Seit fast zwei Jahrzehnten wird über ein tragfähiges Nutzungskonzept für die Trabrennbahn Karlshorst im Berliner Bezirk Lichtenberg diskutiert. Anwohner*innen fürchten um den Verlust einer der letzten großen Freiflächen im Bezirk. 

Gegner der Wohnungsbaupläne auf dem Areal der Trabrennbahn fürchten das Ende des Pferdesports auf dem Areal der traditionsreichen Reitsportanlage in Karlshorst.

 

Im Stadtteil Karlshorst im Berliner Bezirk Lichtenberg ist eines der am häufigsten diskutierten Stadtentwicklungsprojekte die Zukunft des Areals rund um die Trabrennbahn Karlshorst.

Die Trabrennbahn Karlshorst ist eine historische, 37 Hektar große Anlage für Pferderennen im Ortsteil Karlshorst. Sie liegt an der Treskowallee in der Nähe des S-Bahnhofs Karlshorst. Die Rennbahn ist nach dem Vorwerk Karlshorst die älteste Ansiedlung in der Umgebung des Quartiers. Sie wird vom Pferdesportpark Berlin-Karlshorst e.V. als Sport- und Veranstaltungsstätte betrieben. Monatlich gab es vor Beginn der Corona-Pandemie durchschnittlich ein bis zwei Rennveranstaltungen auf der Trabrennbahn.

Plan des Bezirks: Wohnungsbau auf dem Gelände der Trabrennbahn

Dass die Wohnungsnot in Berlin groß ist, ist auch in Lichtenberg jedem bewusst, und so ist der Plan des Bezirks, auf Teilen des Geländes Wohnflächen zu errichten durchaus nachvollziehbar. Dennoch regt sich Widerstand aus der Bevölkerung gegen eine Bebauung der Freifläche mit Neubauwohnungen.

Pferdesport findet, wie oben beschrieben, auf der Anlage jedoch nur noch selten statt – vor allem seit den Beschränkungen durch die Corona-Pandemie. Mit der Trabrennbahn Mariendorf und der Galopprennbahn Hoppegarten gibt es zudem zwei attraktive Konkurrenten für Berliner Pferdesport-Events.

Auch die Eigentümer*innen des Areals wollen das Areal weiterentwickeln

Dennoch haben die Eigentümer*innen des Trabrennbahn-Geländes bekundet, das derzeit bestehende Angebot sichern zu wollen. Dafür haben sie sich zusammengeschlossen und sind mit dem Entwurf eines städtebaulichen Konzeptes an den Bezirk Lichtenberg herangetreten.

Das Konzept beinhaltet nicht nur die Sicherung der Trabrennbahn, sondern auch Wohnungsbau, Entwicklung von Gewerbeflächen und weitere Komponenten. Der Bezirks selbst hat erst vor zwei Tagen ein Mitteilungsschreiben an die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen versandt und beabsichtigt damit, die Änderung des Flächennutzungsplanes einzuleiten.

gemeinsame Areal-Entwicklung ist möglich, erfordert aber den Willen zum Dialog

Auch der Bezirk möchte also nach eigenem Bekunden die Trabrennbahn erhalten, aber auch Gewerbe- und Wohngebiete errichten sowie Flächen für soziale und kulturelle Nutzungen schaffen. Bezirk und Eigentümer*innen des Areals könnten das Areal also gemeinsam entwickeln.

Was auf den ersten Blick nach einer sinnvollen Weiterentwicklung des Geländes klingt, weckt bei Anwohner*innen und Bürgerinitiativen die Furcht vor einer zu dichten Bebauung der heutigen Trabrennbahn und der umgebenden Grünflächen.

“Bebauung gefährdet die letzte große Freifläche in Karlshorst”

Mit der Bebauung wäre der Reitsportstandort gefährdet, wertvolle Biotope würden zerstört und die Kaltluftschneise aus der Wuhlheide unterbrochen. Die letzte große Freifläche in Karlshorst würde den Investoreninteressen geopfert, statt sie im Sinne des Gemeinwohls zu entwickeln“ ist eine von vielen, ähnlich klingenden Meinungen zu einer möglichen Bebauung des Areals, die auf dem Portal karlshorst.de veröffentlicht wurden.

karlshorst.de ist eine von mehreren Plattformen, auf denen Bürger*innen für eine Freihaltung der Fläche bzw. eine moderate, nicht profitorientierte Bebauung des Rennbahngeländes plädieren. Baustadtrat Kevin Hönicke (SPD) und Antonio Leonhardt (Die Linke) betonten in einer kürzlich durchgeführten Online-Diskussion, dass der Standort weder akut bedroht noch eine Entscheidung über die Zukunft der Trabrennbahn gefallen sei.

