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Magnetbahn: Berliner Senat will auf Transportsystem Max Bögl setzen

Die CDU plant den Bau einer fünf Kilometer langen Pilotstrecke für den Einsatz einer Magnetbahn in der Berliner Innenstadt. Realisiert werden soll das Projekt mit dem neuartigen Transportsystem Max Bögl, welches im Vergleich mit früheren Technologien flexibel einsetzbar und schnell umsetzbar sein soll.

Könnte so eine mögliche Magnetbahn-Station auf einer Pilotstrecke in der Berliner Innenstadt aussehen? / © Visualisierung: Graft Architects

© Visualisierungen: Graft Architects
Text: Björn Leffler

 

Gestern berichteten wir über den möglichen Bau einer Magnetbahn im Zentrum Berlins. Der Berliner Senat, genauer gesagt die Berliner CDU, möchte in der deutschen Hauptstadt den Bau einer Magnetbahn-Pilotstrecke realisieren, um ein neues, alternatives Verkehrsmittel für den öffentlichen Nahverkehr zu etablieren.

Dies ließ nach Informationen des Tagesspiegels sowie der Berliner Zeitung der CDU-Fraktionsvorsitzende Dirk Stettner verlautbaren. Die Pläne kommunizierte die Berliner CDU zwar nicht in Absprache mit dem Koalitionspartner SPD, doch dieser zeigte sich in einem ersten Statement offen für ein solches Projekt.

Berlin: Neubau einer Magnetbahn für 80 Mio. Euro geplant

Für rund 80 Millionen Euro soll eine fünf bis sieben Kilometer lange Trasse innerhalb der Innenstadt umgesetzt werden. Das mediale Echo auf die publizierten Pläne war groß, es wurde bundesweit über das Bauvorhaben berichtet – und überwiegend große Skepsis ob einer tatsächlichen Realisierbarkeit der Verkehrsvision geäußert.

Nach Informationen des Portals magnetbahn.org soll für das Projekt das neuartige Transportsystem Max Bögl der gleichnamigen Firmengruppe verwendet werden.

Magnetbahn: Transportsystem Max Bögl soll zum Einsatz kommen

Im Auftrag von Max Bögl hatte das Berliner Architekturbüro Graft bereits Anfang 2021 die Visualisierung einer Magnetschwebebahn in einem urbanen Kontext veröffentlicht und sich das derzeit durch Baustellen geprägte Umfeld des Berliner Hauptbahnhofs ausgesucht.

Das Unternehmen Max Bögl ist mit 6.500 Mitarbeitern an weltweit 40 Standorten und einem Jahresumsatz von über zwei Milliarden Euro eines der größten Bauunternehmen der deutschen Bauindustrie. Das Unternehmen konzipiert und produziert Eigenentwicklungen zu Themen wie erneuerbare Energien, Urbanisierung, Mobilität und Infrastruktur.

Graft visualisierte bereits 2021 eine mögliche Magnetbahn in Berlin

Eine der womöglich relevantesten Entwicklungen des Unternehmens für zukünftige Infrastrukturprojekte in dicht besiedelten Räumen ist die mittlerweile marktreife Magnetschwebebahn mit dem Namen Transport System Bögl (TSB).

Zur 2021 entwickelten Visualisierung gehörte die Entwicklung von Strecken und Stationen für das “intelligent gesteuerte, fahrerlose Bahnsystem, das zu einem lärm- und emissionsarmen Verkehr” in der Zukunft beitragen soll. Dabei ging es nicht nur um die Gestaltung der Strecken selbst, sondern auch um deren Anpassungsfähigkeit an bereits bestehende Verkehrsknotenpunkte.

TSB-System: Hoher Anteil an vorgefertigten Elementen

Die Logik des TSB-Systems aufgreifend, das mit einem hohen Anteil an vorgefertigten Elementen seriell produziert werden soll, sah der damalige Entwurf von Graft ein modulares System vor, welches vorgefertigte Bauteile verwendet, die abhängig von den Anforderungen an die  verschiedenen Stationstypen eingesetzt werden können.

Neben den Entwürfen für die Magnetschwebebahn sowie deren Stationen schlug Graft zudem einen fiktiven, aber realisierbaren Magnetschwebebahn-Streckenplan für Berlin vor. Dieser soll Standorte verbinden, die ein großes Potenzial für die Entwicklung der Stadt erschließen würden, wie etwa den Hauptbahnhof, den Charité Campus Mitte, den Charité Campus Virchow Klinikum und die zukünftige “TXL Urban Tech Republic“.

