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Wohnvisionen für Berlin, Teil 3: Hochhausquartier am Westkreuz

Trotz der immer akuter werdenden Wohnungsnot in Berlin werden die Chancen von intelligentem Hochbau noch immer kaum ausgeschöpft. In einer mehrteiligen Reihe zeigen wir Potenzialflächen für Hochhausprojekte im gesamten Stadtgebiet, auf denen nachhaltig die dringend benötigten Wohnungen errichtet werden könnten. Im dritten Teil der Reihe schauen wir auf das Quartier rund um den Bahnhof Westkreuz.

Hochhausvision für das Areal zwischen Westkreuz, ICC und Autobahndreieck Funkturm: Architekt Christoph Langhof möchte an dieser Stelle durch den Bau mehrerer Hochhäuser Flächen für Wohnungen, Gewerbe und öffentliche Einrichtungen schaffen. / © Visualisierung: Langhof GmbH

© Visualisierungen: Langhof GmbH
Text: Björn Leffler

 

Obwohl die rot-grün-rote Berliner Regierungskoalition mit großen Ankündigungen und dem Ziel, jährlich 20.000 Wohnungen errichten zu wollen, an den Start gegangen ist, hat sich die Situation auf dem Wohnungsmarkt der Hauptstadt tatsächlich nicht entspannt – im Gegenteil.

Mittlerweile muss sich eine schwarz-rote Koalition unter der Führung von Bürgermeister Kai Wegner (CDU) mit der Wohnungsnot in Berlin befassen. Die Ausgangslage ist unverändert: Noch immer gibt es in Berlin ein jährliches Bevölkerungswachstum, welches durch die neu entstehenden Wohnungen nicht aufgegangen werden kann.

Wohnungsnot: In Berlin fehlen landeseigene, bezahlbare Wohnungen

Vor allem landeseigene, bezahlbare Mietwohnungen entstehen in deutlich zu geringer Zahl. Und aufgrund der steigenden Preise für Material und Energie sind neue Bauprojekte immer schwieriger umzusetzen.

Die notwendige Zahl neuer Wohnungen kann nach Meinung vieler Stadtentwicklungsexperten letztlich nur noch dadurch erreicht werden, dass auch in Berlin vermehrt in die Höhe gebaut wird. Diese Ansicht vertrat vor einigen Monaten auch der österreichische Architekt Christoph Langhof in einem Interview mit der Berliner Morgenpost.

Christoph Langhof: Hochhausprojekte als Chance für Wohnungsbau nutzen

Dabei unterstrich er, dass der Bedarf nach Wohn-, Verwaltungs- und Arbeitsflächen so enorm sei, dass er entweder mit einem enormen Wachstum in die Breite oder mit verstärktem vertikalen Bauen zu befriedigen sei.

Zudem sei das Bauen in die Höhe die Chance, so wenige Flächen wie möglich zu versiegeln. Denn vertikal könnten in einem Gebäude unterschiedliche Nutzungen inklusive Grünflächen in Form von „Pocket Parks“ untergebracht werden.

Potenzialgebiet Westkreuz: Berliner Senat möchte “Stadteingang West” realisieren

Im Zuge unserer Reihe “Wohnvisionen für Berlin” schauen wir auf Potenzialflächen für Hochhausprojekte im gesamten Stadtgebiet, bei dem wir bereits das Tempelhofer Feld und den Südosten Berlins beleuchtet haben. Zu solchen Potenzialflächen gehört auch das Areal zwischen ICC, Messe, Autobahndreieck Funkturm sowie dem Bahnhof Westkreuz.

Der Berliner Senat möchte hier das Langzeitprojekt “Stadteingang West” umsetzen. Dieses riesige, 152 Hektar große Entwicklungsgebiet soll neu erschlossen werden. Auf dem Gelände des „Stadteingangs West“ soll ein gemischt genutztes Quartier aus Arbeiten und Wohnen entstehen.

Da zuvor jedoch noch das Autobahndreieck Funkturm umgebaut werden muss, gehen die Stadtplaner derzeit davon aus, dass ein Baustart frühestens in den 2030er Jahren erfolgen kann. Wie das neue Quartier dann aussehen soll, steht heute noch gar nicht fest.

Langhof möchte am Westkreuz bis zu 250 Meter hohe Hochhäuser errichten

Deutlich konkretere Ideen hat hingegen bereits vor mehreren Jahren Architekt Christoph Langhof veröffentlicht, der zuletzt mit seinen Hochhausplänen für den Hardenbergplatz auf sich aufmerksam machte. Hier sieht Langhof Potenzial für den Bau von fünf bis zu 70 Meter hohen Gebäuden, in denen auch Wohnungen entstehen sollen.

