Was viele Experten bereits Jahre vor der Fertigstellung des Flughafens BER erwartet haben, hat in den vergangenen Jahren längst eingesetzt: eine rasante und großflächige Investitions- und Bauentwicklung rund um die Flughafenregion der stark wachsenden Gemeinde Schönefeld. Neben Wohnprojekten werden vor allem Gewerbeprojekte geplant. Auch die infrastrukturelle Anbindung der Region soll ausgebaut werden.
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Text: Björn Leffler
Was viele Stadtplaner und Experten bereits Jahre vor der Fertigstellung des Flughafens BER erwartet und prognostiziert haben, hat in den vergangenen Jahren längst eingesetzt: Eine rasante und großflächige Investitions- und Bauentwicklung rund um die Flughafenregion der Gemeinde Schönefeld und der angrenzenden Quartiere auf Brandenburger und Berliner Seite.
Dabei werden sowohl Wohnungs- als auch großformatige Gewerbeprojekte vorangetrieben. Eine der Gruppen, die sich mit der Entwicklung des “Boom-Korridors” im Südosten der Hauptstadtregion intensiv auseinandergesetzt hat, ist der Architekten- und Ingenieursverein zu Berlin/Brandenburg (“AIV”), der dem Thema bereits mehrere Veranstaltungen gewidmet hat und vor einigen Jahren sogar einen „Internationalen Städtebaulichen Ideenwettbewerb 2070“ zum Thema durchgeführt hat.
Flughafen BER: Zahlreiche Bauvorhaben werden auf den Weg gebracht
Mittlerweile sind nicht nur grobe städtebauliche Leitlinien entworfen worden, sondern ganz konkrete Projekte geplant und auch umgesetzt worden. Die Gemeinde Schönefeld an der südöstlichen Grenze zwischen Berlin und Brandenburg gehört längst zu den bundesweit am stärksten wachsenden Gemeinden.
In den kommenden Jahren sollen dort mehrere Wohn- und Gewerbeprojekte umgesetzt werden. Denn die Gemeinde plant mit vielen neuen Einwohnern und Arbeitskräften, die zukünftig den Weg nach Schönefeld finden sollen. Vor rund 30 Jahren war Schönefeld noch eine landwirtschaftlich geprägte Gemeinde mit nicht mehr als 6.000 Einwohnern.
Mittlerweile leben 20.000 Menschen in der Gemeinde Schönefeld
Die Kommune hatte lange das Image einer Schlafstadt mit wenig attraktiven Wohn- und Freizeitangeboten. Dies ist längst vorbei. Mittlerweile leben rund 20.000 Menschen in der Gemeinde Schönefeld, zudem pendeln täglich weitere 17.000 Menschen in die Ortschaft, die dem nahegelegenen Flughafen für viele Jahre seinen Namen gab. Und die Tendenz ist steigend.
Bürgermeister Christian Hentschel sagte vor einigen Jahren gegenüber der DPA: “Schönefeld wird ein cooler Ort. (…) Hier entsteht eine Stadt auf der grünen Wiese.” Hentschel ist in den vergangenen Jahren von zahlreichen regionalen und bundesweit agierenden Medien interviewt worden. Denn Schönefeld gehört zu den am stärksten wachsenden Gemeinden der Bundesrepublik.
In Schönefeld entstehen 10.000 Wohnungen auf einer 150 Hektar großen Fläche
Um dem erwarteten, weiteren Bevölkerungszuwachs in der Gemeinde Schönefeld Rechnung zu tragen, sollen in den kommenden Jahren zahlreiche weitere Bauvorhaben realisiert werden.
Ein 150 Hektar großes Entwicklungsgebiet mit Wohnquartieren für weitere 10.000 Einwohner soll in den kommenden zehn Jahren am südlichen Berliner Stadtrand erschlossen werden – große Pläne für die einstmals kleine Flughafengemeinde.
BUWOG und BONAVA realisieren Wohnprojekte in Schönefeld
Eines von mehreren Wohnungsbauvorhaben wird derzeit vom Immobilienunternehmen BUWOG vorangetrieben. Rings um das Rathaus der Gemeinde, zwischen Hans-Grade-Allee und Rathausgasse, soll in drei Bauabschnitten das Quartier “Neue Mitte Schönefeld” entstehen.
Ein weiteres Wohnungsbauvorhaben in Schönefeld hat das Immobilienunternehmen BONAVA umgesetzt. An der Alfred-Döblin-Straße sind insgesamt 90 Wohnungen entstanden, die ebenfalls vollständig als Eigentumswohnungen vertrieben werden.
