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Berlins Bauwerke der Moderne, Teil 11 – Die Erweiterung des “DHM”

In unserer Artikelreihe widmen wir uns den bedeutenden Berliner Bauwerken der Nachwendezeit, die das Stadtbild der deutschen Hauptstadt bis heute prägen. Im elften Teil der Serie schauen wir auf die moderne und spektakuläre Erweiterung des Deutschen Historischen Museums in Berlin-Mitte zurück.

Der chinesische Star-Architekt Ieoh Ming Pei gestaltete die auffällige Erweiterung des Deutschen Historischen Museums. / © Foto: depositphotos.com

© Fotos: depositphotos.com / Wikimedia Commons
Text: Annett Jäger

ERWEITERUNG DES DEUTSCHEN HISTORISCHEN MUSEUMS

Der Erweiterungsbau des Deutschen Historischen Museums (“DHM”) in Berlin, dem nationalen Geschichtsmuseum der Bundeshauptstadt – eröffnete am 23. Mai 2003 feierlich seine Pforten für die Besucherinnen und Besucher.

Die Hauptaufgabe des Erweiterungsbaus bestand – wie es sein Name bereits ausdrückt – darin, die Ausstellungsflächen des Museums im historischen Zeughaus Unter den Linden in Berlin zu vergrößern.

Das Deutsche Historische Museum

Mit dem Fall der Berliner Mauer und der Zusammenlegung des Ost-Berliner „Museums für deutsche Geschichte“ und dem „Historischen Museum“ West-Berlins wurde für dieses erste gesamtdeutsche Kulturprojekt nach einem geeigneten Standort Ausschau gehalten.

Die Wahl viel auf das historische Zeughaus in Berlins Mitte. Schon nach kurzer Zeit aber war klar, dass dieses allein als Ausstellungsfläche nicht ausreichen würde. Darum beauftragte der Bundestag sechs Jahre nach der Wende – im Jahr 1996 – die Errichtung eines Erweiterungsbaus für das Zeughaus.

Das historische Zeughaus

Das Zeughaus, welches den Startpunkt der Straße Unter den Linden in Berlin bildet, ist über 300 Jahre alt und somit das älteste Gebäude am Platz. Entworfen wurde der barocke Bau von vier Architekten: Johann Arnold Nering, Martin Grünberg, Andreas Schlüter und Jean de Bodt.

Seine Bekanntheit verdankt das Zeughaus unter anderem seinen großartigen bildhauerischen Arbeiten, wie beispielsweise den als Masken gestalteten 22 Schlusssteinen, welche vom Architekten Schlüter eigens für den Innenhof geschaffen wurden.

Mehr als 300 Jahre alt: Das historische Zeughaus am Boulevard Unter den Linden in Berlin-Mitte. / © Foto: depositphotos.com

Der Entwurf des Erweiterungsbaus

Entworfen wurde der Neubau für das DHM Berlin von Ieoh Ming Pei, einem chinesischen Stararchitekten aus New York, der auf eine langjährige Tradition als Baumeister von Museumsarchitekturen zurückschauen konnte. Der Erweiterungsbau des DHM sollte unter anderem als repräsentativer Eingang des Museums dienen und die Ausstellungsflächen erweitern.

Er schließt rückseitig an das Zeughaus an und ist mit diesem außerdem durch einen unterirdischen Tunnel verbunden. Neben der Wechselausstellungshalle sind in dem Erweiterungsbau – der im Volksmund auch gern das “Pei-Haus” genannt wird – der Museums-Shop und ein kleines Auditorium untergebracht.

Nachdem das Deutsche Historische Museum aufgrund des Erweiterungsbaus ganze fünf Jahre seine Ausstellungen in provisorischen Räumen unterbringen musste, war man seitens des Bauherren – dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung – besonders erfreut darüber, dass die Bauarbeiten nicht nur innerhalb des geplanten Budgets, sondern auch in der festgesetzten Frist abgeschlossen werden konnten.

Das Besondere am Erweiterungsbau des DHM

Obwohl es anfangs Unmut darüber gab, dass der Architekt Ieoh Ming Pei den Zuschlag ganz ohne vorangegangen Wettbewerb erhielt, beruhigten sich die Gemüter sehr schnell, nachdem Pei seinen Entwurf für den Erweiterungsbau am 17. Januar 1997 vorgestellt hatte.

Die Fachwelt und auch die Presse konnten sich darauf einigen, den Entwurf gelungen und bestechend zu finden. Grund dafür ist nicht zuletzt der spezielle Sichtbeton des Gebäudes, der hervorragend abgestimmt auf den Burgunder Kalkstein der Wandvertäfelung, einzigartige Oberflächen kreiert.

Für diesen Effekt sorgt die unaufdringlich gelb-beige Farbe des eigens für den Erweiterungsbau entwickelten Architekturbetons. In ihm stecken unter anderem gelbe Sande, die verantwortlich sind für seine auffällig samtig-seidige Oberfläche.

