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Kreuzberg: Neues Leben auf ehemaligem Brauereigelände

Auf dem geschichtsträchtigen Gelände der früheren Bockbrauerei in Kreuzberg realisiert die Bauwert AG nun nach sieben Jahren Planung ein neues Quartier mit Gewerbeflächen und Wohnungen.

© Visualisierungen: Bauwert AG / Tchoban Voss Architekten
Text: Stephanie Engler

 

Schon vor sieben Jahre kaufte das in Berlin ansässige Unternehmen Bauwert AG das 13.000 Quadratmeter große Areal der ehemaligen, historischen Bockbrauerei in Kreuzberg. Nun kann das Unternehmen mit dem Umbau des Areals beginnen: Die Baugenehmigung liegt vor. 

Aufgrund des langen Genehmigungsprozess und vieler Diskussionen mit dem zuständigen Baustadtrat Florian Schmidt (Die Grünen), der Bezirksverordnetenversammlung und Anwohnerinitiativen verzögerte sich der Start des ambitionierten Projekts um Jahre.

Ursprungskonzept wurde verworfen und neu geplant

Jürgen Leibfried, Bauwert-Vorstand, zeigt sich nun sichtlich erleichtert und verkündete: “Wir möchten uns bei allen an den Planungen beteiligten Institutionen bedanken. Es ist eine schöne Aufgabe, diesen Teil des Kiezes zwischen Bergmannstraße und Tempelhofer Feld neu gestalten zu können.

Der Plan der Bauwert AG war ursprünglich, auf dem Gelände zwischen Fidicin- und Schwiebusser Straße einen Neubau mit mehr als 400 Wohnungen zu errichten. Dafür sollten historische Gebäude abgerissen werden. Nun werden nur noch 220 Wohnungen, dafür aber ausreichend Platz für Gewerbeflächen realisiert. Zudem sollen neue Büroflächen und eine Kita entstehen. Auf dem Areal soll also eine Mischnutzung umgesetzt werden.

Ein Areal mit historischer Vergangenheit

Heute sind von der alten Brauerei nur noch das alte Schankhaus im Burgenstil aus gelbem und rotem Backstein und mehrere Kellergewölbe erhalten. Letztere stehen mittlerweile dank der Initiative Denkmalschutz für die Bockbrauerei unter Denkmalschutz.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts brauten Georg Leonhard Hopf und bis 1920 Schultheiß nach bayerischem Vorbild das in Berlin bis dahin unbekannte obergärige Bier. Im angrenzenden Gartenlokal wurde es sogar direkt ausgeschenkt. 

Während des Zweiten Weltkrieges dienten einige der alten Kellergewölbe als Bunker. Das Unternehmen Telefunken wollte dort mit Zwangsarbeitern „kriegswichtige“ Industriegüter produzieren. Die unterirdische Fertigungsanlage wurde jedoch erst gegen Kriegsende fertiggestellt und kam somit kaum noch zum Einsatz. 

Schankhaus und Kellergewölbe werden von Genossenschaft übernommen

Die Bauwert AG plante ebendiese Bunkeranlagen, die nach dem Krieg entstandenen Lagerhallen sowie diverse Flachbauten zugunsten der 400 Wohnungen abzureißen. Das Bezirksamt lehnte diese Pläne aber ab. 

Nun bleiben das Schankhaus sowie das Kellergewölbe erhalten und gehen an eine Genossenschaft, die die Flächen ansässigen Gewerbetreibenden, Kulturschaffenden und für Gastronomiebetriebe zur Verfügung stellen möchte. Rund 4.000 Quadratmeter Nutzfläche werden also künftig von Künstlerateliers, einer Filmproduktion, einer Tanzschule, dem Archiv der Jugendkulturen und dem Theater Thikwa genutzt. 

Sechs neue Gebäude sollen entstehen

Die Arbeiten zum neuen Quartier haben schon begonnen. Denn die oberirdischen Nachkriegsgebäude wurden bereits abgerissen. Die Baugrube für den ersten Bauabschnitt an der Schwiebusser Straße soll im Herbst entstehen. 

11.500 Quadratmeter Fläche für Büros, Einzelhandel und ein Café werden in einem Gebäudekomplex aus rotem Ziegelstein untergebracht. Über den denkmalgeschützten Kellern wird ein schwebender, gläserner Brückenbau entstehen. Dieses von Tchoban Voss Architekten entworfene Gebäude strebt eine Zertifizierung für den nachhaltigen Gebäudebetrieb DGNB Gold an. 

Insgesamt werden sechs Neubauten auf dem Areal entstehen. In drei von ihnen sollen 130 Eigentumswohnungen untergebracht werden. In einem weiteren Gebäude werden 24 frei finanzierte Mietwohnungen für einen privaten Vermieter errichtet.

Geförderte Wohnungen und Studentenapartments sind in Planung

Zusätzlich sind Tiefgaragen mit insgesamt 178 Pkw-Stellplätzen für Bewohner und Beschäftigte vorgesehen. Mehr als 500 Plätze für Fahrräder und Lademöglichkeiten für E-Mobilität sind ebenfalls geplant. 

Die Bauwert AG will zudem auf rund 1.500 Quadratmetern des Geländes 25 geförderte Wohnungen, 50 Studentenapartments und eine Kita errichten. Die Wohngebäude wurden von der Bonanni Gesellschaft von Architekten mbH entworfen. Wer diese Wohnungen zukünftig betreiben wird, ist noch unklar. Derzeit laufen Gespräche mit der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft HOGOWE, die aber noch nicht abgeschlossen sind.

Die Investitionssumme liegt weit über der ursprünglichen Summe

Während der vergangenen sieben Jahre sind die ursprünglich veranschlagten Kosten enorm gestiegen. Laut Bauwert-Chef habe man ursprünglich mit einer Gesamtinvestition von rund 220 Millionen Euro gerechnet. Nun liegen die Baukosten jedoch bei 290 bis 300 Millionen Euro. 

Nach aktuellem Planungsstand soll das Projekt bis zum Herbst 2025 abgeschlossen werden, sollte es nicht zu weiteren Verzögerungen kommen. Der Kiez rund um die Schwiebusser Straße wird durch das Neubauprojekt jedenfalls eine vollkommen neue Charakterisierung erhalten. Man darf gespannt auf das Ergebnis sein.

 

Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier: 

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Quellen: HOWOGE, Bauwert AG, Berliner Morgenpost, Tchoban Voss Architekten

 

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