Büroprojekt “The Unique” wurde erst kürzlich fertiggestellt
Ein weiteres Projekt ist kürzlich im unmittelbaren Umfeld des BER Flughafens auf einer 5.000 Quadratmeter großen Grundstücksfläche entstanden. Der Name des Projekts ist “The Unique”, welches von der Unique Invest GmbH & Co.KG verantwortet wird.
Entstanden ist dort ein zweiteiliges Gebäudeensemble mit einer Bruttogeschossfläche von rund 20.000 Quadratmetern. Dabei sind knapp 10.000 Quadratmeter reine Bürofläche im ersten Gebäude und 159 Serviced Apartments im zweiten Neubau umgesetzt worden.
“HORIZN BER CITY”: AM FLUGHAFEN BER SOLL EIN GEWERBEQUARTIER ENTSTEHEN
Weitere, deutlich großformatigere Gewerbeprojekte werden am Flughafen BER selbst entwickelt. Denn am drittgrößten Flughafenstandort Deutschlands soll in den kommenden Jahren ein neues Gewerbequartier entwickelt werden, welches auf einem fußläufig erreichbaren Freifeld nordöstlich der Terminals 1 und 2 liegen wird.
Gemeinsam mit der Grundstückseigentümerin FBB hat sich die landeseigene Gesellschaft das Ziel gesetzt, das Spektrum urbaner Räume und deren gewerblicher Nutzung zu erweitern und in direkter Nachbarschaft zum BER das “Potenzial eines der zentralsten europäischen Innovationsstandorte zu verwirklichen“, wie es offiziell heißt.
Wo heute Parkplätze und Rasenflächen sind, soll ein Gewerbequartier entstehen
Bislang befinden sich auf der Fläche vor allem Parkplätze und Rasenflächen. Zukünftig soll hier ein dicht bebautes, gemischt genutztes Gewerbequartier entstehen, aber keine reine Bürostadt, wie die Projektverantwortlichen betonen.
Damit eine vielfältige Nutzung tatsächlich realisiert werden kann, soll ein zweistufiges Konzeptverfahrens nach der Konzessionsvergabeverordnung geplant und realisiert werden. Die FBB will dafür europaweit Immobilien-, Investment- und Projektentwicklungsunternehmen einladen, um spannende und zukunftsfähige Nutzungskonzepte für das Gebiet zu erarbeiten.
Schönefeld: Neue Nutzungskonzepte für das ehemalige “Terminal 5”
Auch für das Areal rund um den “alten” Flughafen Schönefeld, das zwischenzeitliche Terminal 5, gibt es bereits Konzeptstudien für eine zukünftige, gewerblich orientierte Nutzung des ehemaligen Flughafengeländes.
Um zu visualisieren, wie die zukünftige Nutzung des einstigen Flughafens Schönefeld aussehen kann, wurden drei Architekturbüros beauftragt, um mögliche Konzepte auszuarbeiten. Alle drei Vorschläge knüpfen an die Geschichte des Flughafenstandorts an und integrieren das bestehende Gebäude als Forschungs- und Veranstaltungsort oder als Raum für kulturellen Austausch in ihre Konzepte.
Geschichte des “alten” Flughafens soll sichtbar gemacht werden
Das Gebäude des Flughafens wurde erst im Jahr 1976 erbaut. Nur kurze Zeit nach der Eröffnung des BER wurde es jedoch geschlossen und auch nicht wieder eröffnet. Mittlerweile wurde das Terminal dauerhaft vom Netz genommen und es steht fest, dass eine Nutzung als Flughafen hier nicht mehr erfolgen wird.
Das Vorhaben, welches von der Berlin-Brandenburger Flughafengesellschaft vorangetrieben wird, erinnert etwas an die geplante Urban Tech Republic, die auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tegel entstehen soll. Um zu visualisieren, wie eine mögliche Nutzung aussehen kann, wurden die Architekturbüros MLA+, FABRICations und COBE Berlin damit beauftragt, entsprechende Nutzungskonzepte auszuarbeiten.
Berlin und Brandenburg prüfen eine Verlängerung der Linie U7 zum BER
Bei einer so hohen Planungs- und Bauaktivität wird derzeit folgerichtig auch die künftige infrastrukturelle Anbindung des Geländes weiter gedacht. Beide Bundesländer, Berlin und Brandenburg, hatten sich schon im Sommer dieses Jahres darauf geeinigt, eine notwendige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung der Verlängerung der U-Bahnlinie U7 bis zum Flughafengelände in Schönefeld gemeinsam finanzieren zu wollen.
