Makkabi Berlin hat in der vergangenen Saison bundesweit für Furore gesorgt, als das Team als erster jüdischer Verein einen deutschen Landespokal erringen konnte. Aktuell jedoch steht der Verein vor allem aufgrund der angespannten Sicherheitslage im Zuge der Unruhen im Nahen Osten besonders im Fokus. Die Aufrechterhaltung von Trainings -und Spielbetrieb wird zum Balanceakt. TuS Makkabi bittet die Berliner Politik um Hilfe und sucht einen Weg, um mit der aktuellen Situation umgehen zu können.

Der Eingang zum Vereinsgelände von TuS Makkabi Berlin im Berliner Westend, Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. / © Foto: Wikimedia Commons

© Fotos: Wikimedia Commons, Canva
Text: Björn Leffler

 

Als der TuS Makkabi Berlin aus dem Charlottenburg-Wilmersdorfer Ortsteil Westend im vergangenen Jahr als erster jüdischer Verein einen deutschen Landespokal gewinnen konnte, sorgte dies bundesweit für Schlagzeilen. Bereits der Finaleinzug des Vereins hatte für mediales Aufsehen gesorgt und vielfältige Berichterstattung auch in renommierten Medien nach sich gezogen. Im Halbfinale hatten sich die Mannen von Trainer Wolfgang Sandhowe (69) überraschend mit 3:2 gegen den Regionalligisten Viktoria Berlin durchgesetzt.

Im Finale im gut gefüllten Mommsenstadion an der Waldschulallee standen sich mit Makkabi und Sparta Lichtenberg zwei Oberligisten gegenüber, die den Zuschauern ein packendes Landespokalfinale boten, in dem sich Makkabi durch zwei späte Tore erst kurz vor Ende der Verlängerung letztlich mit 3:1 durchsetzen konnte. Großen Anteil am Erfolg hatte auch Trainer Sandhowe, der im Vorfeld in einem Interview mit dem RBB betont hatte: “Ich bin ein ehrlicher, verrückter Trainer, das ist die beste Bezeichnung. Ich bin ein Freund von sehr vielen Kulturen. Für mich ist entscheidend, dass der Mensch, mit dem ich arbeite, in Ordnung ist. Darauf kommt es an.

Tus Makkabi Berlin orientiert sich nach oben: Regionalliga als mittelfristiges Ziel

Mit dieser Einstellung und einer fußballerisch talentierten Gruppe gelang im vergangenen Jahr also ein bis dato nicht für möglich gehaltener, sportlicher Coup im Berliner Amateurfußball. Doch für den TuS Makkabi könnte es in den kommenden Jahren durchaus auch noch höhere Ambitionen geben. Vereinsvorstand Michael Koblenz gab im Gespräch mit dem Fachmagazin Kicker zu, dass sich der Verein, der derzeit in der fünftklassigen Oberliga spielt (und dort nach acht Spielen den sechsten Platz belegt), derzeit mit dem Thema Regionalliga beschäftigt.

Und das nicht ohne Grund: Im vergangenen Jahr belegte das Team als Aufsteiger in die Oberliga einen sensationellen dritten Platz, doch der Verein hatte dann bereits während der Saison angekündigt, keine Lizenz für die Regionalliga beantragen zu wollen, da die wirtschaftlichen Voraussetzungen noch nicht gegeben waren. Dies sieht nun aufgrund der verbesserten Sponsorenlage – sicher auch im Zuge des begeisternden Erfolgs im Landespokal – anders aus. Der Verein hegt Ambitionen, in den kommenden Jahren noch höherklassiger zu spielen.

