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Wie lange dauert es noch? Der mühsame Weg zum Einheitsdenkmal

Zum wiederholten Mal konnte ein Fertigstellungstermin des Einheitsdenkmals am Humboldt Forum in Berlin-Mitte nicht eingehalten werden. Dissonanzen zwischen der Baufirma sowie Landes- und  Bundesbehörden und Verzögerungen bei der Fertigstellung von Bauteilen haben das Projekt weit ins Hintertreffen geraten lassen. Die Frage ist nun: wann soll die “Einheitswippe” endlich eröffnet werden? 

Wann wird diese Vision endlich Realität? Eine Visualisierung des Einheitsdenkmals auf der sogenannten “Berliner Schlossfreiheit”. / © Visualisierung: Milla & Partner

© Fotos: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN
© Visualisierungen:
Milla & Partner
Text: Björn Leffler

 

Am morgigen Tag der Deutschen Einheit wird ein weiterer Jubiläumstag verstreichen, ohne dass das vieldiskutierte und umstrittene Einheitsdenkmal am Humboldt Forum in Berlin-Mitte fertiggestellt worden ist.

Der Bau des Denkmals nach einem Entwurf des Stuttgarter Architekturbüros Milla & Partner entsteht derzeit auf der Fläche des ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmals, das dort bis 1949 gestanden hatte. Bis wann das Projekt jedoch abgeschlossen werden kann, ist noch offen.

Einheitswippe: Das Projekt hat sowohl Befürworter als auch Kritiker

Das Projekt hat zahlreiche Befürworter in der Landes- und Bundespolitik. Doch das scheint wenig zu helfen. Denn das Vorhaben ist längst in Schwierigkeiten geraten: der Bau des geplanten Denkmals direkt vor dem rekonstruierten Eosander-Portal des Humboldt Forums verzögert sich auf unbestimmte Zeit.

Das Bauvorhaben ist eines der besonders mühseligen, die im Berliner Stadtzentrum umgesetzt werden. Der Bundestag hatte das Denkmal bereits 2007 erstmals beschlossen. Die in vielen Medien als  “Einheitswippe” umschriebene Installation soll künftig an die friedliche Revolution im Herbst 1989 in der ehemaligen DDR und die folgende Wiedervereinigung Deutschlands ein Jahr später erinnern.

Die praktische Umsetzung der “Einheitswippe” gestaltet sich schwierig

Die verantwortlichen Architekten, das Büro Milla & Partner, äußerten sich zu ihrem Entwurf in der Vergangenheit wie folgt: “Es ist als begehbares, kinetisches Objekt konzipiert, dessen Erscheinungsbild die Besucher durch Partizipation und Interaktion jeden Tag mitgestalten. Indem sie sich das Denkmal aktiv aneignen, wird es lebendig. Es lädt ein zur Kommunikation und zu einem gemeinsamen Handeln, das über die traditionelle Denkmalbetrachtung hinausgeht.”

So die Theorie. Die Praxis jedoch gestaltet sich deutlich schwieriger. Mittlerweile sind mehrere Eröffnungstermine ins Land gezogen, der erste war auf das Jahr 2019 datiert, der letzte auf den 3. Oktober 2023 – aber wie man sieht, konnte auch dieser letzte Termin nicht gehalten werden. Selbst der Weg zum Baustart war schon mühsam.

Einheitsdenkmal: Das Projekt wurde von Beginn an kontrovers diskutiert

Der Bau verzögerte sich nach der Entscheidung des Bundestages durch Wettbewerbe, zahlreiche Meinungsverschiedenheiten im Siegerteam, öffentliche Diskurse und Bedenken von Denkmal- und Tierschützern. Der Entwurf einer riesigen, beweglichen Wippe stand dabei von Beginn an in der Kritik vieler Beobachter und Experten.

Nun aber läuft der Bau seit mittlerweile drei Jahren. Während die Betonarbeiten am und im Sockel eigentlich fertiggestellt sind, steht noch immer die Installation der riesigen, begehbaren Schale aus Stahl aus, die von den Besuchern in Bewegung gesetzt werden soll, um so an den friedlichen Weg zur Deutschen Einheit zu erinnern.