Markantes Merkmal des Pei-Erweiterungsbaus: Die verglaste Wendeltreppe. / © Foto: Wikimedia Commons

Der Entwurf von Ieoh Ming Pei: Große Begeisterung bei Presse und Fachleuten

Die Presse ließ in ihrer Begeisterung unter anderem in den regionalen Zeitungen verlauten: “Die Berliner Mitte bekommt wieder ein Herz“. Und auch der Generaldirektor des DHM Berlin, Prof. Dr. Hans Ottomeyer, konnte sich derer nicht erwehren. Er bezeichnete 2002 den Pei-Bau noch vor seiner Eröffnung als “städtebauliches und urbanistisches Meisterwerk mit beeindruckenden Perspektiven und räumlichen Verschränkungen“.

Tatsächlich ist es Pei gelungen, in Verbindung mit dem Erweiterungsbau einen Ort in Berlins Mitte entstehen zu lassen, an dem sich eines der bedeutendsten Bauten des norddeutschen Barocks und die Architektur des 20. Jahrhunderts auf harmonische Art und Weise begegnen.

Für diesen Eindruck sorgen nicht zuletzt die beim Bau verwendeten hochwertigen Materialien des Pei-Hauses. So empfängt das Gebäude den Besucher nicht nur mit dem bereits erwähnten, optisch gelungenen Sichtbeton, sondern mit französischem Kalkstein, nordamerikanischem Granit und den gebogenen Scheiben der verglasten Wendeltreppe.

DHM-Erweiterung: Der gelungene Entwurf

Platz findet der auffällige Erweiterungsbau mit seinem dreieckigen Grundriss auf einer Fläche von 2000 Quadratmetern. Im Grunde besteht dieser aus drei Elementen: dem Ausstellungstrakt, dem Foyer mit dem gläsernen Treppenturm und dem sich daran anschließenden Werkstattgebäude.

Zudem wurde vom Architekten für den sogenannten Schlüter-Hof des Zeughauses eine Überdachung in Form einer filigranen Glas-Stahl-Konstruktion geschaffen, welches das Zeughausareal zusätzlich bereichert. Damit griff der Architekt eine historische Bausituation auf, wurde der Hof doch schon seit 1880 von einem Glasdach geschützt.

Das verglaste Foyer des Erweiterungsbaus verbindet die vier Ausstellungsetagen miteinander und erlaubt den Besuchern bereits von der Straße aus großzügige Einblicke in das Innere des Gebäudes.

Das Pei-Gebäude fasziniert allerdings nicht nur durch seine Transparenz und die beeindruckenden Lichteffekte, sondern obendrein durch die einzigartige und gelungene Korrespondenz zwischen Barock und Moderne.

Der Architekt konnte mit dem Neubau am DHM wieder einmal seine ausgezeichnete architektonische Fantasie beweisen – und das sowohl außen als auch im Inneren des Gebäudes. So wird der Besucher beispielsweise auf dem Weg über die vier Ebenen immer wieder mit neuen Ausblicken in den städtischen Raum überrascht.

Die Glas-Überdachung des Schlüterhofs, die ebenfalls im Zuge des Projekts realisiert wurde, ging zurück auf eine historische Überdachung, die bereits ab 1880 über dem Hof errichtet worden war. / © Foto: depositphotos.com

Die Resonanz auf den Erweiterungsbau

Bereits 2005 wurde der Pei-Neubau des Deutschen Historischen Museums in Berlin mit dem Deutschen Naturstein-Preis ausgezeichnet. Der Preis wird an Architekten für “beispielhafte gestalterische und technisch-konstruktive Anwendungen von Naturstein” verliehen. Darüber hinaus wurde dem Pei-Bau 2005 auch eine Anerkennung zum Deutschen Architekturpreis zuteil.

So ist nicht nur das Zeughaus als ehemals königliches Waffenlager am Boulevard Unter den Linden in Berlin ein Haus der Superlative. Der Pei-Bau passt sich hervorragend in das Zeughaus-Areal ein, erhöht dessen Attraktivität und wird den an ihn gestellten Anforderungen in jedem Fall gerecht.

So erfreuen sich die Einwohner und Touristen Berlins bei ihrem Besuch nicht nur an den wechselnden Exponaten des DHM, sondern auch an der ansprechenden Architektur der Museumsgebäude.

 

 

Weitere Teile der Reihe könnt Ihr hier mit ENTWICKLUNGSSTADT PLUS lesen:

Visualisierte Geschichte: Zeitreise zum historischen Anhalter Bahnhof

Serie: Berlins Bauwerke der Moderne, Teil 2 – Der BND-Neubau

Serie: Berlins Bauwerke der Moderne, Teil 4 – Das Jüdische Museum

Serie: Berlins Bauwerke der Moderne, Teil 6 – Der Berliner Hauptbahnhof

Berlins Bauwerke der Moderne, Teil 8 – Zoofenster & Upper West

Berlins Bauwerke der Moderne, Teil 9 – Das Regierungsviertel

Berlins Bauwerke der Moderne, Teil 10 – Der Axel-Springer-Neubau

Weitere Artikelreihen findet Ihr hier

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