Tus Makkabi Berlin wurde 1970 in Berlin neu gegründet

Sportlich gesehen ist das ein Szenario, welches noch vor wenigen Jahren undenkbar schien. Noch in den 1990er Jahren trat die erste Herrenmannschaft in der Berliner Freizeitliga an. Der 1970 gegründete Verein geht zurück auf den 1898 gegründeten Verein Bar Kochba Berlin. Als damals erster jüdischer Verein des Deutschen Reichs verfügte Bar Kochba über einen selbst errichteten Sportplatz in Friedrichsfelde, der am im Mai 1914 vor rund 2.500 Zuschauern eröffnet und bis zum Umzug nach Marienfelde im Jahr 1926 betrieben wurde.

Bar Kochba Berlin zählte im Jahr 1930 bereits über 40.000 Mitglieder aus 24 Ländern, ehe er mit dem SC Hakoah Berlin fusionierte. In der Zeit des Nationalsozialismus hatte der Verein wie alle anderen jüdischen Institutionen auch mit Repressionen und Anfeindungen zu kämpfen. Nach der Reichspogromnacht 1938 wurden dem Verein sämtliche Wettbewerbsteilnahmen, auch gegen andere jüdische Verein, untersagt.

So hörte der Verein schließlich auf zu existieren und wurde erst über dreißig Jahre später neu gegründet, als Nachfolge-Organisation des einstigen Bar Kochba. Dadurch wurde die Tradition jüdischer Sportverein in Berlin gewissermaßen wiederbelebt. Der Verein mit seinen rund 600 Mitgliedern setzt sich heute trotz seines jüdischen Hintergrunds aber in starkem Maße für interkulturellen Austausch und Verständigung zwischen den unterschiedlichen Ethnien ein. Daher betonen die Verantwortlichen des Vereins, dass der Verein für alle Nationalitäten und Religionen offen steht und nicht nur für Menschen mit jüdischem Hintergrund eine sportliche Heimat sein soll.

2006 richtete der Verein die European Maccabi Football-Trophy aus

Trotzdem engagiert sich der Verein natürlich für jüdische Belange und wirkt aktiv an Veranstaltungen und Bewegungen mit. Vor etwa 17 Jahren richtete der Verein gemeinsam mit der European Maccabi Confederation und Makkabi Deutschland die jährlich stattfindende Maccabi-Football-Trophy aus. Das Turnier ist eine europäische Fußball-Meisterschaft für die Makkabi-Nationalmannschaften.

Derzeit muss sich Makkabi jedoch einer Situation stellen, die in der bisherigen Geschichte des 1970 neu gegründeten Vereins wohl einmalig ist. Das Oberliga-Spiel gegen die TSG Neustrelitz, welches am vergangenen Wochenende stattfinden sollte, wurde aus Sicherheitsgründen abgesagt. Am Mittwoch verkündete dann Vereinspräsident Alon Meyer in einem Interview mit dem Tagesspiegel, dass der gesamte Spiel- und Trainingsbetrieb eingestellt werde.

Makkabi Berlin bleibt hart: Trainings- und Spielbetrieb läuft weiter

Am Donnerstagmittag dementierte der Verein dies allerdings in einer Pressemitteilung wieder und stellte klar, dass der Spiel- und Trainingsbetrieb doch weiterlaufen werde, allerdings unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen. Die für den gestrigen Sonntag angesetzte Partie im Landespokal beim FSV Berolina Stralau fand ohne Zwischenfälle statt.

Trotz der Entscheidung, Trainings und Spiele auch weiterhin durchzuführen, sind Funktionäre, Spieler und Fans des Vereins alarmiert. Mannschaftskapitän Doron Bruck sagte dem Tagesspiegel: “Wir sind eine multikulturelle Truppe bei Makkabi, die Spieler kommen aus 16 verschiedenen Nationen. Aber weil wir ein jüdischer Verein sind, sind wir auch immer alarmiert.” Alle Spieler seien sich also ihrer Rolle bewusst und auch der möglichen Angriffsfläche, die sie bieten kann.

Präsident Alon Meyer: “Wir müssen Tagen folgen lassen!”

