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Projekt der Superlative: Neubau der Zentral- und Landesbibliothek

Es ist eines der größten und aufwendigsten Bildungsprojekte, das im Berlin der 2020er Jahre umgesetzt werden soll: Der Neubau der Zentral- und Landesbibliothek, der als Erweiterung der Amerika-Gedenk-Bibliothek am Kreuzberger Blücherplatz entstehen soll.

Traditioneller Bibliotheks-Standort mit Flächenpotenzial für Erweiterungen: Die Amerika-Gedenk-Bibliothek am Blücherplatz in Kreuzberg

 

Als sich im Mai 2014 knapp 65 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Volksentscheids zum Tempelhofer Feld gegen eine Bebauung der Freifläche aussprachen, waren damit nicht nur die Wohnungsbaupläne der von Klaus Wowereit geführten, großen Koalition dahin.

Auch das Vorhaben, am Rande des Tempelhofer Feldes für 270 Millionen Euro eines von Wowereits Herzensprojekten – den Neubau für eine Zentral- und Landesbibliothek – zu realisieren, löste sich mit dem Ergebnis des Volksentscheids in Luft auf. Und das Ergebnis des Volksentscheids wird auch weiterhin Bestand haben.

Neubau der “ZLB” sollte am Rande des Tempelhofer Feldes entstehen

Gleich am Rande der Koalitionsgespräche verkündete das Regierungsbündnis aus SPD, Grünen und Linken, dass das Tempelhofer Feld in den kommenden fünf Jahren nicht angerührt und ergo auch nicht in irgend einer Form bebaut werden soll.

In der Folge des 2014 erfolgten Vetos gegen eine Bebauung des ehemaligen Flugfeldes verzögerte sich das Projekt “ZLB-Neuau” entsprechend. Die von Michael Müller geführte Nachfolgeregierung schob das Projekt zwar nicht auf die lange Bank, setzte es jedoch nicht unbedingt an die Spitze der Prioritätenliste.

Es gab wichtigere Projekte, wie etwa den Wohnungsbau, die Umsetzung der Verkehrswende, Leuchtturmprojekte wie den Neubau des Deutschen Herzzentrums (was wiederum Müllers Herzensprojekt war) oder zuletzt die Bewältigung der Corona-Pandemie.

Ein Neubau würde zwischen 350 und 500 Millionen Euro kosten

Trotz der notwendig gewordenen Neuplanung wurde weiter an der Umsetzung des Projekts gearbeitet. So wurde eine Kostenschätzung angestrengt – zwischen 350 und 500 Millionen Euro würde ein solcher Bau wohl kosten – und eine Standortfindung durchgeführt.

Zwei Standorte waren in der engeren Auswahl. Das Marx-Engels-Forum in Mitte, direkt gegenüber vom neu errichteten Humboldt Forum, und der Blücherplatz in Kreuzberg. Der Standort am Halleschen Tor wurde letztlich ausgewählt, um einen möglichen Neubau zu realisieren. Während auf dem Marx-Engels-Forum in den kommenden Jahren mit dem Bau des Rathausforums eine innerstädtische Grünfläche realisiert wird, soll unweit des Mehringplatzes in Kreuzberg der denkmalgeschützte Bau der Amerika-Gedenkbibliothek baulich erweitert werden.

Die Amerika-Gedenkbibliothek soll baulich erweitert werden

Die Amerika-Gedenkbibliothek (“AGB”) ist schon heute eine der größten, öffentlichen Bibliotheken der Hauptstadt. Sie war ein Geschenk der Vereinigten Staaten an die Berlinerinnen und Berliner und wurde 1954 aus Mitteln des Marshall-Plans finanziert. Der Name der Bibliothek sollte an den Blockadewinter 1948/49 und die Luftbrücke erinnern.

Seit 1995 ist die “AGB” Teil der Berliner Zentral- und Landesbibliothek, die heute auf zwei Standorte im Stadtgebiet verteilt ist. Neben dem Standort am Blücherplatz ist in der Breiten Straße in Mitte der zweite Standort untergebracht. Diese Standorte sollen im Rahmen des Neubauprojekts an einem Ort gebündelt werden.

Deutschlands größter Bibliotheksstandort soll entstehen

Es ist ein Projekt der Superlative. Inklusive der bereits bestehenden 7.000 Quadratmeter der Amerika-Gedenkbibliothek sollen durch die Erweiterung rund 38.000 Quadratmeter Nutzfläche entstehen. Bis zu 6.000 Personen sollen sich im Gebäude zukünftig gleichzeitig aufhalten können, an 360 Tagen im Jahr.

Das Gebäude soll bis zu 16 Stunden am Tag geöffnet sein. Gerechnet wird mit rund 10.000 Besuchern täglich. Damit würde am Blücherplatz der größte Bibliotheksstandort Deutschlands entstehen. Rund 60 Prozent der entstehenden Flächen sollen Publikumsflächen werden. Darüber hinaus sind Schulungs- und Gruppenräume in verschiedenen Größen geplant.

