Trotz der immer akuter werdenden Wohnungsnot in Berlin werden die Chancen von intelligentem Hochbau noch immer kaum ausgeschöpft. In einer mehrteiligen Reihe zeigen wir Potenzialflächen für Hochhausprojekte im gesamten Stadtgebiet, auf denen nachhaltig die dringend benötigten Wohnungen errichtet werden könnten. Im zweiten Teil der Reihe schauen wir in den Südosten der Hauptstadt.

Städtebauliche Entwicklung entlang der Bundesstraße 96a: So könnte eine Verdichtung im Berliner Südosten zukünftig aussehen. / © Konzept und Visualisierung : Hoidn Wang Partner / Buro Happold / Latz+Partner

© Visualisierungen: Hoidn Wang Partner / Buro Happold / Latz+Partner
Text: Björn Leffler

 

Obwohl die rot-grün-rote Berliner Regierungskoalition mit großen Ankündigungen und dem Ziel, jährlich 20.000 Wohnungen errichten zu wollen, an den Start gegangen ist, hat sich die Situation auf dem Wohnungsmarkt der Hauptstadt tatsächlich nicht entspannt – im Gegenteil.

Noch immer gibt es in Berlin ein jährliches Bevölkerungswachstum, welches durch die neu entstehenden Wohnungen nicht aufgegangen werden kann. Vor allem landeseigene, bezahlbare Mietwohnungen entstehen in deutlich zu geringer Zahl. Und aufgrund der steigenden Preise für Material und Energie sind neue Bauprojekte immer schwieriger umzusetzen.

Wohnungsbau in Berlin: Vertikales Bauen birgt große Potenziale

Die notwendige Zahl neuer Wohnungen kann nach Meinung vieler Stadtentwicklungsexperten letztlich nur noch dadurch erreicht werden, dass auch in Berlin vermehrt in die Höhe gebaut wird. Diese Ansicht vertrat kürzlich auch der österreichische Architekt Christoph Langhof in einem Interview mit der Berliner Morgenpost.

Dabei unterstrich er, dass der Bedarf nach Wohn-, Verwaltungs- und Arbeitsflächen so enorm sei, dass er entweder mit einem enormen Wachstum in die Breite oder mit verstärktem vertikalen Bauen zu befriedigen sei.

Hochhausbauten ermöglichen eine Mischnutzung der Gebäude und kurze Wege

Zudem sei das Bauen in die Höhe die Chance, so wenige Flächen wie möglich zu versiegeln. Denn vertikal könnten in einem Gebäude unterschiedliche Nutzungen inklusive Grünflächen in Form von „Pocket Parks“ untergebracht werden.

Im Zuge unserer Reihe “Wohnvisionen für Berlin” schauen wir auf Potenzialflächen für Hochhausprojekte im gesamten Stadtgebiet, bei dem wir bereits das Tempelhofer Feld beleuchtet haben. Zu diesen Potenzialflächen gehört auch der Berliner Südosten, insbesondere der Stadtraum Oberschöneweide, Niederschöneweide und Adlershof im Bezirk Treptow-Köpenick.

Berlins Südosten: Wachsende Boom-Region mit großem Zukunftspotenzial

Die Region gehört seit Jahren zu den boomenden Quartieren der Hauptstadt, was am starken Bevölkerungszuwachs und dem sukzessiven Bau neuer Wohnquartiere wie etwa dem geplanten Quartier auf dem ehemaligen Güterbahnhof Köpenick oder dem Projekt “BE-U” am Behrensufer zu erkennen ist.

Seit Inbetriebnahme des Flughafens BER hat eine rasante und großflächige Investitions- und Bauentwicklung rund um die Flughafenregion der Gemeinde Schönefeld und der angrenzenden Quartiere auf Brandenburger sowohl auch auf Berliner Seite begonnen. Hiervon ist im Berliner Stadtgebiet natürlich vor allem der Bezirk Treptow-Köpenick betroffen.

Stadtentwicklung: Visionen für den Berliner Südosten gibt es seit Jahren

Bevor Berlin und Brandenburg das Thema Entwicklung der Metropolregion Südost überhaupt zu einem Schwerpunktthema ihrer Stadtentwicklungspolitik machen werden, haben andere Gruppen längst konkrete Visionen und Ideen für die zukünftige Entwicklung des Areals auf den Weg gebracht.

Der Architekten- und Ingenieursverein zu Berlin/Brandenburg („AIV“) hat dem Thema in den vergangenen Jahren mehrere Veranstaltungen gewidmet und sogar einen „Internationalen Städtebaulichen Ideenwettbewerb 2070“ zum Thema durchgeführt.

Mögliche Bebauung entlang der Bundesstraße 96a

Als eines der großen, zukünftigen Entwicklungsgebiete für vertikalen Wohnungsbau und die Errichtung weiterer, gewerblicher und gemischt genutzter Gebäude wurden dabei vor allem die Flächen entlang der Bundesstraße 96a, also der Schnellerstraße sowie des Adlergestells, ermittelt.