Fiktive Strecke: Verbindung von Charité-Campus Mitte und Wedding

Mit den Stationen Charité Campus Mitte und Charité Campus Virchow Klinikum könnten sogar zwei zentrale Krankenhaus-Standorte zu einem gemeinsamen Campus verbunden werden, zwischen denen sich Patienten, Mitarbeiter, Forscher und Materialien schnell und einfach bewegen können. Tatsächlich ist über einen möglichen Streckenverlauf aber noch nichts konkretes bekannt.

Die Berliner CDU forderte tatsächlich bereits im Jahr 2020, den Flughafen BER mit dem Magnetbahn-System TSB an die Innenstadt anzubinden. Da war die CDU noch in der Opposition – und wurde demzufolge nicht wirklich Ernst genommen.

Auch der Berliner Verkehrsverbund zeigt sich angetan vom TSB-System

Lange hörte man anschließend nichts mehr von den Plänen, bis das Berliner Abgeordnetenhaus im Februar 2023 neu gewählt wurde, wobei Kai Wegner (CDU) im April die Wahl zum Bürgermeister gewann. Das Magnetbahn-Projekt soll nach aktuellem Stand als fester Posten in den Berliner Haushaltsentwurf aufgenommen werden.

Das Interesse an der Magnetbahn-Technologie liegt allerdings nicht beim Berliner Senat allein. Auch der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) zeigt sich angetan vom TSB-System. Ute Bonde, Geschäftsführerin des VBB, sah sich das System im Sommer 2023 persönlich an und äußerte sich anschließend sehr angetan von dem, was ihr präsentiert wurde.

Magnetbahn-Idee wurde bereits im Mai 2023 von Ute Bonde formuliert

Im Mai 2023 gab Bonde in einem Interview mit der Berliner Zeitung an, dass Berlin eine Magnetschwebebahn testen könne. Aus der Idee soll nach Wünschen der aktuellen Regierungskoalition in den kommenden Jahren Realität werden.

In der bisherigen Berichterstattung über das Vorhaben fällt auf, dass über das favorisierte Transportsystem in den meisten Medien gar nicht im Detail berichtet wird und stattdessen andere Technologien wie Transrapid, M-Bahn, Wuppertaler Schwebebahn oder gar Monorails als Vergleich herangezogen werden.

Technologie-Vergleich: Magnetbahn ist nicht gleich Magnetbahn

Tatsächlich hat die TSB-Technologie mit den Transportsystemen der Vergangenheit oder Hochgeschwindigkeitstechnologien wie etwa dem Transrapid nur wenig gemein. Die Fahrzeuge der TSB sind laut Hersteller für Einsatzgeschwindigkeiten bis zu 150 km/h ausgelegt.

Durch den Entfall von Oberleitungen und der optionalen Aufständerung – wie es wohl auch in Berlin umgesetzt werden soll – kann das System mutmaßlich recht flexibel trassiert werden, wodurch die Integration in bestehende Infrastrukturen einfacher und vor allem kostengünstiger sein soll als der Bau einer U-Bahn.

Umweltverbände kritisieren das Magnetbahn-Vorhaben scharf

Große Kritik am Vorhaben kam auch von Umweltverbänden wie etwa dem BUND. Tilmann Heuser, Geschäftsführer des Berliner BUND, äußerte sich wie folgt: “Die Idee, eine Magnetbahn aus dem geplanten Berliner Klima-Sonderfonds finanzieren zu wollen, ist eine absolute Verhöhnung aller Menschen, die ernsthaft den Klimaschutz schnell voranbringen wollen.

Das verantwortliche Unternehmen Max Bögl betont jedoch die Umweltfreundlichkeit des Systems im Vergleich zum heutigen schienenbasierten ÖPNV.

Konstruktion soll ressourcenschonend und umweltfreundlich sein

Durch das elektromagnetische Schwebesystem entfallen nach Hersteller-Angaben jegliche Räder und mechanische Bremsen, die sich abnutzen oder verschleißen können. Dadurch sollen die einzelnen Komponenten und Rohstoffe in ihrer Lebensdauer maximiert werden.

Ob das Projekt Magnetbahn ein Berliner Luftschloss oder eine tatsächliche Alternative für heutige öffentliche Transportsysteme werden kann, werden die kommenden Jahre zeigen. Dass der mögliche Bau einer Magnetbahn in einer deutschen Großstadt ein geradezu empörendes mediales Echo auslöst, dürfte in anderen Ländern stirnrunzelnd zur Kenntnis genommen worden sein.

 

Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier: 

Fiktive Magnetbahn-Vision des Architekturbüros Graft: Trassenverlauf am Berliner Hauptbahnhof. / © Visualisierung: Graft Architects

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Quellen: CDU Berlin, Berliner Zeitung, Der Tagesspiegel, Tagesschau, magnetbahn.org, Der Spiegel, FAZ, Berliner Morgenpost, Süddeutsche Zeitung, Focus, ZDF, RBB

 

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