Dennoch will sich Makkabi nicht unterkriegen lassen, gerade in der jetzigen Situation. Präsident Meyer wurde in einem Interview mit der FAZ zudem sehr deutlich, was die politische Position des Vereins angeht. Auf die Frage, was zu tun sei, um den immer wieder aufkommenden Anfeindungen entgegenzuwirken, sagte er: “Wir müssen Taten folgen lassen! Dass wir diese Organisationen, Institutionen und Vereine, die nichts Besseres zu tun haben, als diese Unmenschlichkeiten noch zu feiern, dass wir die nicht noch weiter mit Steuergeldern unterstützen. Dass wir nicht zulassen, hier Demonstrationen und Kundgebungen, die die Vernichtung des Staates Israel und Judenhass im Allgemeinen propagieren, zu veranstalten, sondern sie mit aller Härte unseres Rechtsstaates bestrafen, um Freiheit und die demokratische Werteordnung vehement zu verteidigen.

Meyer ging damit auf eine pro-palästinensische Demonstration ein, die kurz nach Beginn des Hamas-Terrors in Berlin-Neukölln stattgefunden hatte. Doch auch in der Vergangenheit sah sich Makkabi immer wieder mit Angriffen von außen konfrontiert, wie Michael Koblenz gegenüber dem Kicker bestätigte: “Es gibt immer wieder antisemitische Äußerungen, auch wenn es in meiner Wahrnehmung mittlerweile besser geworden ist. Aber klar: Wenn ein muslimischer Spieler zu mir kommt und sagt, er könne nicht für uns spielen, weil er Angst vor der Reaktion der Familie habe, ist das traurig. Ich habe größten Respekt vor denen, die es doch tun.

Politik muss die mutige Arbeit von Makkabi Berlin in besonderem Maß unterstützen

Dass TuS Makkabi Berlin seinen mutigen Weg als jüdisches Aushängeschild im Berliner Sport weitergeht, muss gesellschaftlich als unabdingbar angesehen werden – und deswegen auch von der Berliner Politik und den verantwortlichen Sicherheitsorganen in besonderem Maße geschützt und unterstützt werden. Denn letztendlich ist Makkabi eben, wie die Verantwortlichen immer wieder  betonen, kein rein jüdischer Verein, sondern eine sportliche Institution, die einen wichtigen Beitrag für Integration und Verständigung leistet.

Wie das in der Praxis funktioniert, erläuterte Michael Koblenz an einem Beispiel anschaulich: “Bei einem Tor wird zum Beispiel eine israelische Tormusik gespielt. Wenn Moslems, Atheisten, Christen und Juden gemeinsam zu diesem Song feiern, ist das für uns ein super Gefühl. Denn genau diese Völkerverständigung – auch wenn sie losgelöst von der Religion zu betrachten ist – gehört zu unserer Identität.

Pokalgegner FVS Berolina Stralau solidarisiert sich mit TuS Makkabi

Der Gegner im Landespokal, der Friedrichshainer FSV Berolina Stralau, hatte sich bereits im Vorfeld mit seinem Gegner aus dem Westend solidarisiert und freute sich natürlich, dass das Spiel auf der Elke-Lasker-Sportanlage unweit des Bahnhofs Ostkreuz stattfinden konnte.

Auf seiner Website veröffentlichte der FSV folgendes Statement: “We stand with you, Israel! Wir stehen an Eurer Seite, liebe Sportfreund*innen von Makkabi Berlin!” Es ist genau diese Form der Solidarität, die der Verein TuS Makkabi im Moment am besten gebrauchen kann. Immerhin: Makkabi setzte sich souverän mit 4:1 durch und zog in die nächste Runde ein.

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Quellen: Kicker, RBB, Der Tagesspiegel, Tus Makkabi Berlin, Wikipedia, BILD, Frankfurter Allgemeine Zeitung, FSV Berolina Stralau

 

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One Comment

  1. Dr. Anthony R Flambard 17. Oktober 2023 at 13:47 - Reply

    Was hat dies mit der bauliche Entwicklung Berlins zu tun?

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