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Breitenbachplatz: Autobahn-Abriss bis 2026, doch Brückenpfeiler bleiben

Am Breitenbachplatz in Berlin-Dahlem befinden sich zwei Bauwerke aus den 1970er Jahren, deren Zustand bedenklich ist. Während der Autobahntunnel Schlangenbader Straße saniert werden soll, ist der Abriss der längst geschlossenen Autobahnbrücke schon beschlossen. Doch ganz so einfach ist der Rückbau nicht, wie eine genauere Betrachtung der Situation zeigt.

Eine riesige, breite Autobahnschneise zieht sich in Berlin-Dahlem durch den historischen Breitenbachplatz. Das marode Bauwerk soll bis 2026 abgerissen werden. Doch was kommt dann? / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

© Fotos: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN
Text: Björn Leffler

 

Das Thema Autobahn-Bau gehört in Berlin zu den schwierigsten und am meisten diskutierten Stadtentwicklungsthemen der vergangenen Jahre. Allein der Weiterbau der Autobahn A100, vom zukünftigen Abschluss am Treptower Park weiter bis zur Storkower Straße, erhitzt die Gemüter vieler Berlinerinnen und Berliner, die sich entweder für oder gegen gegen die Weiterführung des Projekts aussprechen.

Im Berliner Südwesten hingegen geht es nicht um einen Autobahn-Neubau, sondern um den möglichen Rückbau einer lange bestehenden Autobahntrasse, die sich vorwiegend durch den Bezirk Steglitz-Zehlendorf zieht.

Breitenbachplatz: 1980 eingeweihte Autobahnbrücke ist längst marode

Der Bau der Stadtautobahn wurde seit Ende der 1950er Jahre auch durch dicht besiedelte Wohngebiete der Westhälfte Berlins geführt und hat dadurch mitunter überdimensionierte Trassen geschaffen, die von vielen Anwohnerinnen und Anwohnern in den betroffenen Stadtquartieren seit Jahren als nicht mehr zeitgemäß angesehen werden.

Beispielhaft für diese Entwicklung steht die Autobahnbrücke über dem Breitenbachplatz im Ortsteil Dahlem. Das 1980 eingeweihte Bauwerk dominiert den Stadtplatz vollends, wirkt in seiner Massivität aber tatsächlich deplatziert. Längst ist politisch beschlossen, dass das Bauwerk abgerissen werden soll, um den historischen Breitenbachplatz anschließend neu zu gestalten.

Dahlem: Autobahn-Abriss ist bereits beschlossen, hat aber eine Fußnote

Doch ganz so einfach ist die Angelegenheit nicht. Zwar hat die Senatsverkehrsverwaltung mitgeteilt, dass das Bauwerk definitiv abgerissen werde und nicht erhalten werden kann, doch das Bauwerk wird vorerst nicht gänzlich verschwinden.

Bis 2026 soll die marode Trasse abgetragen werden, in diesem Sommer sollen die Bauarbeiten beginnen, nach einem jahrzehntelangen Tauziehen zwischen Bezirkspolitikern, Anwohnern und Berliner Senat. Doch ein Teil des Bauwerks soll stehen bleiben, wie die Senatsverwaltung bestätigt hat.

Die Stützpfeiler der Autobahntrasse sollen vorerst stehen bleiben

Bereits im Rahmen einer Bürgerveranstaltung in der Steglitzer Schloßstraße, an der auch Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) teilgenommen hatte, wurde verkündet, dass die Trasse zwar abgerissen werde, die Stützpfeiler vorerst aber erhalten bleiben sollen.

Grund dafür soll laut Berliner Morgenpost ein Verkehrsgutachten sein, welches belegen soll, dass die Hochstraße definitiv nicht mehr gebraucht werde. Nach Auskunft der Senatsverkehrsverwaltung soll aber während der Bauarbeiten ermittelt werden, ob die Pfeiler  überhaupt die baulichen Voraussetzungen mitbringen, erhalten zu bleiben und ob sie auch zukünftig gebraucht werden, um einen neuen Autobahnzubringer oder sogar alternative Nutzungen auf ihnen zu errichten.

Ein möglicher Abriss der Pfeiler hängt von mehreren Faktoren ab

Möglich ist also, dass die Pfeiler während des laufenden Abrisses doch abgerissen werden. Das hängt von ihrer Bausubstanz und dem Ergebnis der Studie ab, die zeitgleich erstellt werden soll. Im Rahmen der Bürgerinformation sorgte diese Information jedoch für großen Unmut, ein Teilnehmer nannte diese Vorgehensweise gar “Schildbürgerstreich“.

Der Autobahntunnel Schlangenbader Straße, der unter einem Wohnkomplex verläuft, soll aber definitiv weiterhin genutzt werden, trotz seines sanierungsbedürftigen Zustands. Lange wurde darüber diskutiert, ob der Tunnel womöglich dauerhaft geschlossen werden soll.