Bundes- und Landesbehörden uneins über Bewertung der Konstruktion

Grund für die erneute Verzögerung sind nach Auskunft der verantwortlichen Stahlfirma fehlende Genehmigungen vom Bundesamt für Bau und Raumordnung (BBR), das bei dem Projekt als Bauherr fungiert. Konkret fehle die bauaufsichtliche Freigabe durch den Prüfstatiker.

Die ist laut Baufirma aber gar nicht erforderlich, weil es sich bei der beweglichen Schale um eine Maschine handele, die unter das Produktsicherheitsgesetz der EU falle und demzufolge kein Bauwerk sei. Diese Einschätzung teilen nach einem Bericht der Berliner Morgenpost auch das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin sowie die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. 

Auch die Fertigstellung der 32 Einzelteile verzögerte sich

Auf Nachfrage der Berliner Morgenpost hat das BBR mitgeteilt, dass im Zuge der Qualitätsüberwachung durch den Prüfstatiker festgestellt worden sei, “dass die bisher geschweißten äußeren Elemente der Schale teilweise nicht entsprechend den statischen Vorgaben und den darauf basierenden Plänen des Stahlbauers geschweißt wurden“.

Doch auch die Fertigung der insgesamt 32 einzelnen Stahlteile, die in Nordrhein-Westfalen hergestellt worden sind, hatte sich verzögert, was eine Fertigstellung zum heutigen 3. Oktober unmöglich machte – unabhängig von den fachlichen Auseinandersetzungen der beteiligten Baubehörden.

Rutschgefahr: Das Einheitsdenkmal muss im Winter beheizt werden

Ein weiterer Kritikpunkt ist die notwendige Beheizung des Denkmals im Winter, damit die Leute nicht darauf ausrutschen, was Nikolaus Bernau in einem Beitrag im Tagesspiegel dazu veranlasste, zu kommentieren: “Wie fatal muss ein Projekt in Deutschland eigentlich sein, damit es gestoppt wird?

Von einem Baustopp oder gar einem vollständigen Abriss der bisher errichteten Elemente des Denkmals wollen die verantwortlichen Behörden aber nichts wissen. Der Bau wird fortgeführt, allerdings konnten die Projektverantwortlichen bislang keinen neuen Eröffnungstermin nennen.

 

Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier: 

Auf der Baustelle des Einheitsdenkmals geht es voran, einen Eröffnungstermin gibt es hingegen noch nicht. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

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Quellen: Architektur Urbanistik Berlin, Wikipedia, Berliner Morgenpost, Der Tagesspiegel, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Milla & Partner, B.Z.

 

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2 Kommentare

  1. Ingrid Sattler Oktober 2, 2023

    Wann wird endlich dieses unsinnige, hässliche, ahistorische und in jeder anderen Hinsicht völlig aus der Zeit und der Stadt-Entwicklung gefallene dumme Projekt der “Einheitswippe” für alle Zeiten beerdigt? Ich stelle mir diese Messing-Wippe vor, die schon nach kurzer Zeit nicht mehr “wippt” und auf der sich die Berliner dann mit Kratz-Utensilien, Nagelschuhen, Farbeimern etc. austoben werden. Wie kann man nur so einen idiotischen Plan entwickeln und auch noch Geld für so eine Absurdität ausgeben…???
    Und gerade höre ich, dass das blöde Ding zu allem Überfluss auch noch BEHEIZT werden soll – das kann doch alles nicht wahr sein!!! Hat in letzter Zeit schon mal jemand etwas vom einer Klimakrise gehört?
    BITTE des bedauerlicherweise schon rausgeworfene Geld leider abschreiben und das ganze Projekt begraben und VERGESSEN!

  2. Gärtner Oktober 3, 2023

    Die Wippe muss kommen, sie ist der Beweis, dass die Einheit auf der Kippe steht

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