Eine Machbarkeitsstudie der BVG hatte bereits 2020 die grundsätzliche Realisierbarkeit des Vorhabens bestätigt. Schönefelds Bürgermeister Hentschel bezog schon im Juli klar Stellung für einen Weiterbau der U7: “Schönefeld ist eine Pendlergemeinde, wir haben aktuell knapp 20.000 Einwohner, aber 17.000 Einpendler in die Gemeinde. Im Flughafenumfeld werden ca. 70.000 Arbeitsplätze erwartet.”
Manja Schreiner: “Erster Schritt zur südlichen Verlängerung der U7”
Berlins Verkehrssenatorin Manja Schreiner äußerte sich damals wie folgt: “Ich freue mich, dass wir diesen ersten Schritt zu einer Entscheidung für die südliche Verlängerung der U7 getroffen haben. Denn die zwischen Berlin und Brandenburg vereinbarte gemeinsame Finanzierungsvereinbarung bildet die Voraussetzung für die Erarbeitung der Nutzen-Kosten-Untersuchungen, die wir brauchen, um notwendige Bundesmittel für die Umsetzung beantragen zu können.”
In einer öffentlichen Veranstaltung des BER-Dialogforums für Kommunalpolitiker der Flughafenregion im Dezember 2023 teilte Kathrin Sczepan, Baudezernentin der Gemeinde Schönefeld, mit, dass die offizielle Unterzeichnung der gemeinsamen Vereinbarung kurz bevorstehe.
U7-Ausbau: Wirtschaftlichkeitsprüfung kostet rund 200.000 Euro
Nach aktuellem Planungsstand werde eine Realisierung des Projekts bis zum Jahr 2035 anvisiert, wie es im Rahmen der Veranstaltung laut Tagesspiegel hieß. Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung kostet etwa 200.000 Euro und wird von sechs Sponsoren unterstützt.
Um den Großteil der Baukosten durch den Bund übernehmen zu können, muss das Projekt bei der Nutzen-Kosten-Untersuchung einen Wert über 1 aufweisen. Im Berliner Wahlkampf hatte sich auch Brandenburgs Ministerpräsident, Dietmar Woidke (SPD), zugunsten der damaligen Regierenden Franziska Giffey (SPD), mittlerweile Berlins Wirtschaftssenatorin, für eine Verlängerung der U7 ausgesprochen.
Woidke verknüpfte dies jedoch mit der Bedingung einer 90-prozentigen Förderung durch den Bund. Gemäß den bisherigen Plänen der BVG würden nach der südlichen Endhaltestelle Rudow eine oder zwei neue Stationen in Berlin hinzukommen. In Brandenburg sind fünf oder sechs mögliche weitere Stationen geplant, darunter am Bahnhof Schönefeld, am stillgelegten Terminal 5 und entlang der Airport-City zum Hauptterminal des BER.
Am Flughafen BER werden mehr Bauprojekte in Angriff genommen werden
Einige der möglichen neuen Stationen (siehe Abbildung unten) sind allerdings noch räumlich variabel, die Haltestelle “Midfield Gardens” am zukünftigen Gewerbequartier “HORIZN BER CITY” ist aktuell noch optional. Doch selbst wenn noch nicht alle Details genau definiert sind: die konkreter werdenden Planungen für eine Verlängerung der Linie U7 machen deutlich, wie groß das Potenzial für den boomenden Standort im Südosten der Metropolregion Berlin/Brandenburg ist.
Dass die Landespolitik auf beiden Seiten der Stadtgrenze das Thema nach oben priorisiert hat, ist für die weitere wirtschaftliche Entwicklung des Standorts von großer Bedeutung. Es ist keine allzu gewagte Prognose, wenn man sagt, dass in den kommenden Jahren noch etliche weitere Gewerbe- und Wohnprojekte rund um den BER Gestalt annehmen werden.
Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier:
Weitere Gewerbeprojekte gibt es hier
Weitere Wohnprojekte sind hier zu finden
Quellen: Realace GmbH, Hoidn Wang Partner, Buro Happold, Latz+Partner, MLA+, BUWOG Region-Ost Development GmbH, Wikipedia, B.Z. Berlin, Immobilien Zeitung, Unique Invest GmbH & Co. KG, Flughafen Berlin Brandenburg GmbH, FOREAL GbR, Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt
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