Die Villa Heike im Berliner Bezirk Lichtenberg hatte im Lauf ihrer bewegten Geschichte viele Nutzungen. Im vergangenen Jahr wurde die aufwendige Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes, welche unter der Federführung des Architekturbüros Christof Schubert umgesetzt wurde, abgeschlossen. Mit Christof Schubert sprachen wir über das Projekt.

Innenaufnahmen der aufwendig sanierten, prachtvollen Villa Heike im Berliner Bezirk Lichtenberg.

© Fotos: Christof Schubert Architekten / Fotograf: Enric Duch

 

Die in Berlin-Hohenschönhausen liegende, historische Villa Heike wurde in ihrer langen und bewegten Geschichte bereits vielfältig genutzt. Sie war Domizil eines Maschinenfabrikanten, Untersuchungsgefängnis der sowjetischen Geheimpolizei oder Stasi-Geheimarchiv für Akten aus der Zeit des Nationalsozialismus.

Bevor das Gebäude ab 2015 vom Berliner Architekten Christof Schubert sukzessive saniert und somit vor dem Verfall gerettet wurde, stand es jahrzehntelang leer. Schuberts Ziel war es damals, aus der verwaisten Villa ein Büro- und Atelierhaus zu entwickeln.

Der Plan ging auf. Die Kosten für die Sanierung beliefen sich auf rund 2,6 Millionen Euro. Ein Teil davon kam aus öffentlichen Fördermitteln. Bereits seit 2019 dient das architektonische Denkmal sowohl dem Büro Christof Schubert Architekten als auch zahlreichen Künstlerinnen, Künstlern und Kreativen als Arbeitsort.

Wir konnten mit Christof Schubert zu diesem Thema etwas ausführlicher sprechen.

 

ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN: Sehr geehrter Herr Schubert, vielen Dank dass Sie uns ihre Zeit für ein kurzes Interview widmen. Zu Beginn würden wir gern etwas zu Ihrem Büro Christof Schubert Architekten erfahren. Welche Schwerpunkte setzen Sie in Ihren Projekten?

Christof Schubert: Unsere Schwerpunkte sehen wir in den frühen Leistungsphasen, je nach Projekt übernehmen wir aber auch den gesamten Prozess. Zur Zeit bearbeiten wir Neubauprojekte vom Bürogebäude bis zum Einfamilienhaus. Auch der Umgang mit Altbauten oder Baudenkmälern ist Teil unserer Arbeit. Die Villa Heike war vom Leistungsspektrum sicher die Ausnahme, hier lag von der Konzepterstellung über die Projektentwicklung bis hin zur schlüsselfertigen Übergabe alles in unserer Hand. Auch die Projektsteuerung mit der Baugruppe konnten wir mit übernehmen, was auf Grund des sehr guten Bauherrenverhältnisses möglich war.

Mit der Sanierung der Villa Heike im Berliner Ortsteil Alt-Hohenschönhausen haben Sie ein Gebäude aus einem jahrzehntelangen Leerstand und vor dem baulichen Verfall ge-rettet. Wie und wann sind Sie erstmals auf das Gebäude aufmerksam geworden?

Das war ein Glücksfall. Ein ehemaliger Bauherr hatte das Gebäude Jahre vorher gekauft. Ihm erschien allerdings das wirtschaftliche Risiko für eine Sanierung zu hoch, so dass er das Gebäude 2015 wieder verkaufen wollte. Wir haben mit Ihm dann einen Vertrag gemacht und hatten danach drei Monate Zeit, Käufer zu finden. Wir hatten uns bereits zuvor mit der Villa Heike beschäftigt und verschiedene Nutzungskonzepte entwickelt. Wir schlugen dem Eigentümer damals die Umnutzung als Büro- und Atelierhaus vor, aber das erschien ihm wirtschaftlich nicht aussichtsreich.

“Bei diesem Projekt stand also am Anfang das Gebäude, dann das Konzept und erst danach haben wir die dazu passenden Bauherren gesucht – und glücklicherweise auch gefunden.”

Wann keimte in Ihnen erstmals die Idee, das Gebäude zu sanieren und mit einer neuen Nutzung zu versehen? Welches waren die Ideen und ließen sich diese, aus heutiger Sicht, wie geplant umsetzen?

Das war eine relativ klare Sache: Von Anfang an stand für uns fest, dass nur eine Nutzung Sinn macht, die zum Gebäude passt und nur geringe Eingriffe erfordert. Wir haben daher das Konzept des Büro- und Atelierhauses früh favorisiert und später auch zu 100% umsetzten können. Bei diesem Projekt stand also am Anfang das Gebäude, dann das Konzept und erst danach haben wir die dazu passenden Bauherren gesucht – und glücklicherweise auch gefunden.

Was macht das Gebäude aus, was sind seine Besonderheiten?

Das ganz Besondere an der Villa Heike ist die ungewöhnliche Mischung aus Historismus, Art déco und Stahlbetonbauweise. Der einzigartige Bautypus bestehend aus Ausstellungshalle, Büros und Fabrikantenwohnung, alles in einem Gebäude übereinandergestapelt. Dazu gehören die enormen Geschosshöhen, die im Hochparterre bei fünf Metern liegen. Hinzu kommt natürlich der großzügige Eingangsbereich, der wohl auch in Berlin-Wilmersdorf Eindruck machen würde. Damals waren Besucher wohl recht überrascht vom Vestibül, weil das Gebäude ja nicht in einem Nobelviertel lag, sondern noch relativ weit draußen vor den Toren Berlins. Insgesamt fanden wir eine tolle Bausubstanz vor, die wir nur noch behutsam ergänzen, freilegen oder rekonstruieren mussten um sie wieder in alter Pracht erscheinen zu lassen. So konnte es gelingen, hier wieder Ausstellungen zu veranstalten. Heutzutage allerdings nicht als Leistungsschau für Fleischverarbeitungsmaschinen, sondern als lebendiger, anregender Ort, in dem Kunstwerke besonders gut zur Geltung kommen.

Welches waren die größten Herausforderungen, die sich Ihnen bei diesem Projekt stellten?

Es gab viele kleine und große Hindernisse zu überwinden, aber das Besondere war, wie wir als Bauherrengemeinschaft die vielen unvorhergesehenen Herausforderungen bewältigen konnten und das Projekt von Anfang bis zum Ende in vertrauensvoller Zusammenarbeit gestemmt haben. Dabei hat der Input der einzelnen Bauherren das Projekt besser gemacht, das ist eine große Leistung der Baugruppe. Wir hatten von Anfang an mit einer für uns völlig überraschenden Hürde zu kämpfen: Viele Banken lehnten die Finanzierung ab, obwohl wir einen gesunden Eigenkapitalanteil hatten. Diese Problematik blieb der Öffentlichkeit bislang größtenteils unbekannt, aber sie betriff natürlich nicht nur uns. Hintergrund könnte sein, dass nach der jüngsten Finanzkrise die Vorgaben für die Banken verschärft wurden. Das war sicherlich gut gemeint. Aber dadurch sieht es nun schlecht aus für gewerbliche Baugruppenprojekte in den Außenbezirken von Berlin. Denn wer als Selbständiger eine Finanzierung benötigt, kann daran leicht scheitern. Die Zögerlichkeit von Banken hätte auch unser Projekt durchaus in erhebliche Schieflage bringen können.

Sehr geehrter Herr Schubert, wir danken Ihnen für Ihre Zeit!

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