeschaltet. Anfang der Woche berieten sich Vertreter des Bezirks Pankow mit Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt und Berlins Landeskonservator Christoph Rauhut zu der Frage, ob die geplanten Hochhäuser in Prenzlauer Berg zulässig sind.
Die geplanten Hochhäuser in Prenzlauer Berg sind grundsätzlich zulässig
Eine Sprecherin des Pankower Stadtentwicklungsamts äußerte sich anschließend wie folgt zum Ergebnis der Sitzung: “Hochpunkte sind an dieser Stelle tatsächlich verträglich. Aber sie müssen qualifiziert und ausgeformt werden.” Am Rande der einstigen DDR-Prestigesiedlung dürfen demzufolge also neue Wohn- und Geschäftshäuser entstehen. Bis zu drei Hochhäuser sollen neu errichtet werden können.
Uneinigkeit herrscht jedoch über die Gestaltung der zukünftigen Hochhäuser. Denn die bislang vom Investor mit dem Büro Tchoban Voss Architekten ausgearbeiteten Entwürfe sind auch Sicht der Senatsverwaltung sowie des Landesdenkmalamtes zu dominant.
prenzlauer Berg: Petra Kahlfeldt fordert ein neues Wettbewerbsverfahren
Daher fordert Kahlfeldt ein neues Wettbewerbsverfahren, bei dem ausgewählte Architekturbüros neue Modelle liefern. Mit einem Konzept, welches der Bezirk Pankow vorgeben soll. Mit diesem Kompromiss soll das geplante Hochhausprojekt nun also auf den Weg gebracht werden.
Investor Gérôme befürchtet, dass durch ein neuerliches Planverfahren weitere Jahre verloren gehen. Dabei steht der Bezirk Pankow eigentlich unter Zugzwang, denn er möchte auf dem Grundstück des Investors die so dringend benötigte neue Oberschule errichten.
Pankow sucht Möglichkeiten für dringend benötigten Schul-Neubau
Ein mögliches Szenario ist laut Berliner Morgenpost derzeit ein Grundstückstausch zwischen dem Bezirk Pankow und dem Investor. So könnte Gérôme sein geplantes Quartier errichten und der Bezirk Pankow die neue Schule realisieren. Pankows neuer Baustadtrat Cornelius Bechtler (Die Grünen) würde eine solche Lösung befürworten: “Es ist die einzige Fläche in Prenzlauer Berg, wo man überhaupt noch Oberschulplätze schaffen kann.”
Die SPD steht einem solchen Grundstückstausch jedoch skeptisch gegenüber und befürchtet, dass der Investor dadurch die wertvollere Fläche erhielte. Ungeklärt ist zudem die Frage, wer für die Erstellung der neuen Entwürfe aufkommen soll. Der Bezirk sieht das Land Berlin in der Pflicht, die Kosten zu übernehmen.
Mit der strikten Ablehnung des Projekts stehen SPD und Linke allein da
Die grundlegend ablehnende Haltung von SPD und Linken gegenüber dem geplanten Bauvorhaben wird aufgrund der anhaltenden Wohnungsnot in Berlin von den übrigen Parteien in der Pankower Bezirksverordnetenversammlung so nicht geteilt, auch nicht von den Grünen. Zumal es bei dem Bauvorhaben darüber hinaus darum gehen soll, den notwendigen Schul-Neubau zu realisieren und ein bislang brachliegendes Areal neu zu revitalisieren.
Grünen-Bauexpertin Almuth Tharan wirbt daher in einem Statement noch einmal konstruktiv für ein neues Wettbewerbsverfahren: “Dieser Wettbewerb soll etwas bringen, wovon die ganze Stadt einen Gewinn hat, zum Beispiel besondere Wohnformen für Studenten, aber auch Lösungen für wichtige neue Angebote wie Arztpraxen.”
Baustadtrat Cornelius Bechtler sieht das Projekt auf dem richtigen Weg
Der neue Baustadtrat Cornelius Bechtler, der auf Rona Tietje (SPD) folgte, sieht das Projekt derzeit “auf dem richtigen Weg” und möchte das Vorhaben offenbar mit etwas mehr Offenheit gegenüber den Plänen des Investors angehen, ohne sich die Bedingungen von ihm diktieren zu lassen. So könnte aus einem der zähesten Stadtentwicklungsprojekte in Pankow vielleicht doch noch eine Erfolgsgeschichte werden.
Um die Gestaltung des Quartiers der heutigen Ernst-Thälmann-Siedlung wurde in der Vergangenheit schon häufiger gestritten. Auf dem Gelände der heutigen Wohnsiedlung standen bis in die 1980er Jahre hinein noch mehrere Gasspeicher. Über ein Jahrhundert speicherten diese Gasometer das Gas eines naheliegenden Gaswerks.
ERNST-THÄLMANN-SIEDLUNG: WOHNUNGSBAU AB 1984 TROTZ ANWOHNER-PROTESTEN
Nach dessen Stilllegung im Jahr 1981 kamen dann viele Ideen zur kulturellen Weiternutzung der Anlage auf. Unter anderem wurde eine Verwendung der nun leerstehenden Gasometer als Planetarium oder Ausstellungsräume in Betracht gezogen. Die DDR-Regierung aber hatte andere Pläne. Die Speicherbehälter sollten gesprengt werden, was in Prenzlauer Berg eine Protestbewegung auslöste.
Denn die Menschen wollten die Gebäude erhalten. Die Proteste blieben jedoch erfolglos, da die Gasometer trotz des starken Widerstands auf Anordnung der Partei- und Staatsführung der DDR am 28. Juli 1984 gesprengt wurden. Anschließend wurde die heute bekannte Wohnsiedlung in Plattenbauweise errichtet.
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Quellen: Berliner Morgenpost, Wikipedia, Prenzlauer Berg Nachrichten
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