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Wilmersdorf: Wohnungsbau oder nachhaltige Stadtentwicklung?

In Berlin-Wilmersdorf scheiden sich derzeit die Geister an zwei geplanten Wohnungsbauvorhaben, die auf bislang unversiegelten Flächen entstehen sollen. Sowohl auf der Cornelsenwiese in Schmargendorf als auch an der Prinzregentenstraße sollen Neubauten mit Mietwohnungen entstehen. 

© Fotos: Wikimedia Commons
Text: Björn Leffler

 

In Berlin-Wilmersdorf werden derzeit zwei Wohnungsbauprojekte auf den Weg gebracht, die in der Bevölkerung und auch unter Stadtentwicklungsexperten kontrovers diskutiert werden.

Einerseits geht es dabei um den Bau mehrerer Wohnhäuser auf der sogenannten Cornelsenwiese unweit des Cornelsen-Verlagsgeäudes im Stadtteil Schmargendorf. Und andererseits wird der geplante Bau von 259 Studentenapartments an der Ecke Prinzregentenstraße / Waghäusler Straße sehr unterschiedlich bewertet.

Cornelsenwiese in Schmargendorf: Grünfläche soll Wohnungsbau weichen

Das Bauvorhaben am Cornelsenweg bzw. im Quartier an der Wiesbadener Straße in Schmargendorf ist nicht neu. Bereits vor rund sieben Jahren wurden die Pläne des Eigentümers, des Unternehmens Becker & Kries, bekannt.

Bereits kurz nach Bekanntwerden des Bauvorhabens forderte ein Bürgerbegehren den Erhalt der Grünfläche, auf der der Neubau entstehen sollte. Von der Bezirksverordnetenversammlung des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf wurde das Bürgerbegehren zunächst auch unterstützt, die Wohnbebauung wurde noch 2019 abgelehnt.

Die BVV des Bezirks war erst gegen eine Wohnbebauung und ist nun dafür

Wenig später allerdings ruderte die Bezirkspolitik zurück und teilte mit, dass man an der Verwirklichung des nötigen, bezahlbaren Wohnraums doch festhalten wolle. Gut zwei Jahre später entschied die BVV schließlich, den Bebauungsplan voranzubringen.

Der Bauherr möchte auf dem Gelände insgesamt sechs Gebäude mit rund 100 Wohnungen errichten. Von diesen 100 Wohnungen sollen fast 40 als Sozialwohnungen vermietet werden, heißt es. Auch Gewerbeflächen sind geplant.

Der Bezirk hat bereits Bäume auf der Grünfläche gerodet

Für den Bau der zweifelsohne dringend benötigten Wohnungen muss nun die Grünfläche weichen. In der vergangenen Woche hat der Bezirk umfangreiche Rodungen durchgeführt. Innerhalb von zwei Tagen sind fast alle Bäume auf der Wiese verschwunden, überwiegend Kirschbäume.

An der Prinzregentenstraße sind es 259 neue Apartments, die entstehen sollen. Zielgruppe dieses Projekts sind vor allem Studentinnen und Studenten. Errichtet werden sollen die Wohnungen vom landeseigenen Unternehmen berlinovo.

Prinzregentenstraße: Berlinovo  plant den Bau von 259 studentenapartments

Die Fläche, auf der das Gebäude entstehen soll, war bislang allerdings nie bebaut. Einziges angrenzendes Gebäude war eine Synagoge, die in der Reichskristallnacht 1928 zerstört wurde. Seit den 1950er Jahren befindet sich hier eine Kleingartenanlage.

Diese soll nun weichen, um den Bauvorhaben für Studierende zu weichen. Dieses ist auf äußerste Effizienz ausgelegt. Die jeweiligen Apartments werden eine Größe von nur 18 Quadratmetern haben, bei einer geplanten Warmmiete von 490 Euro monatlich.

Studentenapartments entstehen auf der Fläche einer Kleingartenanlage

Zusätzlich soll es noch Gemeinschaftsflächen geben, die von den Mieterinnen und Mietern genutzt werden können. Der Entwurf für das Gebäude kommt vom Berliner Büro Deluse ArchitectsImmerhin soll die neu entstehende Fassade intensiv begrünt werden.

Wie auch am Cornelsenweg ist auch bei diesem Vorhaben die Überbauung einer bislang nicht versiegelten Fläche vorgesehen, was der Forderung vieler Naturschutzverbände, Klimaexperten und längst zahlreicher Architekten entgegensteht, unversiegelte Flächen nicht zu bebauen.

Experten fordern Wohnungsbau auf bereits versigelten Flächen

Bereits im September 2022 hatten wir über eine Recherche des Naturschutzbundes NABU berichtet, der in Berlin Flächen für Wohnungsneubauten auf bereits versiegelten Flächen ermittelt hat. Demzufolge gibt es Baupotenzial für mehrere tausend Wohnungen auf etwa 5.000 bereits versiegelten Flächen.

Neben der Überbauung von Supermärkten, die vom Berliner Senat verstärkt verfolgt wird und bereits mehrfach umgesetzt wurde, war zuletzt das gleiche Modell für die oftmals nur eingeschossigen Fastfood-Restaurants im Gespräch, die es in Berlin in großer Zahl gibt.

Christoph Langhof: Höher bauen, um unversiegelte Flächen zu erhalten

Auch Architekt Christoph Langhof betonte in einem kürzlich mit der Berliner Morgenpost geführten Interview die Notwendigkeit, stärker in die Höhe zu bauen, wenn die Bebauung der für das Stadtklima so wichtigen unversiegelten Flächen vermieden werden soll.

In Wilmersdorf jedoch werden diese Ansätze zumindest bei den geplanten Bauprojekten von berlinovo und Becker & Kries nichts mehr bringen, die Bauvorhaben werden aller Voraussicht nach realisiert werden und zwei Grünflächen im Bezirk verschwinden lassen.

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Quellen: Berliner Morgenpost, Der Tagesspiegel, Berliner Woche, Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen

 

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