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2036 oder 2040: Berlin will eine erneute Olympia-Bewerbung wagen

Der DOSB möchte eine erneute Olympiabewerbung für die Jahre 2036 oder 2040 auf den Weg bringen und lotet derzeit die Stimmung in der Bevölkerung aus. Ziel ist es, mit einer Ankerstadt und weiteren, bundesweit verteilten Standorten an den Start zu gehen. Der Berliner Landessportbund sowie die Landesregierung wollen Berlin zum zentralen Standort einer deutschen Olympiabewerbung machen.

Berlins historisches Olympiapark-Areal im Ortsteil Westend soll nach Vorstellungen der Berliner Sportpolitik erneut Austragungsort für Olympische Sommerspiele werden. / © Foto: depositphotos.com

© Fotos: depositphotos.com
Text: Björn Leffler

 

In der britischen Hauptstadt London wurden die Olympischen Sommerspiele im Jahr 2012 veranstaltet, die französische Hauptstadt Paris wird im kommenden Jahr Olympia-Gastgeber sein. Nun will auch die deutsche Hauptstadt Berlin eine erneute Olympia-Bewerbung wagen.

Was bereits seit einigen Jahren immer wieder etwas vage durch Medien, Verbände und sportpolitische Institutionen mäandert, soll nach Informationen der Berliner Morgenpost nun konkret werden.

Der DOSB möchte eine erneute deutsche Olympia-Bewerbung auf den Weg bringen

Der DOSB (Deutscher Olympischer Sportbund) möchte eine erneute Kandidatur Deutschlands für Olympische Sommerspiele auf den Weg bringen. Dieses Mal sollen dabei jedoch nicht mehrere deutsche Städte in einem Auswahlverfahren gegeneinander antreten, sondern eine bundesweite Bewerbung mit einer Ankerstadt und mehreren, zusätzlichen Austragungsorten konzipiert werden.

Bereits im Mai hatten wir über die Erfolgsaussichten einer erneuten Berliner Olympia-Bewerbung berichtet. Zuletzt war Berlin 1993 ins Rennen gegangen, scheiterte aber deutlich bereits im ersten Wahlgang. Eine weitere Bewerbung Berlins hat es bislang nicht gegeben, dafür aber durchaus Bemühungen, andere deutsche Städte oder Metropolregionen ins Rennen zu schicken.

Olympia: Andere deutsche Metropolen scheiterten in den vergangenen Jahren

Dabei war die erfolglose Bewerbung von Leipzig wohl einer der größten Trugschlüsse der jüngeren deutschen Sportgeschichte. Die Stadt Hamburg, die sich einige Jahre später in einem vorangegangen Bewerbungsverfahren gegen Berlin hatte durchsetzen können, wäre wohl ein deutlich aussichtsreicherer Kandidat gewesen, scheiterte dann jedoch überraschend am Votum der eigenen Bevölkerung. Auch das Ruhrgebiet hegte Olympia-Ambitionen, wurde vom IOC jedoch unsanft ausgebremst.

Dieses Mal jedoch möchte der DOSB anders vorgehen, was auch der Berliner Landessportbund bekräftigt. “Wir wollen nicht die Fehler der Vergangenheit machen und mit einem fertigen Konzept in die Öffentlichkeit gehen“, sagten der Präsident des Landessportbundes Berlin, Thomas Härtel und Verbandsdirektor Friedhard Teuffel, im Gespräch mit der Berliner Morgenpost.

Olympische Spiele sollen in bestehenden oder temporären Sportstätten stattfinden

Ziel sei es demnach, Ideen und Anregungen aus der Bevölkerung aufzunehmen und vor allem mit Kritikern einer möglichen Bewerbung ins Gespräch zu gehen. Zudem sollen mögliche Spiele – im Rahm steht eine Bewerbung für die Spiele 2036 oder 2040 – zu 100 Prozent in bereits bestehenden Sportstätten oder temporären Arealen durchgeführt werden.

Als Ankerstadt für eine derart konzipierte Bewerbung kommen in Deutschland nur die bisherigen Olympia-Städte München und Berlin infrage, wobei Berlin aufgrund seiner Größe und seiner Geschichte als Sportmetropole den deutlich größeren Teil an bereits bestehenden Sportstätten vorweisen kann.

