An der Karl-Marx-Straße in Berlin-Neukölln wird derzeit ein 1970 errichtetes, ehemaliges Kaufhaus umgebaut und mit einem neuen Nutzungskonzept versehen. Anstatt das Gebäude abzureißen, entschieden sich die Projektverantwortlichen für den Erhalt der Bausubstanz. Ein Konzept, welches berlinweit gerade häufig angewandt wird. Mit dem Umbau von Warenhäusern wird auf den Strukturwandel im Einzelhandel reagiert.

Pilotprojekt an der Karl-Marx-Straße in Berlin-Neukölln: Das Bauvorhaben “Kalle Neukölln” verwandelt ein ehemaliges Warenhaus in ein Büro- und Gewerbeobjekt. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

Text und Fotos: Björn Leffler

 

Das hohe Angebot an Shopping Malls im gesamten Berliner Stadtgebiet hat längst dazu geführt, dass einige der entstandenen Einkaufszentren so schlechte Besucherzahlen zu verzeichnen haben, dass sie in ihrer ursprünglichen Form nicht weitergeführt werden können.

Kürzlich haben wir etwa über das in Alt-Treptow liegende Einkaufszentrum Park-Center berichtet. Das zum großen Teil leerstehende Center soll teilweise abgerissen werden. Auf dem Gelände sollen in den kommenden Jahren insgesamt acht neue Gebäude mit Flächen für Gewerbe, Wohnungen, Einzelhandel und Freizeitaktivitäten entstehen.

In Berlin werden zahlreiche Shopping Malls umgebaut – Büroflächen entstehen

Auch in der Steglitzer Schloßstraße hat im Boulevard Berlin ein großflächiger Umbau begonnen. In dem von Leerstand geplagten Center sollen neue Büroflächen und Serviced Apartments entstehen. Ähnliche Pläne gibt es für das Ring Center in Friedrichshain.

Bei diesen Umbauprojekten muss man allerdings unterscheiden zwischen den rund 70 Shopping Malls oder Einkaufszentren, die es berlinweit gibt, und den klassischen, häufig noch älteren Warenhäusern wie Karstadt oder Galeria Kaufhof, die deutlich stärker mit dem veränderten Kaufverhalten der Kunden zu kämpfen haben.

Für Warenhäuser ist das veränderte Einkaufsverhalten kaum aufzufangen

Für die klassischen Warenhäuser gibt es ebenfalls Umbauprojekte, welche die Bausubstanz zwar erhalten, das Nutzungskonzept aber tiefgreifend verändern sollen. Ein solches Projekt wird jetzt in Berlin-Wedding an der Müllerstraße mit dem Umbau des Karstadt-Gebäudes in Angriff genommen.

Ein Projekt, welches damit vergleichbar ist, ist das “Kalle Neukölln” genannte Vorhaben, welches in der Neuköllner Karl-Marx-Straße umgesetzt wird. Das Projekt hat bereits bundesweit für Aufsehen gesorgt, da es als eines der ersten Bauvorhaben die Umnutzung bisheriger Warenhäuser völlig neu gedacht hat.

Polis-Award: “Kalle Neukölln” als Pilotprojekt für Warenhaus-Umnutzungen

So wurde “Kalle Neukölln” beim renommierten Polis Award, einem Preis für Stadt- und Projektentwicklung, mit dem 3. Platz bedacht. Aus Sicht der Jury nimmt das Projekt die Rolle eines Pionierprojekts für die Revitalisierung von Warenhausstandorten und die Umnutzung innerstädtischer Parkhäuser ein.

Diese Pionierrolle wird dem Projekt vor allem deshalb zugesprochen, weil die bestehenden Gebäude nicht – wie immer noch häufig üblich – abgerissen, sondern weitergenutzt werden. Die Projektplaner des “Kalle Neukölln” haben sich gegen den Abriss und für die Erarbeitung einer zeitgemäßen Nutzungsmixtur entschieden.

Das Warenhaus an der Karl-Marx-Straße wurde in den 1970er Jahren errichtet

Errichtet wurde das Gebäude in den 1970er Jahren, auch hier war von 2001 bis 2019 eine Karstadt-Filiale untergebracht. Aber auch zahlreiche andere Einzelhandelsnutzungen fanden im Gebäude statt. Neue Wohnungen werden in dem Neubau allerdings nicht entstehen.

Nach einem Entwurf der Büros Max Dudler, Aukett + Heese sowie Realace Architekten sollen hier vielmehr neuartige Raumkonzepte geschaffen werden, die individuelle Bürostrukturen ermöglichen und zulassen – und zwar ohne das bestehende Gebäude abzureißen. Künftig soll es also vorwiegend eine gewerbliche Nutzung im “Kalle Neukölln” geben.

Bestandsgebäude samt Parkhaus bleiben erhalten und werden neu genutzt

Das Bestandsgebäude mit seinem ehemaligen Parkhaus soll eine  zeitgemäße Berücksichtigung finden und modern interpretiert werden. Bürobereiche, Flächen für die Kreativwirtschaft, Gastronomieangebote, Garten- und Dachflächen sowie Einzelhandelsbereiche sollen in dem neu interpretierten Gebäude entstehen.

Das erklärte Ziel der Projektplanerinnen und Projektplaner ist es dabei, ein Gebäude mit einer stark gemischten Nutzerschaft und viel Raum für Begegnung und Austausch zu schaffen. Und viel Raum für Begegnungen wird es in der Tat geben.

Im “Kalle Neukölln” wird es künftig eine gemischte gewerbliche Nutzung geben

Insgesamt werden rund 40.000 Quadratmeter Nutzfläche entstehen. 26.000 davon sollen für Büroflächen zur Verfügung stehen, weitere 4.000 für Einzelhandel und 6.000 Quadratmeter für Gastronomie. Zudem soll eine rund 4.000 Quadratmeter große Dachgartenzone errichtet werden.

Ein Großteil des Gebäudes soll zukünftig also öffentlich zugänglich gemacht werden. Rein baulich ist das Projekt ein hochanspruchsvolles Vorhaben. Die bestehenden Gebäudestrukturen sollen vollkommen neu interpretiert werden.

Das Projekt “Kalle Neukölln” soll noch in diesem Jahr abgeschlossen werden

Dabei werden durch großzügige Einschnitte in Form von Atrien Licht und Luft nach innen gelassen und offene, fließende Raumbezüge, Sichtachsen und Wege geschaffen. Ein ähnlicher Umbau wurde bereits am Ostbahnhof mit dem ehemaligen Galeria Kaufhof Gebäude der Signa-Gruppe erfolgreich umgesetzt.

Auf dem Dach des neuen Gebäudes in Neukölln sollen Gewächshäuser, Kräutergarten, eine kreative Barkultur sowie öffentliche Dachterrassenflächen entstehen. Verschiedene Gastronomie-Angebote sollen hier eingerichtet werden, denn das „Kalle Neukölln“ soll zukünftig an jedem Tag der Woche geöffnet sein. Ob und wie das Gebäude im Kiez an der Karl-Marx-Straße angenommen wird, bleibt abzuwarten. Die Fertigstellung des Projekts soll noch in 2023 erfolgen.

 

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© Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

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Quellen: Bauwelt, Maruhn Real Estate Investment GmbH, xoio GmbH, Max Dudler, Aukett + Heese, Realace Architekten, Signa

 

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