Mit der Inbetriebnahme des Flughafens BER hat sich im Metropolgebiet Berlin/Brandenburg eine erhebliche, räumliche Schwerpunktverlagerung in den Südosten der Hauptstadtregion vollzogen. Das betrifft das direkte Terminal-Umfeld als urbanen Ort genauso wie die Flughafenstadt rund um Schönefeld und den städtebaulichen Korridor hinauf bis zum Bahnhof Südkreuz.
© Visualisierung: Realace GmbH
© Visualisierung Titelbild: Hoidn Wang Partner / Buro Happold / Latz+Partner
Es gab nicht wenige Menschen in Berlin und Brandenburg, die überhaupt nicht mehr mit der Fertigstellung und Inbetriebnahme des Flughafens BER an der südöstlichen Stadtgrenze der Hauptstadt gerechnet haben. Nach einer mehrjährigen Verzögerung, Baukorrekturen und Kostensteigerungen konnte das Mammutprojekt Ende 2020 schlussendlich aber doch noch abgeschlossen und der Flughafen in Betrieb genommen werden.
Was viele Stadtplaner und Experten seit vielen Jahren erwartet und prognostiziert haben, hat in den vergangenen Jahren längst eingesetzt: Eine rasante und großflächige Investitions- und Bauentwicklung rund um die Flughafenregion der Gemeinde Schönefeld und der angrenzenden Quartiere auf Brandenburger sowohl auch auf Berliner Seite.
Die Entwicklung der Region wird seit Jahren diskutiert
Das Thema wird daher bereits von unterschiedlichen Gruppen aufgenommen und begleitet, denn es zeigt sich hier noch mehr als bei vorherigen, länderübergreifenden Projekten, wie wichtig eine kooperative Herangehensweise der beiden Bundesländer Berlin und Brandenburg ist. Und dass der Bau des BER selbst kein sehr positives Beispiel für die Zusammenarbeit der beiden Bundesländer darstellt, versteht sich von selbst. Hier ist also deutlich Potenzial nach oben.
Bevor Berlin und Brandenburg das Thema Entwicklung der Metropolregion Südost überhaupt zu einem Schwerpunktthema ihrer Stadtentwicklungspolitik machen werden, haben andere Gruppen längst konkrete Visionen und Ideen für die zukünftige Entwicklung des Areals auf den Weg gebracht.
Es wurde ein “internationaler Ideenwettbewerb 2070” durchgeführt
Eine von diesen Gruppen ist der Architekten- und Ingenieursverein zu Berlin/Brandenburg (“AIV”), der dem Thema bereits mehrere Veranstaltungen gewidmet hat und sogar einen „Internationalen Städtebaulichen Ideenwettbewerb 2070“ zum Thema durchgeführt hat, dessen Ergebnisse durchaus aufhorchen lassen.
Am morgigen Dienstag findet ab 19 Uhr am Behrensufer in Berlin-Oberschöneweide die nächste Veranstaltung zum Thema mit dem Schwerpunkt „Interkommunale Zusammenarbeit“ statt. Wer per Livestream oder auch vor Ort teilnehmen möchte, kann sich hier anmelden.
Entwicklungskonzept einer länderübergreifenden “Neocity”
Das in Berlin ansässige Planungs- und Entwicklungsunternehmen Realace hat dem Thema ein „Weißbuch für den Innovations- und Boom-Korridor im Berliner Südosten und Brandenburg“ gewidmet. Auch hier wird betont, dass die Region rund um den BER mehr und mehr wirtschaftliches Gewicht erlangt und schon jetzt zu einer tatsächlichen Boom-Region herangewachsen ist.
Realace definieren den Wachstumskorridor als “Neocity” genanntes Entwicklungsgebiet, welches unabhängig von der Zugehörigkeit zu Berlin oder Brandenburg zu betrachten sei und alle wichtigen Wachstumstreiber enthalte.
So heißt es in dem Dokument weiter: “Von ausgesprochener Heterogenität geprägt, erlaubt sie (die „Neocity“, die Red.) auch hybride Formen des Arbeitens, Wohnens und der Freizeitgestaltung sowie spezielle, nicht alltägliche Funktionen, wie sie eine Metropole wie Berlin künftig weiter braucht.”
Die Entwicklung der FlughafenRegion ist Teil des Berliner Koalitionsvertrags
Immerhin: Das Thema hat auch Eingang in den Koalitionsvertrag der rot-grün-roten Berliner Landesregierung gefunden. Die zukünftige Entwicklung des „Korridors Südost“ ist also durchaus im Blickfeld der Politik. Der vom “AIV” durchgeführte Ideenwettbewerb trifft also auch auf das Interesse der Politik, ohne dabei einen rechtlich bindenden Charakter zu haben.
Ziel des Wettbewerbs war es eher, Ideen und Visionen anzuregen und die gesellschaftliche, ökonomische und politische Diskussion aufzunehmen und Entscheidungsträger miteinander zu vernetzten. Die Ergebnisse des Wettbewerbs jedenfalls zeigen, wie stark diese neue Boom-Region die umliegenden Quartiere verändern könnte.
Die Ideen zur Entwicklung des “Korridors Südost” sind vielfältig und visionär
Die Berliner Architekten Barbara Hoidn und Wilfried Wang schlagen entlang der Verbindungsstraßen und Bahnlinien zwischen der B96a und dem Teltowkanal am „Köpenicker Prospekt“ urbane Nachverdichtung vor, zum Teil mit öffentlich zugänglichen Uferpromenaden und Brücken über die Spree, die Oberschöneweide und Niederschöneweide verbinden.
Das Architekturkollektiv Reproduktives Entwerfen hat die Vision einer neuen „Gartenstadt“ im Schönefelder Ortsteil Großziehten konzipiert und sich überlegt, wie in der Seestadt Königs Wusterhausen die bestehenden Plattenbaugebiete ergänzt und nachverdichtet werden können.
Längerfristige Begleitung des Themas durch unsere Redaktion
Und das Büro Fakt Office for Architecture betrachtet die „Sonderzone“ zwischen dem Stadtrand Berlins (z.B. Schmöckwitz Werder) und den angrenzenden Brandenburger Gemeinden (z.B. Zeuthen, Eichwalde) als Übergangzone, in dem Wohnen und Gewerbe entlang der S-Bahn moderat nachverdichtet, Grünflächen intensiviert und neue Stadttypen entwickelt werden sollen, jeweils durch ortsspezifische Planungen.
Es gibt also viele Denkansätze und Richtungen, die es bei der zukünftigen Planung der Flughafenregion und des südöstlichen Korridors der Hauptstadt zu berücksichtigen und zu verknüpfen gilt. Wir werden das Thema auf ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN in den kommenden Monaten ausführlicher behandeln und die hier beschriebenen, unterschiedlichen Konzepte ausführlicher vorstellen und auch mit Protagonisten des Planungsprozesses selbst sprechen.
Hier könnt Ihr Euch für die morgige Veranstaltung des AIV zum Thema anmelden.
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