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Projektentwicklung in verfallenen Gebäuden: 5+1 “Lost Places” in Berlin

In Berlin gibt es eine nicht unerhebliche Zahl von maroden und längst verfallenen Gebäuden und Grundstücken, die auf unterschiedliche Art und Weise in eine künftige und sinnvolle Nutzung überführt werden sollen, oft unter strenger Berücksichtigung des Denkmalschutzes. Wir haben fünf solcher Reaktivierungsprojekte für Euch zusammengefasst – und ein Bauvorhaben im Berliner Umland. 

Einer der berühmtesten “Lost Places” in Berlin: Die ehemalige US-Abhörstation auf dem Gipfel des Teufelsbergs in Charlottenburg. / © Foto: depositphotos.com

Text: Björn Leffler
© Fotos: depositphotos.com (wenn nicht anders ausgewiesen)

Der Vergnügungspark “Spreepark” im Plänterwald (Treptow)

© Foto: Pixabay

Der 1969 als „Kulturpark Plänterwald“ eröffnete und von 1989 bis 2020 unter dem Namen „Spreepark Berlin“ betriebene Freizeitpark soll zu einem Kulturzentrum umgebaut werden.

Das Areal liegt seit seiner Schließung im Jahr 2002, also seit nunmehr über 20 Jahren, brach. Dennoch ist es bei Berlinern und Touristen ein beliebtes Reiseziel geblieben. Als einer von mehreren „Lost Places“ in der Metropolregion Berlin/Brandenburg hat das verlassene und verfallene Areal mittlerweile selbst internationale Berühmtheit erlangt.

Aus dem zugewachsenen und verwitterten Parkgelände soll ein Kulturzentrum werden, kein neuer Vergnügungspark. Einige Fahrgeschäfte, wie das alte Riesenrad, sollen saniert und künstlerisch gestaltet werden.

Andere Relikte wie die Mero- oder die Werkhalle sollen sich zu Veranstaltungsorten für Kultur und Kunst wandeln. Darüber hinaus soll der Park künftig für diverse, zeitlich begrenzte Kunstaustellungen genutzt werden können.

Für die vollständige Umsetzung des Projekts werden die vom Bund in Aussicht gestellten 20 Millionen Euro jedoch nicht ausreichen. Die Planer rechnen mit einer Gesamtinvestitionssumme von rund 70 Millionen Euro. Das Projekt wird also zum größten Teil aus landeseigenen Mitteln finanziert.

Ein weithin sichtbares Wahrzeichen soll wie oben erwähnt auch zukünftig Teil des Parks sein: das bekannte Riesenrad. Dieses wurde mittlerweile abgebaut und wird saniert und generalüberholt, um es bis 2024 wieder aufstellen und auch betreiben zu können. Dann sollen Besucherinnen und Besucher des Parks die Aussicht auf das Parkgelände aus den Gondeln des Riesenrads genießen können.

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Ehemaliges Sanatorium in Berlin-Buch (Pankow)

© Foto: Wikimedia Commons

Zwischen 1898 und 1930 entstanden im Norden des heutigen Bezirks Pankow unter der Leitung des Berliner Architekten und Stadtbaurates Ludwig Hoffmann mehrere Krankenhäuser und Sanatorien, die unter der Bezeichnung Heilanstalten in Berlin-Buch bekannt geworden sind. Zu dem Komplex gehörten zwei Lungensanatorien, ein Alters- und Pflegeheim und zwei psychiatrische Kliniken.

Während der DDR-Zeit diente die Anlage bis 1976 als Lungenheilklinik für Tuberkulosepatienten. Anschließend erfolgte die Umwandlung des Bereiches in eine Klinik für Lungen-, Herz- und Gefäßkrankheiten, 1977 kam noch eine Kardiologische Klinik hinzu. Nicht nur die einzelnen Gebäude stehen unter Denkmalschutz. Seit 1977 steht auch das gesamte Areal unter Ensembleschutz.

Nach der Wende jedoch zogen sich sämtliche medizinische Einrichtungen vom dem Gelände zurück und die Gebäude standen für viele Jahre leer. Die angedachte Nachnutzung für einen Teil des Areals als Technologiepark wurde als nicht umsetzbar aufgegeben. Stattdessen wurde ab Anfang der 2010er Jahre die Umwandlung des Quartiers in ein Wohngebiet mit dem Titel „Ludwig-Hoffmann-Quartier“ forciert.

Auf dem Gelände soll ein Medizin- und Forschungszentrum entstehen

Ein Objekt, welches bislang jedoch noch nicht modernisiert und umgewandelt wurde und daher vielmehr als einer von Berlins spannendsten „Lost Places“ bekannt geworden ist, ist die bis 1905 errichtete Tuberkulose-Heilstätte „Waldhaus Buch“, die seit 1992 leer steht und seitdem sukzessive verfällt.

