Der Wettbewerb zur zukünftigen Gestaltung der im Berliner Zentrum gelegenen, “Rathausforum” genannten, Freifläche ist entschieden. Durchgesetzt hat sich das Büro “RMP Stephan Lenzen”. Die alte und neue Mitte Berlins wird, wenig überraschend, sehr grün.
Berlin ist, wenn es um die Umsetzung zentraler Bauprojekte geht, eine zerrissene Stadt. Wo immer es im Zentrum der Hauptstadt darum geht, eine Fläche neu zu entwickeln, stoßen eine Vielzahl unterschiedlicher Meinungen aufeinander, die unversöhnlich um einen Kompromiss ringen.
Das war schon so, als die Entscheidung für den Wiederaufbau des Stadtschlosses und den gleichbedeutenden Abriss des Palastes der Republik fiel. Es zeigt und zeigte sich genauso bei Projekten wie dem Mühlendammbrücken-Neubau, der modern gestalteten James-Simon-Galerie auf der Museumsinsel, dem Wiederaufbau des Molkenmarktes oder beim vieldiskutierten “House of One“-Projekt.
Umfangreiche Bürgerbeteiligung begleitete das Projekt von Beginn an
Umso wichtiger ist es, die Bürger*innen der Stadt in zukünftige Entwicklungsprojekte von vornherein mit einzubeziehen, damit diese ihre Ideen und Wünsche einfließen lassen können. Dies hat der Berliner Senat im bislang wohl intensivsten Maß beim Entwicklungsprojekt “Rathausforum” getan. Über mehrere Jahre hinweg gab es zahlreiche Bürgerforen, Diskussionsrunden, wurden Meinungen, Thesen und Vorstellungen ausgetauscht.
Die Vielzahl und vor allem die Unterschiedlichkeit der Erwartungen, die die einzelnen Gruppen an das Vorhaben hatten, waren so frappierend, dass schon früh deutlich wurde, dass eine große Zahl von Menschen mit dem letztendlichen Ergebnis nicht zufrieden sein wird und kann.
Entscheidung für die Schaffung einer Grünfläche – und gegen eine Bebauung
Bereits zu Beginn das Jahres hatte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, wie wir berichtet haben, festgelegt, dass die Freifläche nicht bebaut, nicht historisch rekonstruiert, sondern als parkähnliche Freifläche geplant wird – inklusive des vor dem Roten Rathaus verbleibenden Neptunbrunnen.
Schon dies hatte mehrere Stürme der Entrüstung von vielen Seiten verursacht. Von diesem Konzept rückte die Senatsverwaltung jedoch nicht mehr ab. Denn es ging letztlich hervor aus vielen Wünschen der Beteiligten in den Bürgerforen, die sich mehr grün und weniger Verkehr in diesem Bereich wünschten.
Büro “RMP Stephan Lenzen” setzt sich durch
Seit gestern ist auch klar, wie genau die Freifläche aussehen soll, die ab 2024 baulich umgesetzt werden soll. Durchgesetzt hat sich der Entwurf des in Köln und Bonn ansässigen Büros RMP Stephan Lenzen. In der ersten Phase des Realisierungswettbewerbs hatten insgesamt 53 Büros ihre Arbeiten eingereicht.
21 davon wurden für die zweite Wettbewerbsphase ausgewählt, in der es eine intensive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger Berlins gab. Das von RMP konzipierte, letztlich preisgekürte Konzept sieht eine prägnante Figur innerhalb der Freifläche vor, die einen Bogen schlägt von der heute bereits bestehenden, in DDR-Zeiten geschaffenen, Freiraumgestaltung rund um Fernsehturm und Rotem Rathaus und in gespiegeltem Verlauf auf der anderen Seite der Gesamtfläche in eine Freitreppe zur Spree mündet.
“Spiegelung” der bestehenden Freiflächengestaltung am Fernsehturm
Dabei kommt dem Entwurf zugute, dass er nicht nur auf die modern gestaltete Fassade des Humboldt Forums Bezug nimmt, sondern sich vor allem dem anderen großen Solitär in diesem Areal, dem Berliner Dom, zuwendet.
Das Marx-Engels-Forum in der bisherigen Form soll nicht wiederhergestellt werden. Dennoch soll die 1986 dort aufgestellte Plastik, die Karl Marx und Friedrich Engels sitzend und stehend zeigt, wieder einen Platz auf dem Areal finden.
Regine Günther betont die Klimatauglichkeit des Entwurfs
Regine Günter (Die Grünen), Verkehrs- und Umweltsenatorin der Stadt, betonte vor allem die Klimatauglichkeit des Entwurfs, der bewusst auf große, versiegelte Flächen verzichtet und eine Vielzahl von Schattenplätzen schaffen soll.
Die zukünftige Fläche soll nach dem Willen der Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und Verkehr den Menschen die Möglichkeit zum Ausruhen, Entspannen und Sport treiben geben. Sportflächen sollen am südlichen Rand des Areals entstehen – also Fuß- und Basketballplätze, Halfpipes oder Tischtennisplatten.
Auf die historische, enge Bebauung des Platzes wird nicht Bezug genommen
Im Zuge des Projekts werden die Flächen rund um den Fernsehturm sowie um die Marienkirche bestandsorientiert angepasst und modernisiert. Kritiker des Grünflächenkonzepts bemängeln vor allem, dass die einstmalige, enge Bebauung des Bereichs in keiner Weise erkennbar gemacht wird.
Bis zum Zweiten Weltkrieg standen hier einst rund 170 historische Bürgerhäuser, die erst im Bombenhagel der Alliierten schwer beschädigt und in den 60er Jahren im Zuge der Neuplanung des Areals durch die SED-Regierung abgeräumt wurden.
Auch das Marx-Engels-Forum mit seinen hohen Stelen und der kreisrund angelegten Platzform wird so nicht rekonstruiert, sondern vollkommen neu konzipiert. Der Entwurf macht sehr klar, dass an dieser Stelle etwas neues entsteht, und keine Reminiszenz an das, was vergangen ist.
© Grafiken: RMP Stephan Lenzen / Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen
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Berlins Luftschlösser: Das nie realisierte Hochhaus am Marx-Engels-Platz
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Die Grünanlagen vor dem Roten Rathaus wirken auf mich sehr sehr konventionell!!!
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