Weitere Diskussionsrunde am 18. September

Ein weiterer Schritt zur Einigung auf einen gemeinsamen Weg für die Entwicklung des Geländes soll nun eine Diskussionsrunde am 18. September sein, wo die unterschiedlichen Beteiligten Gelegenheit erhalten sollen, ihre Standpunkte darzulegen. Wer Interesse an einer Teilnahme hat, kann sich hier dafür anmelden.

Eines scheint jedoch klar: Die Stadtentwicklungsprojekte der vergangenen Jahre, die nicht nur im Bezirk Lichtenberg umgesetzt wurden, haben bei den betroffenen Bürger*innen offenbar große Zweifel daran geweckt, dass der Bezirk hier ohne Profitinteresse handeln wird. Von Vielen wird befürchtet, dass weitere Flächen, die sich heute noch in öffentlicher Hand befinden, privatisiert werden.

Dennoch ist der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum trotz zahlreicher, erfolgreich umgesetzter Wohnungsbauprojekte auch im Bezirk Lichtenberg groß und ein schlichtes “Weiter so” für den Standort Karlshorst schwer vorstellbar. Wir werden die weitere Entwicklung dieser Diskussion begleiten.

Wie beeinflussen Trabrennbahnen die Raumentwicklungen? – Hier findet ihr das Taschenbuch einer empirischen, freizeitgeographischen Untersuchung von Jörg Finger.

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Der richtige Ort für Wohnungsbau? Auf dem Gelände der Trabrennbahn könnten bitter benötigte Wohnflächen entstehen. Der Bezirk möchte das Areal bebauen, die Rennbahn aber nach eigenem Bekunden weiter betreiben.

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4 Comments

  1. Volker Kühnhold 14. September 2021 at 21:44 - Reply

    Stadtentwicklung kann in Berlin nicht nur Bauen heissen. Wer mehr über die Probleme dazu in Lichtenberg und speziell Karlshorst lesen will, dem empfehle ich folgenden Artikel mit Hintergrundwissen:

    https://karlshorst.de/2021/06/30/karlshorst-ist-einsame-spitze-im-wohnungsbau/

  2. Volker Kühnhold 15. September 2021 at 10:22 - Reply

    Es gibt einen aktuellen Einwohnerantrag aus der Bürgerschaft, das der Flächennutzungsplan zur Trabrennbahn beibehalten und nicht verändert wird mit knapp 2000 Unterschriften. Interessierte können sich zur digitalen Einwohnerversammlung unter dem link unten anmelden (Termin 20.9.2021) Veranstalter sind die Initiatoren des Einwohnerantrages und der Karlshorst e.V.

    https://karlshorst.de/trabrennbahn/

  3. […] Trabrennbahn Karlshorst: Bebauung des historischen Areals oder nicht? […]

  4. Hans-Stefan Hudak 30. März 2022 at 17:47 - Reply

    Trabrennbahn Karlshorst – Damit verbinden sich bei mir schöne Erinnerungen. Ich bin beileibe kein sentimentaler Mensch, Berlin unterliegt nun mal einer stetigen Veränderung, und das ist gut so.
    Trotzdem sollte Karlshorst, als Austragungsort für Trabrennsport erhalten bleiben. Vielleich könnte man auch die eine oder andere Galopprennsportveranstaltung in Karlshorst austragen. Das würde auch die Wirtschaftlichkeit der Anlage steigern. Denn Karlshorst hat einen Vorteil gegenüber Hoppegarten und Mariendorf – sie liegt ziemlich zentral in Berlin und nicht “so weit vom Schuß” wie die beiden anderen Pferdesportarenen.
    Warum steigert man nicht die Attraktivität der Trabrennbahn mit Veranstaltungen, wie den Quadriga-Day oder Veranstaltungen des Westernreitens. Und Karlshorst ist wirklich eine “grüne Lunge” Lichtenbergs, das wirklich ziemlich “zubetoniert” ist.

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