Wie der Breitenbachplatz nach dem geplanten Abriss der Autobahn A104 gestaltet werden könnte, wollte der Architekten- und Ingenieurverein zu Berlin-Brandenburg im Rahmen des Schinkel-Wettbewerbs 2023 herausfinden. Herausgekommen sind zahlreiche kreative und spannende Lösungen, die nun öffentlich diskutiert werden sollen.
© Visualisierung: Aneliya Kavrakova, Mary Lee, Sue Yen Chong, Dienu Amriza Prihartadi (Universtiy of Edinburgh) / Architekten- und Ingenieurverein zu Berlin-Brandenburg
Text und Fotos: Björn Leffler
Über die Folgen des geplanten Abrisses der ehemaligen Autobahntrasse am Breitenbachplatz in Berlin-Dahlem ist in den vergangenen Jahren viel geschrieben und viel diskutiert worden. Der Architekten- und Ingenieurverein zu Berlin-Brandenburg (AIV) hat das Thema bereits vor mehreren Jahren aufgegriffen.
Doch nicht nur der AIV, sondern viele Anwohnergruppen, Initiativen und auch Vertreter der Bezirkspolitik fordern seit über einem Jahrzehnt den Abriss des maroden Bauwerks, welches sowieso abgerissen und im Zweifel komplett neu gebaut werden müsste.
Autobahnbrücke am Breitenbachplatz in Dahlem ist so oder so abrissreif
Noch-Verkehrssenatorin Jarasch hatte jedoch bereits Ende 2022 angekündigt, dass die in den 1970er Jahren errichtete Trasse abgetragen und nicht durch eine neue Autobahn ersetzt werden soll. Vielmehr soll das Ziel sein, den Breitenbachplatz und die frei werdenden Flächen neu zu erfinden und zu reurbanisieren.
Entsprechend äußerten sich auch Tobias Nöfer und Robert Patzschke in einem Interview mit ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN, welches auch im vom AIV publizierten Magazin mit dem Titel „Stadt statt A104“ abgedruckt worden ist.
Der AIV machte die A104 zum Thema des Schinkel-Wettbewerbs 2023
Um das Thema zu forcieren und weiter präsent zu halten, machte der AIV den Rückbau der A104 am Breitenbachplatz zum Thema des AIV-Schinkel-Wettbewerbs 2023. Seit 1855 richtet sich der AIV-Schinkel-Wettbewerb als Förder- und Ideenwettbewerb jährlich an junge Planerinnen und Planer, um deren Kreativität für die Lösung zukunftsorientierter Planungsaufgaben zu wecken.
Neben der Förderung des technisch-wissenschaftlichen Nachwuchses soll der Wettbewerb also einen Dialog zwischen Stadtöffentlichkeit, Fachleuten, Verwaltung und Politik initiieren. Die dabei entstehenden Entwürfe sind aber in keiner Weise bindend, sondern sollen lediglich einen Denkanstoß für die künftige Gestaltung des Areals im Südwesten Berlins geben.
Was soll mit dem entstehenden Freiraum am Breitenbachplatz geschehen?
Denn die zentrale Frage des Wettbewerbs war, was mit dem neu entstehenden Freiraum am Breitenbachplatz künftig eigentlich geschehen soll. Eine spannende Frage, auf die es zahlreiche und sehr kreative Antworten gab.
Gesche Gerber und Ernst-Wolf Abée, Vorsitzende des AIV-Schinkel-Ausschusses, äußerten sich wie folgt zum Ergebnis des Wettbewerbs: „Wir haben uns sehr gefreut, dass in diesem Jahr mehrere internationale Beiträge unter den prämierten Arbeiten sind. Der Schinkelpreis Architektur wurde an eine beeindruckende Arbeit von vier Studierenden der University of Edinburgh vergeben, die zusätzlich mit einem Reisestipendium ausgezeichnet wurden.“
100 Beiträge zur Neugestaltung des Breitenbachplatzes wurden eingereicht
Eingegangen waren über 100 Beiträge von jungen Planerinnen und Planern, von denen 13 Arbeiten ausgezeichnet wurden. Besonders lebhaft hat die Jury die Arbeit „AufKläranlage“ diskutiert, die sich nicht ausschließlich mit der Autobahntrasse am Breitenbachplatz beschäftigt, sondern einen einen überraschenden Lösungsansatz für 150 Millionen Liter Abwasser bietet, welche jährlich in der Autobahnüberbauung Schlangenbader Straße anfallen.
Die vorhandenen Autobahntunnel und Parkebenen im Inneren des Gebäudekomplexes könnten demnach zu einer Abwasser-Kläranlage umgewidmet werden. Auf dem Betontrog der Autobahnstrecke nach Süden bis zur Schildhornstraße würde ein artenreich bepflanztes Biotop zur Filterung des Grauwassers und zur Verdunstung und unmittelbaren Rückführung in das lokale Wassermanagement entstehen.
Auch über die Zukunft des Tunnels Schlangenbader Straße wird nachgedacht
Die drei Verfasser dieser Arbeit ergänzten ihre städtebauliche Studie durch einen „Blauen Campus“ für Studierende aus der nahegelegenen FU Berlin mit einer Mensa, einer Bibliothek und einen sogenannten „Wasserboulevard“.
Die Beschäftigung mit dem Autobahntunnel Schlangenbader Straße kommt nicht von ungefähr. Denn auch der Tunnel könnte entweder erhalten bleiben und weiter vom Verkehr genutzt werden oder vollständig geschlossen werden – beide Optionen werden derzeit geprüft.
Eine Schließung des Tunnels würde am Breitenbachplatz weiteren Raum zur Umgestaltung bieten, da die Verkehrsflächen stärker reduziert werden könnten. Sollte diese Variante umgesetzt werden, müssten die Verkehrsströme, die heute durch den Tunnel fließen, aber anderweitig aufgefangen werden. Keine einfache Aufgabe.
Prämierter Entwurf: Nachhaltige Nutzung des urbanen Raums am Breitenbachplatz
Der prämierte Entwurf der Fachsparte „Architektur“ (siehe Titelbild oben) für den Breitenbachplatz setzt auf eine stark nachhaltige Nutzung des Areals, was bei der Jury ganz offenbar besonders gut ankam.
Zum siegreichen Entwurf äußerte sich die Jury wie folgt: „Die Arbeit ‚Berlin’s Urban Bio-Loop‘ überzeugt durch die Würdigung des
Bestandes unter der Einbeziehung der aktuellen Fragestellungen, wie dem demografischen Wandel, der Umnutzung der Relikte der autogerechten Stadt, der Kreislaufwirtschaft und regenerativer Landwirtschaft im urbanen Kontext. Diese zukunftsorientierten Nutzungen in den großen Bestandsstrukturen werden behutsam durch ein offenes Entwicklungskonzept ergänzt.“
Weitere Arbeiten wurden in Kategorien wie „Städtebau“, „Landschaftsarchitektur“ oder „Freie Kunst“ ausgezeichnet. Alle prämierten Arbeiten des Wettbewerb werden ab Montag in der Aula 206 der Universität der Künste (Hardenbergstraße 33) ausgestellt und sind vom 13. bis 26. März 2023 täglich in der Zeit von 9:00 bis 20:00 Uhr zu besichtigen.
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Quellen: Patzschke Planungsgesellschaft mbH, Architekten und Ingenieurverband Berlin-Brandenburg, Berliner Morgenpost, ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN, Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz
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