Dieser Verfall soll nun im Rahmen eines Entwicklungsprojekts gestoppt werden. Eine Projektgesellschaft um den Investor Dirk Germandi, der schon an der Herrichtung des Haus Cumberland am Kurfürstendamm beteiligt war, möchte das einstige Sanatorium in ein Medizin- und Forschungszentrum verwandeln.

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Einstiges Postfuhramt in Berlin-Mitte

© Foto: Patzschke & Partner Architekten / KoSP GmbH

An der Grenze zwischen Mitte und Kreuzberg, an der Köpenicker Straße, steht das nächste, großformatige Transformationsprojekt an, das auf einem jahrzehntelang brachliegenden Industrie- und Gewerbeareal eine moderne Nutzung etablieren will.

Nachdem das EISWERK-Projekt, welches von Trockland und Graft konzipiert und umgesetzt wurde, im Grunde abgeschlossen ist, soll nur wenige hundert Meter weiter, auf dem Gelände des ehemaligen Postfuhramtes zwischen Köpenicker Straße und Melchiorstraße, das nächste Bauvorhaben realisiert werden.

Große Teile des Areals lagen für viele Jahre brach, so dass viele der auf dem Gelände befindlichen Gebäude nicht mehr zu retten waren und im Laufe des vergangenen Jahres abgerissen wurden. Erhalten bleibt unter anderem aber die historische Generatorenhalle, die sich im Zentrum des Geländes befindet. Sie ist eines von mehreren, historischen Gebäuden, die bestehen bleiben.

Altes Postfuhramt Mitte: Gewerbe, Büros und Wohnungen sollen entstehen

Andere der älteren Bauten, die in einem baulich so schlechten Zustand waren, dass eine Sanierung oder Rekonstruktion nicht mehr möglich war, sollen nach Auskunft der Bauherren zum Teil wiederaufgebaut werden und als 1:1-Kopie des Ursprungsbaus neu entstehen, wie etwa das ehemalige Brückengebäude. Ein Denkmalschutz besteht auf dem Gelände aber eigentlich nicht.

Die Projektverantwortlichen wollen das Gelände vom „Lost Place“ zum lebendigen Quartier im Sanierungsgebiet der Nördlichen Luisenstadt entwickeln. Das betroffene Areal ist mit einer Größe von 14.000 Quadratmetern eines der größten Sanierungsgebiete in der Nördlichen Luisenstadt.

Das Gelände soll zukünftig von zwei Seiten aus begehbar sein und öffentlich nutzbar gemacht werden. Eine Schließung des Areals soll auch nachts nicht erfolgen. Gebaut werden sollen zwei Gewerbe- und Bürohäuser sowie mehrere Wohnhäuser.

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Historische Bärenquell-Brauerei in NiederSchöneweide

© Foto: Jo Klein Architekten

Die ehemalige Bärenquell Brauerei, die sich direkt an der vielbefahrenen Schnellerstraße im Ortsteil Niederschöneweide im Bezirk Treptow-Köpenick befindet, gehört zu den größten noch erhaltenen ehemaligen Brauereien in Berlin. Der Komplex entstand als „Brauerei Borussia“, die von Max Meinert und dem Braumeister Alex Kampshenkel 1882 gegründet worden war.

Im Gegensatz zu vielen anderen, historischen Berliner Brauereien wurde auf dem Gelände auch nach dem Zweiten Weltkrieg noch bis Mitte der 1990er Jahre Bier gebraut, bis der Betrieb letztlich eingestellt wurde. Längst stand das Areal schon unter Denkmalschutz, lag in der Folge jedoch jahrzehntelang brach.

Gastronomie, Kultur und Gewerbe sollen in der historischen Brauerei einziehen

Bis 2013 fand ein Bebauungsplanverfahren für die Errichtung eines Baumarktes auf dem Gelände der Brauerei statt. Dabei sollten mehrere Gebäude, auch einige an der Straßenfront zur Schnellerstraße stehenden Häuser aus den Jahren 1882 bis 1902, aus dem Denkmalschutz entlassen und zugunsten eines Neubaus abgerissen werden.

Glücklicherweise wurden diese Pläne nicht verwirklicht. Nach einem erneuten Eigentümerwechsel waren die Planungen hinfällig. Seit 2020 finden auf dem Gelände unterschiedliche Veranstaltungen und Flohmärkte statt, auch ein Biergarten und ein Techno-Club befinden sich mittlerweile auf dem rege genutzten Gelände.

Die historischen Gebäude sollen in den kommenden Jahren saniert und baulich ergänzt werden. In den Backsteinhäusern sollen Büroflächen und größere Gastronomiebetriebe eingerichtet werden. Mit der Entwicklung ist die Berliner Firma HCM Home Center Management betraut worden.

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Ehemalige US-Abhörstation auf dem Teufelsberg (Charlottenburg)

© Foto: depositphotos.com

Als Relikt des kalten Krieges bietet die ehemalige US-Abhörstation auf dem Teufelsberg in Berlin-Charlottenburg eine bemerkenswerte Historie und gehört neben dem Spreepark im Plänterwald und den Beelitz Heilstätten zu den populärsten „Lost Places“ in der Hauptstadtregion.

