CDU und SPD planen offenbar einen neuen Masterplan zur Gestaltung der Berliner Innenstadt. Damit könnte vor allem die Gestaltung des “Rathausforums” sowie die Umsetzung des Molkenmarkt-Projekts noch einmal völlig neu ausgerichtet werden.

Werden diese Pläne noch einmal neu überdacht? Das sogenannte “Rathausforum” soll in den kommenden Jahren als Grünfläche ausgestaltet und nicht neu bebaut werden. CDU und SPD haben hier aber offenbar andere Pläne. / © RMP Stephan Lenzen / Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen

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© Visualisierung Rathausforum: RMP Stephan Lenzen, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen
Text: Björn Leffler

 

Bereits Ende Januar hatten wir darüber berichtet, dass es in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, genauer gesagt bei Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt, mögliche Bestrebungen gibt, die zukünftige Bebauung der Berliner Innenstadt noch einmal neu anzugehen.

Konkret ist hiermit das “Rathausforum” genannte Areal zwischen Fernsehturm, Rotem Rathaus, Marx-Engels-Forum und Marienkirche gemeint. Die zukünftige Gestaltung des Areals in Berlins historischer Mitte ist ja eigentlich vorgezeichnet. Nach Plänen des Büros RMP Stephan Lenzen soll zwischen Spree, Marienkirche, Fernsehturm und Rotem Rathaus eine große Grünfläche entstehen.

Möchte Petra Kahlfeldt das “Rathausforum”-Areal neu planen?

Diese Pläne gehen zurück auf einen langjährigen und aufwendigen Planungs- und Entwicklungsprozess, der unter breiter und intensiver Beteiligung der Berliner Öffentlichkeit seit 2016 durchgeführt wurde. Ab 2024 soll der Umbau der Fläche nach ursprünglichem Planungsstand eigentlich schon beginnen. Die zukünftige Fläche sollte den Menschen die Möglichkeit zum Ausruhen, Entspannen und Sport treiben geben.

Laut einem Bericht der taz jedoch scheint die erst nach dem Wettbewerb ins Amt gekommene Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt andere Pläne für diese Fläche zu verfolgen. Demnach ließ Kahlfeldt Anfang des Jahres im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses einen Antrag auf Freigabe einer Summe von 50.000 Euro für „vorbereitende Untersuchungen“ zur „weiteren Entwicklung der Historischen Mitte“ einbringen.

“Stiftung Mitte Berlin” möchte historisch orientierte Bebauung der Innenstadt

Befeuert werden diese Planspiele offenbar durch die im vergangenen Jahr gegründete Stiftung Mitte Berlin, die sich für eine Bebauung der historischen Berliner Innenstadt nach dem Vorbild des Stadtbilds der 1920er Jahre einsetzt. Die Unternehmerin und Autorin Marie-Luise Schwarz-Schilling hat die Stiftung gegründet.

Diese will sich nach eigener Aussage “aktiv, öffentlich und transparent” für eine dicht bebaute und belebte Innenstadt auf dem Gebiet der einstigen Berliner Altstadt einsetzen. Auch Stadtforscher Dr. Benedikt Goebel ist Vorstandsmitglied in der Stiftung.

Wahlergebnis könnte Neuausrichtung der Innenstadt-Planung zur Folge haben

Die Stiftung sowie auch Petra Kahlfeldt könnten durch das Ergebnis der kürzlich erfolgten Berliner Wiederholungswahl nun starken Rückenwind bekommen. Denn wie der Tagesspiegel berichtet, plant die Verhandlungsgruppe Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, die in den Koalitionsgesprächen zwischen CDU und SPD die stadtplanerischen Themen abdeckt, eine Neubetrachtung der Berliner Innenstadt.

Damit ist vornehmlich das Areal gemeint, auf dem sich einst die historische Altstadt Berlins befand. Dies schließt sowohl das “Rathausforum” als auch das Entwicklungsquartier rund um den Molkenmarkt mit ein. Geplant ist offenbar die Entwicklung eines Masterplans für die gesamte Berliner Mitte.

CDU und SPD wollen einen neuen Masterplan für die Berliner Innenstadt

Ein solcher Masterplan ist in den vergangenen Jahren von verschiedenen Gruppen und Initiativen immer wieder gefordert worden, bislang aber nicht umgesetzt worden. Auch die „Planungsgruppe Stadtkern“, der auch Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt angehörte, fordert seit langem einen solchen Plan.

So könnte es also nicht nur für das Areal des “Rathausforums” eine Neuausrichtung geben, sondern auch für das Molkenmarkt-Projekt. Bislang war vorgesehen, dass die Errichtung des Quartiers durch die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften DEGEWO und WBM erfolgen soll. Eine Tatsache, die von vielen Architektenkreisen kritisiert wurde, da sie eine zu banale Architektur beim Wiederaufbau des historischen Quartiers fürchten.

