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Serie: Berlins Bauwerke der Moderne, Teil 3 – Der Pariser Platz

In unserer neuen Artikelreihe widmen wir uns den bedeutenden Berliner Bauwerken der Nachwendezeit, die das Stadtbild der deutschen Hauptstadt bis heute prägen. Im dritten Teil der Serie behandeln wir den rekonstruierten Pariser Platz am Brandenburger Tor.

 

© Fotos: Celine Hellriegel
Text: Annett Jäger

Der Pariser Platz

Der Pariser Platz – das städtebaulich bedeutendste Ensemble Berlins – gestaltet sich nach seinem Wiederaufbau als ein Ort der Kompromisse. Wo die Übernahme der historischen Gebäudeproportionen gelungen scheint, trifft das auf die individuelle Architektur der einzelnen Gebäude wohl nicht gänzlich zu. Dennoch: die meisten Berlinerinnen und Berliner sowie Touristen haben den Platz angenommen. So vermittelt er seinen Besuchern in der Mitte Berlins den Charme von internationalem Flair. 

Das ehemals prunkvolle Areal vor dem Brandenburger Tor

Ursprünglich entstanden im Zuge der zweiten barocken Stadterweiterung im Jahr 1734, hat sich der Pariser Platz als Standort für das Brandenburger Tor zu einer touristischen Hauptschlagader Berlins entwickelt. 

Schon im 18. Jahrhundert begann Berlin damit, sich auszudehnen. Im Rahmen der preußischen Stadterweiterung – damals bereits die zweite unter dem strengen Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. – entstand der heutige Pariser Platz als „Quarre“ – dem französischen Viereck. 

Bebaut war der Pariser Platz zu damaliger Zeit mit modernen, vom Adel bewohnten Stadthäusern. Nach seiner Umbenennung 1814 in Pariser Platz, der Umgestaltung nach klassizistischem Stil 1850 und der kompletten Erneuerung durch den Landschaftsarchitekten Hermann Mächtig 1880 sowie der totalen Zerstörung im Zweiten Weltkrieg, blieb vom alten Pariser Platz nicht mehr viel übrig. Und das, was nach Ende des Krieges noch übrig war, ließ die DDR abreißen. 

Der Wiederaufbau des Pariser Platzes

Heute ruht der Berliner Platz an der Ostseite des Brandenburger Tores. Als Teil der Grenze zwischen Ost und West führte er lange Zeit ein eher tristes Dasein bis zur politischen Wende im Jahr 1990.

Mit der Vorgabe des Berliner Senats, Tradition und Moderne miteinander zu verschmelzen und den Pariser Platz wieder lebendig werden zu lassen, nahm 1993 der Wiederaufbau der „guten Stube Berlins“ erstmals nach der Wiedervereinigung so richtig Fahrt auf. 

Mit welchem Ergebnis? Im Grunde spiegelt der heutige Pariser Platz das Problem der Umsetzung moderner Architektur an einem historischen Ort wider. Im eigentlichen Entwurf für den Pariser Platz war der Gedanke an das Erinnern an die Formsprache fürstlicher Paläste mit herrschaftlichen Auffahrten verankert. Leider hat die Umsetzung dieses Gedankens nur zu Teilen funktioniert.  

Auch wenn versucht wurde, den Stil der Vergangenheit am Pariser Platz zu kopieren, ist das mit den Neubauten Haus Sommer und Haus Liebermann nur mäßig gelungen. Und auch das Adlon weicht deutlich von seinem Vorgänger ab. 

Nicht zuletzt sind die Auflagen des Berliner Senats – wie beispielsweise eine Traufhöhe von 22 Metern, die Verwendung ausschließlich stehender Fenster, die vorgeschriebenen Sandsteinfassaden oder die Beschränkung der Glasflächen bei der Gestaltung von Fassaden – ausschlaggebend für die nicht immer gelungene Umsetzung. Seit dem Mauerfall jedenfalls haben nur wenige Orte in Berlin eine so drastische Veränderung erfahren, wie der Pariser Platz. 