Der Neubau soll Transparenz, Offenheit und Barrierefreiheit ausstrahlen

Das neue Gebäude soll nach den Wünschen der Projektplaner Niedrigschwelligkeit, Transparenz und Offenheit ausstrahlen und “als demokratisches Forum für Information, Wissen, Kreativität und gesellschaftliches Engagement wirken“. Ein öffentlicher Raum also, für alle Berlinerinnen und Berliner, soll entstehen.

Noch ist die zukünftige, architektonische Form der Bibliothek aber nicht gewählt. Das Projekt befindet sich derzeit in der Vorbereitungsphase eines zweiphasigen Architekturwettbewerbs. Die Fachleute aus den beteiligten Verwaltungen und der “ZLB” arbeiten gerade an den notwendigen Ausschreibungsunterlagen.

GestaltungsWettbewerbe für Gebäude und Freiräume sind in Vorbereitung

Der Wettbewerb soll als zweiphasiger, hochbaulicher und offener Realisierungswettbewerb durchgeführt werden, der sowohl den Bau des Gebäudes als auch die Gestaltung der Freiflächen rund um die Bibliothek mit einschließt. Schon jetzt wurde bekannt, dass die Blücherstraße im Rahmen des Bauprojekts für den Autoverkehr gesperrt werden soll.

Es ist geplant, das Gebäude über eine noch zu bauende Tramstrecke mit einer weiteren Bahnstation (zusätzlich zum U-Bahnhof “Hallesches Tor”) an das ÖPNV-Netz anzuschließen. Auch eine Beteiligung der Öffentlichkeit vor und während der Wettbewerbsphase ist von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen vorgesehen und wird derzeit vorbereitet.

Sobald der Wettbewerb ausgeschrieben ist und die Eckdaten des Projekts final abgestimmt sind, soll auch ein Zeitplan für das ambitionierte Projekt veröffentlicht werden. Eines ist schon jetzt klar: das Quartier um den Blücherplatz wird sich im Zuge des Neubaus stark verändern.

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1 Kommentar

  1. GIORGOS KALAITZIS April 1, 2024

    Nach den langjährigen und vielfachen Anläufen für Berlin einen zentralen und vergrößerten Lern-, Wissens- und Bibliotheksbau hinzubekommen, ist es ggf. doch die und beste Entscheidung “am Standort”, am Halleschen Tor zu planen, zu bauen und zu eröffnen??

    Der Neubau würde wie ein Tor in mehrere Stadtteile hinein wirken: Kreuzberg, Mitte, etwas südlicher Tempelhof (und Schöneberg). Auch würde ein schönes städtebauliches “Gegengewicht” entstehen zur Stadtmitte einerseits (HU und Bibliothek dort) und zum Südwesten (Dahlem / FU). Perfekt.
    (denkt man den Standort etwas großstädtischer…)

    Die Standorterweiterung hätte längst umgesetzt sein können.
    Und wäre vor 10 bzw. 15 Jahren auch noch deutlich preiswerter zu haben gewesen.

    Nach dem letzten Besuch der ZLB (Amerika-Gedenk-Bibliothek) ist die Ausschöpfung der dortigen Flächen, rund um den jetzigen historischen Bau ein ansprucsvoller und spannender Weg für die Schaffung eines “Mini-Campus!! Der kleine zuletzt eröffnete Erweiterungsbau wirkt wie ein ZUKUNFTSZITAT einer umfassenden Erweiterung!

    Die kolportierten 500 Millionen+ sind methodisch viel zu hoch gegriffen! Und scheinbar gedacht, als ob einer dieser deutschen/ europäischen “PremiumKULTURbauten(?)” errichtet werden soll (Humboltforum/ berlin modern/ etc).

    Aufgabe müsste es vielmehr sein einen filigranen, sparsamen, nachhaltig-reduzeirten Entwurf zu schaffen, der die Gesamtfunftionalität in “baulichen Clustern” denkt! Ruheraum, Lernraum, Begegnungsraum, Erholungsraum, Bewirtungsraum, Außenraum, Zwischenraum, Funktionsraum, etc.

    Ich würde das LASTENHEFT begrenzen und die Summe festlegen, inkl der Vergütung der Teilnahme (Aufwandsentschädigung Wettbewerb).

    “SuperKULTURbauten” kann Deutschland nicht, öffentliches Bauen misslingt ebenso regelmäßig.

    Bedeutsam ist die ERÖFFNUNG als Pflichtaufgabe (daran würde ich die Finanzierung binden, inkl. Vergütung). Nur bei Fertigstellung zum Termin werden die letzten 30% der Bausumme überwiesen. Jede Verzögerung um eine Woche wird gestaffelt in Euro betitelt!

    (öffentliches) Bauen vom Ende her denken!! Von den Nutzer:innen!! Also dass ich schon die nächste Pause mit Kaffee als ZLB-Besucher:in planen kann. Ab dann und dann…
    VERBINDLICH, VERLÄSSLICH. GARANTIERT.

    Das Berlin dieses “Projekt” immer noch nicht realisieren konnte spricht nicht für ein gelebtes Bewusstsein, wie es das 21. Jahrhundert erfordert und schon längst auf den Plan moderner Metropolen gebracht hat. Denken in 500 Millionen+ ist altes Denken – der schlichte Erweiterungsbau gibt hier ganz klar die Linie vor!! Zitiert die Methodik!!

    -nachdenkliche Grüße-

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