Auch die Entwicklung des Molkenmarkts könnte neu ausgerichtet werden

Diese Einschätzung teilt offenbar auch Petra Kahlfeldt, die daher unlängst vorgeschlagen hatte, die Realisierung auch in Zusammenarbeit mit Genossenschaften und Stiftungen umzusetzen. Gleichzeitig sollen die Grundstücke in kleinere Parzellen aufgeteilt werden, um eine vielfältige und abwechslungsreiche Gestaltung des Quartiers zu erreichen.

Bislang war vorgesehen, dass die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften großformatige und zusammenhängende Grundstücke entwickeln sollten, um dort vor allem bezahlbaren Wohnraum zu realisieren. Ob dieses Vorhaben in der von CDU und SPD geführten Koalition noch immer 1:1 so umgesetzt werden soll, ist demnach aber mehr als fraglich.

Bauakademie: CDU und SPD wollen historischen Wiederaufbau

Auch beim Wiederaufbau der Bauakademie sind sich SPD und CDU einig, dass sie in historischer Form wiederaufgebaut werden soll. Wie eine solche historisch orientierte Realisierung des Projekts institutionell gewährleistet werden soll, wurde bislang aber noch nicht festgelegt.

Eine andere städtebauliche Institution der Hauptstadt soll künftig aber ebenfalls neu ausgerichtet werden, und zwar das Berliner Landesdenkmalamt. Dieses ist bislang der Kulturverwaltung angegliedert. Künftig sollen die Denkmalschützer aber als Teil der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung operieren.

Landesdenkmalamt: Künftig bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung?

Damit soll offenbar erreicht werden, dass der Denkmalschutz die Bauvorhaben des Landes Berlin sowie privater Bauherren – wie etwa das Signa-Projekt am Hermannplatz oder den Umbau des Gasometers in Schöneberg – nicht ohne die Zustimmung der Senatsverwaltung torpedieren kann. Ein Vorhaben, welches beim Landesdenkmalamt für wenig Begeisterung sorgen dürfte.

CDU und SPD haben, auch wenn die Pläne noch recht vage sind, offenbar gänzlich andere Pläne für die Berliner Innenstadt, als die vorangegangenen rot-grün-roten Regierungsbündnisse. Abzuwarten bleibt aber dabei, ob die potenzielle Regierungskoalition ihre ambitionierten Pläne auch in die Tat umsetzen kann.

 

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Quellen: Der Tagesspiegel, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN, Architektur Urbanistik Berlin, taz

 

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3 Comments

  1. Reinhard Rupsch 29. März 2023 at 15:44 - Reply

    Nach jahrzentelangem Stillstand und unendlichem Palaver scheint nun die Chance für eine echte Innenstadt-Reparatur zu kommen.
    Was ich hier lese klingt gut und ich habe Hoffnung.
    Als schönstes Geschenk fände ich die Rückkehr des Neptun-Brunnens vor das Schloss und einen historisch gestalteten Molkenmarkt.

  2. Matthias Osthaus 31. März 2023 at 12:20 - Reply

    Das ist der Beweis, dass Kai Wegner/CDU und Franziska Giffey/SPD nicht für die Stadt der Zukunft, sondern für die der Vergangenheit planen.
    Dabei sind die Vermarktungsinteressen der Immobilienbranche das Leitbild und nicht eine Stadt für ALLE Bürger. Die jetzige Planung, hauptsächlich Wohnungen für einkommensschwache Mieter zu schaffen, wird vernichtet
    Weiterhin steht die Vollversiegelung des historischen Bereiches den Klimazielen entgegen, wonach die Stadt für Regenwasserspeicherung und gegen Aufheizung ertüchtigt werden muß.

  3. B. Zunker 10. April 2023 at 15:51 - Reply

    Die oben von Hr. Osthaus vertretenen Argumente finde ich alle richtig, die Schlüsse, die daraus gezogen werden, hingegen nicht.

    Ich würde mir wünschen, dass Themen wie Klimaschutz und soziale Faktoren nicht nur im Brennglas von zentralen Flächen und Bauvorhaben diskutiert würden, sondern in der Breite. Viele Architekt/innen, die zum Beispiel Rekonstruktionen mit allen möglichen Argumenten abwerten, berücksichtigen diese Argumente bei ihren eigenen Projekten nicht oder zu wenig.

    Für einen innerstädtischen Bereich, der stets eine eher kleine Fläche beansprucht, müssen ganz besondere Kriterien berücksichtigt werden. So schön ich die Idee eines Parks einerseits finde, habe ich doch den Eindruck, dass Berlin besonders in dieser Gegend perforiert wirkt und mehr Dichte guttäte. Es ist eben nicht New York mit Central Park. Und “Regenwasserspeicherung” lässt sich auch mit Bebauung nach dem Konzept der Schwammstadt verwirklichen.

    Die im Artikel genannten, angestrebten Maßnahmen finde ich ausnahmslos gut.

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