Ab 2025 soll die 1978 errichtete Neue Gertraudenbrücke in Berlin-Mitte abgerissen und durch einen schmaleren Neubau ersetzt werden. Dabei soll auch der Spittelmarkt neu gestaltet und zwei weitere Brückenbauwerke saniert werden. Ab 2028 soll die Straßenbahn über die neue Brücke zum Potsdamer Platz rollen.
© Visualisierung: sbp – schlaich bergermann partner / Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz
Text: Björn Leffler
Die Neue Gertraudenbrücke in Berlin-Mitte ist in ästhetischer Hinsicht kein Meisterwerk, sondern sie erfüllt schlichtweg ihren Zweck. Die Brücke wurde in den 1970er Jahren durch die DDR im Zuge der Neuordnung des Straßenzuges Leipziger Straße – Spittelmarkt – Gertraudenstraße errichtet.
Die heutige Brücke besteht aus zwei Teilbauwerken und überspannt den Spreekanal. Nach Untersuchungen im Jahr 2019 wurde festgestellt, dass eine Sanierung des Brückenbauwerks aufgrund der gravierenden, vorhandenen Schäden am Tragwerk nicht möglich ist. Die Brücke muss in den kommenden Jahren abgerissen und neu gebaut werden.
Neue Gertraudenbrücke in Berlin-Mitte: Abriss und Neubau ist nötig
Damit der Verkehr auf der für den Innenstadtverkehr so wichtigen Achse über Leipziger Straße, Mühlendamm und Grunerstraße halbwegs ungestört weiterlaufen kann, wurde die Brücke für den Schwerlastverkehr gesperrt und eine Spurverringerung umgesetzt.
Es ist nicht das einzige Brückenprojekt in der Berliner Innenstadt. Nur wenige Meter weiter laufen die Planungen für die ebenfalls abrissreife, deutlich größere Mühlendammbrücke auf Hochtouren. Und an einer anderen Spreequerung, zwischen Friedrichshain und Teptow, läuft bereits der aufwendige Neubau der Elsenbrücke.
Baufällig DDR-Brücken in Berlins Zentrum müssen abgerissen und neu gebaut werden
Alle diese Bauwerke eint, dass sie zur gleichen Zeit und in sehr ähnlicher Bauweise entstanden sind. Bei der Neuen Gertraudenbrücke handelt es sich um eine Stahlträger-Konstruktion. Für die Gestaltung des Neubaus wurde in den vergangenen Monaten ein Realisierungswettbewerb durchgeführt.
Bevor dieser überhaupt begonnen hatte, gab es bereits deutliche Kritik vor allem von Anwohnerinnen und Anwohnern der Fischerinsel am Vorhaben, den Neubau mit einer Breite von 35 Metern errichten zu wollen. Es ist genau die Breite, die auch die heutige Brücke hat.
“Autobahn-Charakter”: Anwohner kritisierten die geplante Breite der Brücke
Genau diese Überdimensionierung der Brücke führte in den Augen vieler Anwohnerinnen und Anwohner aber auch nach Meinung von Stadtentwicklungsexperten zum “autobahnähnlichen Charakter” der 1978 fertiggestellten, heutigen Brücke. Dieser städtebauliche Fehler solle nach ihrer Ansicht nicht wiederholt werden.
Diese Eingaben flossen nun auch in den durchgeführten Wettbewerb ein, der in der vergangenen Woche nach einer aktuellen Presseinformation der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz entschieden worden ist. Durchgesetzt hat sich das in Berlin ansässige Büro schlaich bergermann partner.
Gertraudenbrücke: Berliner Ingenieurbüro gewinnt europaweiten Wettbewerb
Am vergangenen Donnerstagabend kürte das Preisgericht aus neun Preisrichtern – darunter Architekten, Ingenieure und Vertreter aus den Fachverwaltungen in Land und Bezirk – mit großer Mehrheit den Vorschlag des Berliner Ingenieurbüros zum Siegerentwurf.
Insgesamt hatten sieben Büros an dem europaweit ausgeschriebenen Wettbewerb teilgenommen. Das nun gewählte Konzept denkt nicht nur den Neubau der Brücke, sondern auch die Gestaltung des angrenzenden Spittelmarkts mit, was letztlich die Jury überzeugen konnte.
Berlin-Mitte: Auch der Spittelmarkt soll neu gestaltet werden
Das ausgewählte Konzept schlägt vor, den Spittelmarkt von allen trennenden Böschungen zu befreien, die beim autogerechten Ausbau der Stadt in den 1960er und 1970er Jahren geschaffen wurden. So soll dieser zentrale Platz im Zetrum Berlins wieder sehr viel schöner, grüner und alltagstauglicher werden.
Der Neubau soll nun auch deutlich schmaler werden als das bisherige Bauwerk, was auch der historischen, denkmalgeschützten Alten Gertraudenbrücke aus dem Jahr 1895 zugute kommen soll, die neben dem maroden Neubau verläuft. Die Alte Gertraudenbrücke soll im Zuge des Bauvorhabens auch saniert werden.
Auch Alte Gertraudenbrücke und Spittelmarktbrücke müssen saniert werden
Ebenfalls erneuert werden muss wegen der geplanten Straßenbahn die Spittelmarktbrücke, die als überschüttetes Bauwerk den Tunnel der U-Bahnlinie U2 überspannt. Baubeginn für beide Spreebrücken soll spätestens Anfang 2025 sein. Den genauen Termin will die Senatsverwaltung mit dem Abschluss der Planung bekannt geben.
Die zum Zeitpunkt der Präsentation noch amtierende Verkehrssenatorin Bettina Jarasch kommentierte das Wettbewerbsergebnis wie folgt: “Der Siegerentwurf für die Neue Gertraudenbrücke wertet den gesamten Stadtraum an diesem bisher so unwirtlichen Ort entscheidend auf: Die neue Konstruktion wirkt leicht und schlank, sie schafft eine Zugänglichkeit und Barrierefreiheit, die es an diesem Spreeübergang jahrzehntelang nicht gab. Und es ist eine echte Verkehrswendebrücke, denn sie wird die Straßenbahn vom Alexanderplatz zum Potsdamer Platz aufnehmen, attraktive Rad- und Fußwege bieten und den Autoverkehr reduzieren helfen.”
Ab 2028 soll die Tram vom Alexanderplatz zum Potsdamer Platz fahren
Bis die Straßenbahn über die Neue Gertraudenbrücke vom Alexanderplatz bis zum Potsdamer Platz rollt, soll es jedoch noch etwas dauern. Aktuelle Planungen gehen davon aus, dass die Strecke im Jahr 2028 eröffnet wird.
Voraussetzung dafür ist aber nicht nur der Neubau der Neuen Gertraudenbrücke, sondern auch die Neugestaltung der benachbarten, deutlich größeren Mühlendammbrücke. Auch hier liegt aber bereits ein konkreter Wettbewerbssieger vor. In den kommenden Jahren wird es auf dem Mühlendamm für Autofahrer also ungemütlich, denn beide Brückenprojekte werden sich zeitlich überschneiden.
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Quellen: Berliner Woche, sbp – schlaich bergermann partner, Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz
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