Schon heute befindet sich hier mit dem Technologiepark Adlershof eines der aufstrebenden Quartiere der Hauptstadt. Im Vergleich zum Rest Berlins und vor allem zu den immer dichter bebauten Innenstadtarealen finden sich hier jedoch noch große Flächen, die einen Wohnungsbau in großem Stil und in vertikaler Form möglich machen würden.

Auch der Berliner Senat beschäftigt sich mit der Entwicklung der Region Südost

Die zukünftige Entwicklung des „Korridors Südost“ hat auch Eingang in den Koalitionsvertrag der rot-grün-roten Landesregierung gefunden und ist daher durchaus im Blickfeld der Politik. Der vom „AIV“ durchgeführte Ideenwettbewerb trifft also schon heute auf das Interesse der Politik, aber natürlich ohne dabei einen rechtlich bindenden Charakter zu besitzen.

Ziel des Wettbewerbs war es eher, Ideen und Visionen anzuregen und die gesellschaftliche, ökonomische und politische Diskussion aufzunehmen und Entscheidungsträger miteinander zu vernetzten. Die Ergebnisse des Wettbewerbs jedenfalls zeigen, wie stark diese neue Boom-Region die umliegenden Quartiere verändern könnte.

Konzept “Köpenicker Prospekt”: Nähe zu Wasser und Grünflächen als großes Plus

Die Berliner Architekten Barbara Hoidn und Wilfried Wang schlagen entlang der Verbindungsstraßen und Bahnlinien zwischen der B96a und dem Teltowkanal am „Köpenicker Prospekt“ urbane Nachverdichtung vor, zum Teil mit öffentlich zugänglichen Uferpromenaden und Brücken über die Spree, die Oberschöneweide und Niederschöneweide verbinden.

Dabei betonen die Stadtplaner vor allem die Nähe zu bestehenden Grünflächen wie dem Spreepark, der derzeit zu einem Kulturquartier umgestaltet wird, oder dem Königsheider Forst. Entlang der Bundesstraße könnte demnach ein kilometerlanges Gebäudeband aus Hochbauten mit unterschiedlicher Nutzungsstruktur entstehen.

Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs muss den Ausbau der Region Südost begleiten

Entlang der gesamten Spree sollten nach Vorstellung der Architekten öffentlich zugängliche Uferpromenaden und Grünzüge entstehen. Zudem sollte die Verbindung zwischen Oberschöneweide und Niederschöneweide verbessert werden und auch der Regional- und Fernverkehr ausgebaut werden, um die Versorgung der Region mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu gewährleisten.

Die von Barbara Hoidn und Wilfried Wang vorgeschlagene Vision für Schöneweide und Adlershof ist, so wurde es auch überschrieben, eine Zukunftsvision, die zum Teil mehrere Jahrzehnte vorausblickt. Dennoch kann sie ein wichtiger Fingerzeig dafür sein, wo und in welcher Form Berlin in den kommenden Jahren die benötigten Flächen entwickeln kann.

projekt “Spreeküste” ermittelt Potenzialflächen im Berliner Südosten

Längst hat der Blick in den Berliner Südosten begonnen. Im Rahmen des Entwicklungsprojekts „Spreeküste“ soll eine Potenzialermittlung für die an der Spree gelegenen Flächen der östlich und südöstlich gelegenen Bezirke Lichtenberg und Treptow-Köpenick erfolgen. Um die bauliche Entwicklung dieser Uferbereiche zentral und koordiniert zu steuern, soll daher in drei Schritten ein bezirksübergreifendes Entwicklungskonzept erarbeitet werden.

Es gibt also viele Denkansätze und Richtungen, die es bei der zukünftigen Planung des südöstlichen Berliner Korridors zu berücksichtigen und zu verknüpfen gilt. Sicher scheint in jedem Fall, dass es dort in den kommenden Jahrzehnten zu einer spürbaren Verdichtung kommen wird.

 

Weitere Bilder zum Thema findet Ihr hier: 

© Visualisierung: Hoidn Wang Partner / Buro Happold / Latz+Partner

© Visualisierung: Hoidn Wang Partner / Buro Happold / Latz+Partner

So könnten zukünftige Gebäude genutzt werden. Für die Bewohner ergäben sich kurze Wege. / © Visualisierung: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

Mögliches Modellprojekt: Am Anhalter Bahnhof entsteht Deutschlands bislang höchstes Holzhaus, mit einer vielfältigen, vertikalen Nutzung. Federführend ist das Unternehmen UTB. / © Visualisierung: UTB Projektmanagement GmbH

Urban Gardening und mehr: Die Dachflächen der neuen Gebäude könnten für Gartenflächen, Veranstaltungen oder Gemeinschaftsprojekte genutzt werden. / © Foto: depositphotos.com

 

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Quellen: Architekten- und Ingenieursverein zu Berlin/Brandenburg, ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN, Hoidn Wang Partner / Buro Happold / Latz+Partner

 

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