entwicklungsstadt berlin

Jede Zeit baut ihre Stadt.

Prenzlauer Berg: Rodung der Eschenallee trotz vieler Proteste

In Prenzlauer Berg ist ein jahrelang schwelender Streit um den Erhalt einer Baumreihe an der Kniprodestraße zu Ende gegangen. Das Bezirksamt Pankow ließ 26 Eschen fällen, um Platz für einen befestigten Geh- und Radweg an der neu entstandenen “Schuldrehscheibe” zu schaffen. Gegen das Vorgehen gab es zahlreiche Proteste.

Da standen sie noch: Die mittlerweile gefällten Eschen an der Kniprodestraße in Prenzlauer Berg. / © Foto: Pro Kiez Bötzowkiez e.V.

© Foto Titelbild: depositphotos.com
Text: Björn Leffler

 

Ein lange währender Streit ist im Pankower Ortsteil Prenzlauer Berg gestern mit der Rodung von mehreren Eschen entlang der Kniprodestraße an der nördlichen Grenze des Volksparks Friedrichshain zu Ende gegangen – oder beendet worden, wie man es nimmt.

Trotz zahlreicher Proteste von Anwohnern und der Bürgerinitiative Pro Kiez Bötzowkiez e.V. setzte das Bezirksamt Pankow sein Vorhaben in die Tat um und ließ die betroffene Baumreihe fällen. Ab 7:00 Uhr am Morgen hatte die Rodung begonnen, die letztlich nur drei Stunden dauern sollte.

Prenzlauer Berg: 26 Eschen wurden vom Bezirksamt Pankow gerodet

Viele Bürgerinnen und Bürger aber auch Schüler der neu entstandenen, temporären Schule hatten sich gegen eine Fällung ausgesprochen, letztlich vergeblich. Worum ging es in dem Streit eigentlich konkret?

Auf der Werneuchener Wiese ist in den vergangenen Jahren nach Plänen des Bezirksamtes Pankow eine sogenannte “Schuldrehscheibe” entstanden. Damit ist die Errichtung eines temporären Schulgebäudes gemeint.

“Schuldrehscheibe” ist auf der Werneuchener Wiese neu entstanden

Für dieses Schulgebäude ist eine Nutzungsdauer von lediglich 15 Jahren vorgesehen. In dieser Zeit soll es anderen Schulen aus der Umgebung als Ausweichort dienen, während diese grundlegend saniert oder erweitert werden.

Die mittlerweile fertiggestellte “Schuldrehscheibe” umfasst rund 800 Schulplätze und eine Dreifeldsporthalle, welche auch für den Vereinssport nutzbar ist – grundsätzlich also ein sinnvolles Vorgehen des Bezirks, der aufgrund des starken Bevölkerungswachstums der vergangenen Jahrzehnte die steigenden Schülerzahlen nur noch mühsam händeln kann.

Anwohner und Bürgerinitiativen waren gegen die geplanten Baumfällungen

Bei Anwohnerinnen und Anwohnern sowie verschiedenen Bürgerinitiativen sorgte das Bauprojekt jedoch für viel Unmut und Unverständnis, und zwar aufgrund der Pläne, die bestehende Eschenallee an der Kniprodestraße für das Projekt teilweise roden zu wollen.

Carsten Meyer vom Verein Pro Kiez Bötzowkiez äußerte sich dazu bereits im November 2022 im Interview mit ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN: “Nicht glücklich sind wir mit der Standortwahl auf der Werneuchener Wiese, also einer gewidmeten Grünfläche. Der Schulbau bedeutet dort eine massive Flächenversiegelung, die bisherige Frischluftschneise an der Kniprodestraße wird durch den massiven Baukörper blockiert. Dennoch haben wir die politische Entscheidung zähneknirschend akzeptiert – mangels Alternativen.

Carsten Meyer: “Zwischen den Baumreihen kann ein befestigter Weg angelegt werden.”

Doch vor allem das Vorhaben des Bezirks, 26 gesunde Eschen zu fällen, kritisierte Carsten Meyer damals scharf: “Die Kronen sind in fast dreißig Jahren herangewachsen, spenden an der ohnehin schon sehr breiten Asphaltstraße Schatten und Sauerstoff. Wir haben gezeigt: zwischen den Baumreihen kann ein befestigter Weg angelegt werden, der dem Mobilitätsgesetz entspricht.

Doch dies hat das Bezirksamt Pankow offenbar anders gesehen. Der bislang unbefestigte Sandweg, der zwischen den Eschen entlangführte, soll nach Plänen des Bezirksamts Pankow in einen befestigten Geh- und Radweg umgebaut werden, da das hohe Schüleraufkommen am neuen Schulstandort dies nötig mache.

Ein letzter Eilantrag gegen die Rodung der Eschenallee blieb erfolglos

Ein final gestellter Eilantrag von Pro Kiez gegen die Fällungen beim Verwaltungsgericht Berlin war letztlich erfolglos. Zuvor hatte die Anwohnerinitiative vergeblich auf eine Umplanung gedrängt und einen Baumgutachter beauftragt, der feststellte, dass ein Weg zwischen den Eschen mit vollständigem Baumerhalt möglich sei.

Dennoch bestätigte die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) des Bezirks Pankow letztendlich den amtlichen Fäll-Plan per Beschluss. Ein zentraler Aspekt der Diskussion war auch die finanzielle Seite.

Bezirksamt Pankow wollte 1,1 Mio. Euro Fördergelder nicht verfallen lassen

Behördenangaben zufolge waren für den neuen Gehweg Fördermittel in Höhe von 1,1 Millionen Euro beantragt worden, deren Verfall drohte, falls es zu einer Um- oder Neuplanung gekommen wäre.

Immerhin hat das Bezirksamt angekündigt, “umfangreiche Ersatzpflanzungen” durchzuführen, wie Der Tagesspiegel berichtet. In den kommenden Wochen soll nun mit dem Umbau des Gehwegs an der Kniprodestraße begonnen werden.

 

Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier: 

Schematische Darstellung der temporär konzipierten Schuldrehscheibe auf der Werneuchener Wiese am Volkspark Friedrichshain. / © Visualisierung: Bezirksamt Pankow

© Open Street Map

Weitere Projekte in Pankow findet Ihr hier
Weitere Bildungsprojekte sind hier zu finden
Weitere Verkehrsprojekte gibt es hier

Quellen: Der Tagesspiegel, RBB, Pro Kiez Bötzowkiez e.V., NDR, Bezirksamt Pankow

 

Weitere Artikel zu ähnlichen Projekten findet Ihr hier:

Schuldrehscheibe im Bötzowviertel: Verein “Pro Kiez” im Interview

Pankow: Gericht macht Weg für Bau von Flüchtlingshäusern frei

Boulevard Unter den Linden: Mehr als 80 Bäume sollen gefällt werden

Bäume oder Wohnraum? Konflikt an der Pintschstraße in Friedrichshain

Entsiegelung: Bezirk Berlin-Mitte will 7.200 “grüne Gullys” einführen

Weiter Beitrag

Zurück Beitrag

Antworten

© 2024 entwicklungsstadt berlin

Thema von Anders Norén