Der Autobahntunnel Schlangenbader Straße wird saniert

Manja Schreiner jedoch hatte bereits im vergangenen Jahr betont, dass der Berliner Senat auf eine Sanierung des Tunnels setzt, um die umliegenden Quartiere vom Durchgangsverkehr zu entlasten. Obwohl die Planung bereits im Gang ist, schätzt die Verwaltung, dass es noch vier Jahre dauern wird, bis die zeitaufwändigen und kostenintensiven Arbeiten abgeschlossen werden können.

Wenn man die beiden Bauwerke am Breitenbachplatz aus der Bauepoche der 1970er Jahre heute besucht, wird zumindest optisch schnell klar, wie stark die verwendeten Baumaterialien mittlerweile beansprucht worden sind und dass eine Modernisierung der dortigen Infrastruktur im Grunde unumgänglich ist.

Bezirk Steglitz-Zehlendorf will den Breitenbachplatz neu gestalten

Während die Erhaltung des Autobahntunnels Schlangenbader Straße für die künftige Verkehrsführung absolut sinnvoll erscheint, ist ein Wiederaufbau der breiten Autobahnbrücke kaum vorstellbar, denn das Bauwerk wirkt vor allem in seinem mangelhaften Bauzustand aber auch durch seine Ausdehnung vollkommen fehl am Platz.

Den Verkehrsplanern wird nach dem Abriss aber die Aufgabe gestellt, wie der motorisierte Verkehr zukünftig intelligent über den Breitenbachplatz und durch die angrenzenden Quartiere geführt werden kann. Diese Aufgabe sollte zumindest konzeptionell gelöst sein, bevor die Sanierung des Autobahntunnels Schlangebader Straße abgeschlossen und der Abriss der Autobahnbrücke vollendet ist.

Senatsbaudirektori Petra Kahlfeldt positionierte sich indes zuletzt eindeutig für einen vollständigen Abriss der ehemaligen Autobahnbrücke samt Stützpfeiler und nannte es einen “Aprilscherz“, dass man die Pfeiler noch länger stehen lassen wolle. Sie betonte, dass vor allem der Bezirk Steglitz-Zehlendorf großes Interesse an einer Neugestaltung des Breitenbachplatzes habe – ohne Autobahnbrücke.

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Soll aufwendig saniert werden: Der Autobahntunnel Schlangenbader Straße. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

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Quellen: Senatsverwaltung für Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz, Berliner Morgenpost, Der Tagesspiegel, Wikipedia, RBB, Patzschke Planungsgesellschaft mbH, Architekten und Ingenieurverband Berlin-Brandenburg

 

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9 Kommentare

  1. Heinrich Mueller April 8, 2024

    Sehr schade, dass die Autobahn abgerissen wird. Sie hat die ganze Gegend enorm entlastet. Auch die Frequenz in der Schlossstraße leidet unter den ausbleibenden Besuchern, die früher über die A104 kamen. Hier hat sich die kleiner Rentner NIMBY-Clique durchgesetzt zum Schaden aller.

  2. Heinrich Mueller April 8, 2024

    >>Senatsbaudirektori Petra Kahlfeldt positionierte sich indes zuletzt eindeutig für einen vollständigen Abriss der ehemaligen Autobahnbrücke<<

    Es ist bekannt, dass SPD-/CDU-nahe Investoren um den Architekten- und Ingenieurverein unbedingt die Strecke überbauen wollen, um massiv Geld zu machen. Schade, dass der Senat das mit sich machen lässt.

  3. Heinrich Mueller April 8, 2024

    >>Im Rahmen der Bürgerinformation sorgte diese Information jedoch für großen Unmut, ein Teilnehmer nannte diese Vorgehensweise gar “Schildbürgerstreich“.<<

    Leider konnte ich wie Hunderter anderer Menschen nicht an dieser "Bürgerinformation" teilnehmen. Wegen Überfüllung wurden wir abgewiesen. Leider konnte ich nicht früher als 17 Uhr von meiner Arbeit weg. War wohl nur eine Information für Rentner und Arbeitslose (die finden den Abriss natürlich toll)…