Das Olympiastadion Berlin wird derzeit für die Fußball-EM 2024 ertüchtigt

Zudem ist das Olympiastadion Berlin die deutlich modernere Arena, derzeit wird das Stadion erneut modernisiert und technisch aufgerüstet, da es Austragungsort und Endspiel-Arena für die im kommenden Jahr stattfindende Fußball-Europameisterschaft sein wird. Das Münchner Olympiastadion hingegen müsste mit größerem finanziellen Aufwand hergerichtet werden, da hier nur noch selten Sportveranstaltungen stattfinden.

Erneute Olympische Spiele in Berlin wären aber nicht nur im Olympiapark selbst angesiedelt. Schon die im kommenden Jahr in Paris stattfindenden Sommerspiele werden zu großen Teilen im gesamten Stadtzentrum in temporären Sportanlagen durchgeführt, die später nicht weiter genutzt sondern wieder abgebaut werden. Von diesen Spielen sollten sich die potenziellen Berliner Organisatoren viel abschauen, denn es ist ein Konzept, welches sich sehr gut auch auf die deutsche Hauptstadt übertragen ließe.

Berlin hat viele Freiflächen für die Durchführung von Wettbewerben

Denn große Freiflächen gibt es auch in Berlin. Neben dem historischen Maifeld im Olympiapark wären auch Flächen wie das Tempelhofer Feld, die Wiese vor dem Reichstag oder der Mauerpark in Prenzlauer Berg mögliche Sport- und Veranstaltungsflächen. Zudem wird in den kommenden Jahren das Sportforum Berlin in Hohenschönhausen modernisiert und erweitert, auch der Jahnsportpark in Prenzlauer Berg wird umfassend umgebaut.

Der Bau neuer Sportstätten ist zudem längst geplant. So erweitert der 1. FC Union die Alte Försterei auf 38.000 Plätze, im Jahnsportpark wird eine neue Leichtathletik-Arena mit 20.000 Sitzplätzen errichtet. Der Neubau einer Multifunktionshalle für ALBA Berlin wird derzeit ebenfalls diskutiert.

Berlin hat viel Erfahrung in der Organisation großer Sport-Events

Hinzu kommen die bereits bestehenden Sportstätten wie die Mercedes-Benz-Arena, die Max-Schmeling-Halle oder das Velodrom. Weitere, temporäre Sportstätten wie etwa ein Schwimmstadion könnten in den Messehallen realisiert werden.

Unabhängig davon kann Berlin dann durchaus auch etwas Selbstbewusstsein zeigen und sich als das präsentieren, was es seit vielen Jahren ist: eine Sportmetropole mit internationaler Strahlkraft. Berlin ist ungeheuer erfahren in der Austragung großer Sport-Events und hat zudem eine lange olympische Tradition. Zuletzt waren die Special Olympic Games 2023 ein großer und international beachteter Erfolg.

Organisatoren müssen die Vorteile einer Olympia-Bewerbung herausarbeiten

Doch eine Olympia-Bewerbung wird nicht nur mit der Anzahl bestehender Sportstätten entschieden. Ein großes Manko des letzten Bewerbungs-Versuchs war es, dass nicht klar gemacht werden konnte, wie stark auch der Breitensport von einer Olympia-Bewerbung profitieren kann.

Denn mit der Durchführung von Olympischen Spielen geht auch immer die Modernisierung bestehender Sportstätten einher, was vor allem für Schulen und Vereine von hoher Wichtigkeit wäre. So hatte es der Berliner Senat auch schon 2015 vorgesehen und eine solche Modernisierung der Sportstätten in das Bewerbungskonzept geschrieben.

Mehr Nachhaltigkeit: Im IOC hat mittlerweile ein Umdenken stattgefunden

Allein es wurde nicht gehört. Zu groß waren – und sind – die Vorbehalte der Menschen gegen die Institution IOC, die womöglich eines der größten Probleme darstellen. Denn viele Menschen haben zurecht wenig Lust, eine durchkommerzialisierte IOC-Werbeveranstaltung in die Stadt zu holen.

Sowohl beim DOSB als auch beim IOC habe jedoch ein Erneuerungsprozess eingesetzt, versicherten Härtel und Teuffel im Morgenpost-Interview. Das IOC habe sehr genau registriert, dass die mit enormen Bauaufwänden verbundenen Olympia-Konzepte in Hamburg und München (Winterspiele) von der Bevölkerung klar abgelehnt worden sind.

