Der Petriplatz gilt als ältester Platz und Geburtsstätte Berlins. Nachdem seine Bebauung im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, wird seine Umgebung seit mehreren Jahren wiederaufgebaut. Es entstehen gänzlich neue, aber auch historisch rekonstruierte Gebäude.
Das wohl ambitionierteste Projekt am Petriplatz: Der Neubau des “House of One”.
Der Petriplatz in Berlin-Mitte gehört zu den Stadtarealen Berlins, dessen ursprüngliches Gesicht durch die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg und die anschließende, städtebauliche Neuplanung heute quasi nicht mehr erkennbar sind.
Dabei war ausgerechnet die Petrikirche, die auf diesem Platz stand, gemeinsam mit der Nikolaikirche, das älteste, urkundlich erwähnte Gotteshaus der Stadt. Tatsächlich aber war der Platz auch in den vergangenen Jahrhunderten schon geprägt von fortwährender Veränderung.
vier Petrikirchen standen im Laufe der Jahrhunderte auf dem Platz
Mehrere Kirchenbauten waren es nämlich, die sich auf diesem Platz befanden. Nachdem 1809 die schon dritte Petrikirche, ein barock gestalteter Sakralbau, abbrannte, wurde erst 40 Jahre später an gleicher Stelle eine neue Kirche errichtet. Architekt dieser letzten Petrikirche war Johann Heinrich Strack.
Doch auch diese Kirche sollte nur wenig mehr als 100 Jahre Bestand haben. Nach dem Zweiten Weltkrieg war ein Großteil der Bebauung am Platz, einschließlich der Kirche auf dem Platz, zerstört. Lediglich der Erweiterungsbau des Kaufhauses Rudolph Hertzog an der Ecke Brüderstraße blieb erhalten.
Der Platz und seine Umgebung wurde ab 1960 vollkommen neu geplant
Die Ruine der Petrikirche wurde bis 1964 letztlich abgetragen und nicht wieder neu aufgebaut. In den 1960er Jahren wurden nördlich des Petriplatzes, an der Scharrenstraße, Wohnhäuser in Plattenbauweise und das Bürogebäude für das Ministerium für Bauwesen der DDR errichtet.
Mit dem Ausbau der Gertraudenstraße zu einer achtspurigen Verkehrstrasse änderte sich der einstige Charakter des Quartiers vollends. Die unbebauten Flächen des einstigen Petriplatzes zwischen Breiter Straße und Kleiner Gertraudenstraße wurden als Parkplatz angelegt.
Der historische Petriplatz wurde zur Parkfläche
So endete einer der historisch relevantesten Orte Berlins als Abstellfläche für Autos. Durch die Wiedervereinigung ergab sich dann aber die Möglichkeit, die Zukunft des Petriplatzes neu zu denken. Aber im Zuge des Zusammenwachsens beider Stadthälften gab es Anfang der 1990er Jahre in der noch jungen Hauptstadt dringlichere Themen als den Wiederaufbau des historischen Zentrums.
So dauerte es bis 2006, bis der Berliner Senat im Rahmen des sogenannten “Planwerks Innenstadt” den Wiederaufbau des Petriplatzes beschloss. Archäologische Untersuchungen Anfang der 2000er Jahre waren Bestandteil der Vorbereitungen zur Wiederbebauung des Platzes.
Vier Projekte entstehen rund um einen neuen Stadtplatz
Längst sind aus der Vision des Wiederaufbaus städtebauliche Projekte hervorgegangen, die sich bereits in einem weit vorangeschrittenen Stadium befinden. Rund um den Petriplatz, der nach Plänen der Büros Florian Nagler Archikten (München) und Christina Kautz Landschaftsarchitektur (Berlin) als Stadtplatz geplant wird, entstehen vier ambitionierte Projekte oder sind bereits fertiggestellt.
Die neu entstehende Stadtlandschaft rund um den Petriplatz wird ein völlig neues, urbanes Bild des historischen Quartiers zeichnen und überwiegend moderne Gesichtszüge haben. Es darf wohl dennoch als städtebaulicher Gewinn bewertet werden, dass der Platz, der jahrzehntelang zu einem Parkplatz und einer ungenutzten Brachfläche degradiert worden war, wieder in einen öffentlich zugänglichen Bereich im Herzen Berlins umgewandelt wird.
Diese Projekte werden rund um den Petriplatz entwickelt:
Rekonstruktion des Kaufhauses Hertzog
An der Brüderstraße ist ein auffälliger Altbau wieder hergerichtet und von Grund auf modernisiert worden. Es ist der einzige verbliebene Flügel des einstigen, berühmten Kaufhauses Hertzog, welches die Bombardierungen der Alliierten im letzten Weltkrieg nicht überstanden hat. Das ehemalige Kaufhaus Hertzog, gegründet 1839, war das größte Berliner Kaufhausensemble.