Das Gebäude Ensemble am Pariser Platz Berlin

Das einstige Haus Sommer – ein dreigeschossiges Palais – ist heute Sitz der Commerzbank. Wo ehemals das Palais Blücher in unmittelbarer Nachbarschaft zum Brandenburger Tor, als damaliger Besitz des preußischen Justizministers seinen Standort hatte, befindet sich nun das eher schmucklose Gebäude der US-Botschaft. 

Zwischen US-Botschaft und der Akademie der Künste thront heute die Deutsche Bank. Auch deren Gebäude hat nicht viel mit dem einstigen barocken Charme des alten Pariser Platzes gemein. 

Von der früheren Akademie der Künste sind nur noch die Kellerräume erhalten. Diese teilt sich das moderne Gebäude der Akademie mit dem Hotel Adlon. Das Besondere an den Kellerräumen sind die an den Wänden verewigten Kunstwerke verschiedener Künstler. 

Nicht nur die Kriegsereignisse, sondern auch die in den Kellerräumen eingelagerte Kohle hatte die Wände des Akademie-Kellers schwarz gefärbt. Im Jahr 1957 entschlossen sich die Studenten der Meisterateliers der Akademie der Künste der DDR für den ersten Akademie-Fasching. 

Dafür wurden die Kellerräume als Partykeller umgestaltet und die schwarzen Wände mit Malereien versehen, die nach ihrer Wiederentdeckung im Zuge der Erneuerung des Pariser Platzes konserviert und der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht wurden. Für den Neubau der Akademie der Künste selbst war eine Sondergenehmigung nötig, da deren Entwurf gegen die Gestaltungsauflagen verstieß.

Das Hotel Adlon – ursprünglich 1907 eröffnet und im Zweiten Weltkrieg vollkommen ausgebrannt – konnte 1997 seine Gäste in neuem Gewand empfangen. Auch hier musste die einstige, kunstvoll gestaltete Fassade der Moderne weichen, so dass nur noch wenige historische Elemente am Gebäude zu finden sind. In den Jahren 2003 und 2004 erfuhr das Hotel jeweils eine Erweiterung, weshalb es heute zusammen mit der Adlon Residenz die an der Wilhelmstraße gelegene britische Botschaft von drei Seiten umrahmt. 

Den Platz des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Palais Beauvryé – dessen Mauerwerk mit dem eindrucksvollen Fassadenschmuck im Berliner Ostsektor abgerissen wurde – nimmt heute die französische Botschaft ein. Das Gebäude der französischen Botschaft folgt der seit 1994 gültigen Gestaltungssatzung des Pariser Platzes mit der Einhaltung der Traufkante und dem betonten Gebäudesockel. 

Der ehemalige Sitz der Dresdner Bank – das Gutenberg Haus – gehört nun dem Allianz-Forum. Hierbei handelt es sich um das erste am „neuen“ Pariser Platz fertiggestellte Gebäude.  

Das letzte Gebäude des Ensembles am Pariser Platz ist das Max-Liebermann-Haus, welches den Raum des Wohnhauses des Malers Max Liebermann einnimmt. Eigentlich sollte das Gebäude Anlehnung an das ehemalige Liebermann-Haus finden – jedoch als sogenannte „kritische Rekonstruktion“. 

Während man beim Wiederaufbau des Liebermann-Hauses also auf Säulen, Fenstersimse und andere Verzierungen verzichtete, so wurden doch die Abmessungen des früheren Gebäudes übernommen und der Neubau erinnert zumindest mit seiner Sandsteinfassade an den Klassizismus-Stil des Originals.

Der Pariser Platz im modernen Berlin

Mit seinen Sehenswürdigkeiten wie dem Brandenburger Tor oder dem berühmten Hotel Adlon spielt der Pariser Platz im Zentrum der Stadt eine wichtige Rolle in Berlin. Allein seine Lage zwischen dem Prachtboulevard Unter den Linden und der Straße des 17. Juni  sowie die unmittelbare Nachbarschaft zum Tiergarten, dem Reichstag und dem Holocaust-Mahnmal machen ihn zu einem Besuchermagnet – sowohl zur Tages- als auch zu nachtschlafender Zeit. Und so haben die Berliner und auch die Touristen den Pariser Platz trotz der architektonischen Kompromisse als „gute Stube“ Berlins längst wieder in Besitz genommen. 

 

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