Olympia: Mehrere deutsche Standorte sollen gemeinsam an den Start gehen

Eine Olympia-Bewerbung des DOSB würde jedoch bedeuten, dass mehrere deutsche Standorte gemeinsam an den Start gehen. So könnten nach den Vorstellungen des Berliner Landessportbundes die Reitveranstaltungen in Aachen stattfinden,  die Segelveranstaltungen in Kiel oder Warnemünde organisiert werden und bestehende Wildwasserbahnen in Markkleeberg (Sachsen) oder Augsburg (Bayern) genutzt werden.

Reinhard Rawe, Vorstandschef des LSB Niedersachsen, hatte sich Anfang August ebenfalls öffentlich für eine Olympia-Bewerbung mit Berlin als Hauptstandort stark gemacht und sprach dabei gegenüber der Funke Mediengruppe von einer “riesigen Chance“.

DOSB lotet die Stimmung in der deutschen Bevölkerung aus

Aktuell lotet der Deutsche Olympische Sportbund in einem Strategieprozess noch aus, ob eine Olympia-Bewerbung in der Bevölkerung Zustimmung finden würde. Dazu wurde vom DOSB die Kampagne „Deine Idee. Deine Spiele“ gestartet.

Im Frühjahr 2024 soll dann die Entscheidung fallen, ob Deutschland sich erneut um die Ausrichtung Olympischer Spiele bewerben wird. CDU und SPD haben sich in Berlin längst darauf verständigt, eine Berliner Olympiabewerbung forcieren zu wollen.

Politik und Landessportbund wollen eine Berliner Olympia-Bewerbung

Wörtlich heißt es dazu im Koalitionsvertrag: “Die Koalition bekräftigt die Bereitschaft, dass Berlin als ein Austragungsort im Rahmen einer
möglichen nationalen Bewerbung mit einem nachhaltigen Konzept um die Durchführung von Olympischen und Paralympischen Sommerspielen in Deutschland zur Verfügung steht.

Ob der DOSB mit München oder Berlin als Ankerstadt für eine Olympia-Bewerbung ins Rennen gehen möchte, ist derzeit aber genauso offen wie die Frage, ob es überhaupt eine Bewerbung geben wird. Antworten dazu wird es wohl in wenigen Monaten geben.

 

Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier: 

Der Olympiapark in Berlin-Charlottenburg war 1936 Austragungsort der von den Nationalsozialisten als Propaganda-Festspiele missbrauchten Olympischen Spiele. 100 Jahre später soll gezeigt werden, dass Berlin und Deutschland heute längst ein anderes, weltoffenes Selbstverständnis haben. / © Foto: depositphotos.com

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Quellen: DOSB, Berliner Morgenpost, Landessportbund Berlin, Funke Mediengruppe

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1 Kommentar

  1. Dani August 23, 2023

    Olympische Spiele in Berlin: Wie wäre es, das einfach zu machen- ohne Vor-Umfragen, Vor-(Hetz-)Kampagnen, “Vor-Theater und Verhinderungs- und Angst-Tamtam”- einfach machen?

    Warum nur immer London, Paris, LA- soll denn Berlin “auf ewig verdammt” sein- nicht wirklich, oder?

    Zwei/Drei Wochen Spiele in Berlin, die im Wesentlichen der Bund bezahlt- dafür u. a. schneller neue U-Bahnen – vergleichbar zu München vor ’72 -, wovon Berlin und die Menschen in Berlin Jahrzehnte etwas haben- wäre es möglich, das einfach zu machen, wie die Fußball-WM und viele andere WM-Austragungen etc. in Berlin?

    Und: In dreizehn Jahren ist Europa dran und danach erst wieder viele (zumindest zwölf) Jahre später- daher: London (’12) – Paris (’24) – Berlin (’36)?

    Ferner: Jemand meinte: “‘(German) Angst’ überwindet man, indem man sich dieser ‘Angst’ stellt, nicht durch pseudo-moralische Aufladung/ Weglaufen.”?

    Kann es sein, dass die Menschen etwa in Israel und weltweit “bereit” für Olympische Spiele 2036 in Berlin sind bzw. solchen wohlgesonnen gegenüberstehen und es schön wäre, wenn “Berliner/deutsche” Medien und Kommentierende es ihren Mitmenschen aus aller Welt gleichtäten?

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