Der übrig gebliebene Flügel des ursprünglich sehr viel größeren Kaufhauses, der nun wieder nutzbar gemacht wurde, überstand das Inferno nur aufgrund seiner für die damalige Zeit noch ungewöhnlichen und hochmodernen Stahl- und Betonbauweise. Im historischen Altbau und einem direkt nebenan errichteten und mit dem Altbau verbundenen Neubau sind Wohnungen und Büroflächen entstanden.
Ausführlichere Informationen und weitere Bilder zum Projekt gibt es hier.
Neubau des “House of One”
Das “House of One” soll der erste Sakralbau sein, in dem Juden, Christen und Muslime vereint unter einem Dach ihre Religion ausüben können. Die Iniatoren des Projektes umschreiben ihre Vision wie folgt: “Ein Haus, unter dessen Dach sich eine Synagoge, eine Kirche und eine Moschee befinden. Ein Haus des Gebets und der interdisziplinären Lehre. Ein Haus der Begegnung, für ein Kennenlernen und den Austausch von Menschen unterschiedlicher Religionen. Ein Haus auch für die, die den Religionen fernstehen.”
Die Idee hinter dem Projekt ist es, ein völlig neuartiges, zukunftsweisendes Sakralgebäude gemeinsam durch Juden, Christen und Muslime planen und bauen zu lassen und mit Leben zu füllen. Die Initiatoren des Projekts arbeiten bereits seit 2011 an der Umsetzung des Projekts. Das Motto des Projektes ist: “Drei Weltreligionen – ein Weg zu Gott”. Erklärtes Ziel der Initiative ist es, die Verständigung und den Austausch zwischen diesen drei großen Religionen zu fördern und zu verbessern bzw. überhaupt erst möglich zu machen.
Architektonisch ist ein modernes, zeitgenössisches Gebäude nach Plänen des Berliner Architekturbüros Kuehn Malvezzi geplant. Dennoch wird beim Bau des zukünftigen Gebäudes große Rücksicht auf die archäologischen Überreste der einstigen Petrikirchen genommen. Im Untergeschoss wird eine acht Meter hohe Halle die Überreste der historischen Gebäude angemessen präsentieren.
Ausführlichere Informationen und weitere Bilder zum Projekt gibt es hier.
Neubau des Archäologischen Zentrums
Bereits 2012 war der Architekturwettbewerb für das Gebäude entschieden worden, aber erst im Jahr 2019 hatten die Bauarbeiten unweit vom Spittelmarkt begonnen. Die Kosten für das Projekt belaufen sich auf rund 20 Millionen Euro. Finanziert wird das Projekt überwiegend aus EU-Mitteln und zu einem geringeren Anteil aus Geldern des Berliner Landeshaushaltes.
Das Archäologische Zentrum am Petriplatz soll nach Plänen des Berliner Senats Ausgangspunkt für eine Archäologische Promenade durch die alte, historische Mitte werden. Das siebengeschossige Gebäude soll zu einer Schaustelle archäologischen Arbeitens werden. Der Neubau entsteht über der heutigen Grabungsstätte, so dass Besucher die Fundamente der Cöllnischen Lateinschule von 1350 im untersten Geschoss erleben können.
Ausführlichere Informationen und weitere Bilder zum Projekt gibt es hier.
Entwicklung des Quartiers “Breite Straße”
In den kommenden Jahren soll nach Plänen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen in der Breite Straße ein anspruchsvolles Ensemble aus Wohnungen, Gewerbeflächen und Künstlerateliers entstehen, um den Stadtraum nachhaltig zu verändern und vor allem zu beleben.
Denn die Straße wird heute vor allem geprägt durch eine große, brachliegende Fläche, die sich gegenüber der Zentral- und Landesbibliothek befindet. Ein Umstand, der eine Entwicklung und Neuausrichtung des Standortes umso erforderlicher macht. Diese Entwicklung hat nun begonnen. Drei Planungsteams sollen in zwei Bearbeitungsphasen Ideen und Lösungen für das zukünftige Quartier erarbeiten. Eine Online-Beteiligung für Bürger*innen und Interessierte ist ebenfalls möglich und läuft bereits.
Ausführlichere Informationen zum Projekt gibt es hier.
Ein weiteres, bereits vor vier Jahren fertiggestelltes Projekt ist das “Capri”-Hotel, welches sich an der östlichen Seite des Petriplatzes befindet. Die Fassade des Gebäudes am Köllnischen Fischmarkt soll mit ihrem Versprung an das Köllnische Rathaus erinnern.
Im Hotel gibt es ein Archäologisches Fenster zu den Kellermauern von Bürgerhäusern der Scharrenstraße. Eine begehbare Glasplatte gibt den Blick frei auf das historische Mauerwerk frei.
Es wird spannend zu sehen sein, wie sich der Petriplatz in einigen Jahren als modern gestaltetes, archäologisches Fenster in die Stadtlandschaft einfügen wird. Wir werden die weitere Entwicklung der laufenden Projekte begleiten.
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12. Oktober 2024