  4. Susanne Faire April 9, 2024

    Ich wohne direkt mittendrin in diesem, für mich völlig undurchdachten, Chaos. Es fängt mit Problemen an, dass zwei kleine Nebenstraßen (30er Zone) nun zum Umfahren genutzt werden. Dieser Verkehr ist extrem gestiegen, so gut wie niemand hält sich hier an die Richtgeschwindigkeit. Viele denken scheinbar, unsere Straßen sind nun die neue Autobahn. Was für mich ebenfalls nicht schlüssig ist, warum man neue Einbahnstraßen errichtet, wenn alle nur in eine Richtung führen, dass macht doch keinen Sinn. Jedesmal bin ich genervt, weil ich nun einen beträchtlichen Umweg fahren muss. Warum kann man den Verkehr nicht so umleiten, dass er im Kreis geführt wird ?
    Des Weiteren wurden nun Einbahnstraßen eingerichtet und da man uns Autofahrer scheinbar für total blöd hält, wurden noch Extra Radwege aufgemalt. Für was ist das denn nun gut ?
    Der Tunnel soll erhalten werden ? Für was, wenn man die Brücke abreißt ? Man kann so eine Entscheidung, den Tunnel für immer zu schließen, natürlich vereinfachen in dem man diese Strecke schließt und ihn einfach verrotten lässt, dann steht natürlich einer Schließung später nichts mehr im Weg.
    Ich persönlich fühle mich hier, als wenn man uns für dumm verkauft.
    Tatsächlich ist nun die Schildhornstrasse in Richtung Steglitz wie ausgestorben und die Schloßstraße hat seine besten Zeiten wohl damit auch hinter sich, denn ein Geschäft nach dem anderen schließt. Wie toll, ich frage mich wie weit wir dann alle fahren müssen, um einkaufen zu gehen.
    Aber auch hier hat sich der Bezirk erst einmal ganz viel Mühe gegeben und an einer Kreuzung einen weiteren 3. Blitzer aufgestellt. Dieser wurde dann zunächst für Monate gar nicht eingesetzt, kurz danach wurde der Tunnel zugemacht, sodass so gut wie kein Verkehr besteht, außer die Leute die hier wohnen. Was für ein sinnlos verschwendetes Geld auch in unserem Bezirk.
    Aber nach dem Sinn soll man hier wohl auch nicht fragen bzw. ist ja Denken sowieso nicht mehr erwünscht.

  5. Susanne Faire April 9, 2024

    Diesen ganzen Mist hat Frau Jarasch uns noch als Abschiedsgeschenk hinterlassen. Auf einer Seite das Theater mit dem Breitenbachplatz, auf der anderen Seite der unsinnige Abriss des Heizkraftwerkes und der Abriss auf dem ehemaligen Gelände von Reemtsma……ein Trauerspiel.

  6. BurkanSerkan April 9, 2024

    Wann wird der Tunel wieder aufgemacht?

  7. T. Seidel April 9, 2024

    Die kurze BAB 104 ist eine bedarfsgerecht leistungsfähige, unverzichtbare Verbindung der Anwohner in den Friedenauer, Rheingauviertel-, Dahlemer und Schmargendorfer Kerngebieten mit ihren sehr schmalen historischen Straßen und den städtischen “Hauptschlagadern” BAB 100, 115, 111. Zugleich ist die BAB 104 die einzige leistungsfähige Verbindung vom Norden mit der Einkaufsmeile Schloßstraße und wichtige Grundlage der lokalen Wirtschaftsförderung.
    Erst diese Schnellstraßen ermöglichen die Entlastung dieser Wohngebiete vom Durchgangsverkehr und sind der entscheidende Faktor der Umweltschonung.
    Nach Abriss und Rückbau können die umgebenden Stadtstraßen keinesfalls diesen individuellen Mobilitätsbedarf zusätzlich übernehmen. Die so verursachte Überlastung dieser Straßen vervielfacht die Umweltbelastung mit sämtlichen relevanten Parametern.

    Und das ist das Perfide dieser Generation 25- bis 40-jähriger Fahrradfans und Öko-Aktivisten, die mit der Verkehrsplanung ihre ideologisch-doktrinäre politische Spielwiese fanden: Sie als kleine Minderheit WOLLEN mit dem Abklemmen der Schlagadern den “Infarkt” verursachen, um die Mehrheit – die Älteren, Kranken, Mehrkinder-Familien, Einzelunternehmer – auf das Fahrrad zu nötigen, und anstrengende bis unmögliche Lasten-Touren bewältigen, während 1/3 jedes Jahres kein vernünftiger Mensch hierzulande radfahren will. Klientelpolitik schadet jedem Einzelnen und unserem Land.

  8. T. Seidel April 9, 2024

    Die bestehende BAB 104 ist mit je 2 Fahrspuren keinesfalls “fehl am Platz”. Mit dieser “Ausdehnung” ist sie innerstädtisch fast überall auf dieser Welt “zeitgemäß”, außer in der Meinung dieser von einer lautstarken Minderheit unterstützter Verkehrsplaner und für diesen Autor dieser Reportage.
    Eine die Anforderungen ALLER Bevölkerungsgruppen erfüllende und somit bedarfsgerechte Verkehrsplanung würde anstelle der bestehenden Rampe die Hochstraße mit Lärmschutzwänden kreuzungsfrei über der Schildhornstraße bis zur Steglitzer BAB 103 verlängern: So würden alle Emissionen der Abgase und der Geräusche sinken. Kontinuierlich mit mäßiger Geschwindigkeit fahrende Kfz nutzen die Ressourcen Treibstoffe und E-Szrom optimiert effizient. Die imnerstädtische Schildhornstraße wird niemals ein Erholungsgebiet werden, aber mit einer Hochstraße entstehen Grün- und Freiflächen sowie komfortable Fuß- und Radwege dort, wo jetzt laustarkes, umweltbelastendes Stop & Go der Alltag ist.

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