Besucherinnen und Besucher können an diesem Ort Geschichte erleben und im Rahmen von geführten Touren oder auf eigene Faust eine Vielzahl der Räumlichkeiten besichtigen. Gleichzeitig gilt das Areal als eine der größten Street-Art-Galerien der Welt. Auf dem gesamten Gelände befindet sich Kunst von internationalen Künstlern der Street-Art-Szene.

Die Abhörstation wurde während des Kalten Krieges auf dem Teufelsberg im Ortsteil Grunewald errichtet. Der rund 120 Meter hohe Teufelsberg an sich ist eigentlich gar kein natürlicher Berg, sondern eine künstliche Erhebung.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der „Berg“ aus Häusertrümmern aufgeschüttet. Auf der Spitze errichteten US-Geheimdienste nach dem Krieg die Abhöranlage „Field Station Berlin“, auch der britische Geheimdienst war daran beteiligt.

Eigentümer möchte ein Museum in der ehemaligen Abhörstation realisieren

Die markanten und mittlerweile sehr bekannten Kuppeltürme dienten dazu, militärischen und politischen Funk- oder Telefonverkehr in damaligen Ostblock-Staaten zu belauschen. Diese Nutzung lief nach dem Fall der Mauer und der Neuordnung der politischen Systeme vor allem in Osteuropa aus.

Daher wurden die elektronischen Einrichtungen der Anlage entfernt, da sie nutzlos geworden waren. 1991 zogen Amerikaner und Briten vom Standort Teufelsberg ab. Die Gebäude blieben jedoch erhalten und wurden teilweise erneuert. Sogar neue Radaranlagen wurden installiert, denn sie konnten bis 1999 zur zivilen Luftüberwachung des Flugverkehrs genutzt werden.

Seit Mitte der 2000er Jahre gab es auf dem Gelände jedoch keine weiteren Bautätigkeiten und keine aktive Nutzung mehr. Seit April 2006 ist das Gelände entsprechend dem Berliner Flächennutzungsplan als Wald ausgewiesen. Der Kölner Architekt Hartmut Gruhl will auf dem Teufelsberg zukünftig ein Museum über den Kalten Krieg sowie Ateliers, Büros und Gastronomie ansiedeln. Das sind jedenfalls die ersten Pläne für das Areal, die derzeit bekannt sind.

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Im Berliner Umland: Die ehemaligen Heilstätten in Beelitz

© Foto: depositphotos.com

Südwestlich von Berlin befindet sich eines der spannendsten Architekturdenkmäler der Metropolregion Berlin Brandenburg. Die zwischen 1898 und 1930 von der Landesversicherungsanstalt Berlin errichteten Arbeiter-Lungenheilstätten Beelitz-Heilstätten bilden heute einen der größten Krankenhauskomplexe im Berliner Umland.

Das Gelände mitsamt seinen Klinikbauten ist heute ein denkmalgeschütztes Ensemble von insgesamt 60 Gebäuden auf einer Gesamtfläche von rund 200 Hektar.

Die erste Bauphase auf dem Gelände erfolgte in den Jahren 1898 bis 1902 unter den Architekten Heino Schmieden und Julius Boethke. In der zweiten Bauphase (1908 bis 1910) wurde die Bettenzahl von 600 auf 1.200 erhöht. Der Architekt war Fritz Schulz, der auch in der dritten Bauphase (1926–1930) verantwortlich war.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, in dem die Heilstätten zum Teil schwer beschädigt wurden, wurde das Gelände ab 1945 von der Roten Armee übernommen. Die Heilstätten dienten bis 1994 als das größte Militärhospital der sowjetischen und später russischen Armee im Ausland. Dennoch verfiel das Areal in den Jahrzehnten nach dem Krieg zusehends und auch nach dem Abzug der sowjetischen Truppen Mitte der 1990er Jahre wurde das Gelände für lange Zeit sich selbst überlassen.

In Beelitz Heilstätten sollen 1.300 neue Wohnungen entstehen

Seit vielen Jahren ist das Areal daher als einer der populärsten „Lost Places“ Europas bekannt und zieht viele Touristen, Interessierte und Schaulustige an. Die Mischung aus ungewöhnlicher Architektur und Verfall macht die Heilstätten zudem zu einer attraktiven Kulisse für Filmproduktionen. Im Jahr 2015 wurde sogar ein Baumkronenpfad eingeweiht, der die Besucher elegant über das Gelände führt.

Nun soll aus dem Areal aber noch mehr als eine Touristenattraktion gemacht werden. Auf dem Gelände des größten Flächendenkmals Brandenburgs, rund 30 Autominuten von Berlin entfernt, wird derzeit ein Wohnquartier entwickelt. Entstehen sollen rund 500 Wohnungen und 800 Einfamilien-, Reihen- und Doppelhäuser, also insgesamt 1.300 Wohneinheiten. Die ambitionierten Pläne werden vom Immobilienentwickler KW Development umgesetzt.

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