Noch deutlich höher hinaus als am Hardenbergplatz möchte Langhof jedoch am Westkreuz. Aufgrund der unwirtlichen und vor allem verkehrsdominierten Lage des Areals sieht Langhof hier ein besonderes Potenzial für den Bau von Hochhäusern, um die riesige Fläche trotz des Verkehrslärms optimal ausnutzen zu können.

Westkreuz: Neun Wolkenkratzer für Wohnungen, Büros und Gewerbe

Bis zu neun Wolkenkratzer mit einer intelligenten Mischnutzung schlägt das Büro für den Stadtraum im Berliner Westen vor. An der Spitze der Hochhäuser sollen Windfarmen errichtet werden, die gemeinsam mit Photo­voltaikmodulen an den Fassaden wesentlich zur Gewinnung von Primärenergie für den Eigenbedarf beitragen sollen.

In den unteren Etagen sind Lager- und Garagenflächen vorgesehen, weiter oben könnten Hotels oder Büros entstehen. In den obersten Etagen könnten Wohnungen eingerichtet werden. Auch öffentliche Nutzungen sind in den Gebäuden gut denkbar.

Windkraftanlagen und Sonnenenergie für nachhaltige Energiegewinnung

Die Wohn- oder Büronutzung soll nach den Vorstellungen Langhofs in der vierten bis sechsten Etage beginnen. Darunter sollen Lager- und Garagenflächen für Fahrräder, E-Mobile und Autos eingerichtet werden.

Diese Flächen befänden sich zwischen den Gleisen und den Autobahntrassen. Ganz oben, mit exklusivem Blick über die Stadt, sind Restaurants und Bars sowie Aussichtsplattformen vorstellbar. Für die Bebauung der Hochhäuser sollen die bisher brachliegenden Flächen zwischen den Gleisen der Deutschen Bahn und der S-Bahn sowie den Trassen der Autobahn  genutzt werden.

Hochhäuser könnten über Brücken miteinander verbunden werden

Die Hochhäuser könnten untereinander sogar durch überdachte Fußgänger- und Fahrradstege vernetzt  und sowohl an den S-Bahnhof Westkreuz, an das Messegelände sowie das Internationale Congress Centrum (ICC) angebunden werden, für das der Senat derzeit ebenfalls nach einem neuen Nutzungskonzept sucht.

Mit einer Realisierung der von Langhof geplanten Hochhäuser würde eine spektakuläre Neuerfindung dieses städtischen Areals einhergehen. Langhof kann sich hier Häuser in einer Größenordnung von 150 bis 250 Metern vorstellen.

Bestehende Grünflächen und Kleingärten sollen zudem erhalten bleiben. Vorbild für Langhofs Projektidee ist das New Yorker Hochhausprojekt “Hudson Yards“. Dort wurde über einem elf Hektar großen Bahngelände ein Plateau errichtet, auf dem ein Quartier aus 15 Wolkenkratzern emporgewachsen ist.

Vorbild “Hudson Yards”: CDU könnte sich offen für Langhofs Pläne zeigen

Dass Christoph Langhof die Diskussion nicht scheut und sich mit seinen Plänen letztlich auch durchsetzen kann, zeigte das zähe und letztlich erfolgreiche Ringen um den Bau des 2017 fertiggestellten Hochhauses “Upper West”.

Es bleibt abzuwarten, ob Langhof sich auch am Berliner Westkreuz in der Silhouette der Hauptstadt verewigen darf. Möglicherweise zeigt sich die neue Regierungskoalition aus CDU und SPD offener gegenüber Langhofs Hochhausvisionen, als es die Vorgängerregierung getan hat. Schlielich hatte die CDU im Vorfeld des Wahlkamps wiederholt gefordert, in Berlin mehr Hochhäuser zu errichten. Am Westkreuz böte sich eine spannende Möglichkeit.

 

Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier: 

Das heutige Autobahndreieck Funkturm und das angrenzende Areal zwischen Messe, ICC und Bahnhof Westkreuz bietet nach Vorstellung von Architekt Christoph Langhof das Potenzial, mehrere Hochhäuser zu errichten, in denen auch Wohnungen eingerichtet werden könnten. / © Foto: A.Savin, Wikimedia Commons

© Visualisierung: Langhof GmbH

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Quellen: Langhof GmbH, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Architektur Urbanistik Berlin, UTB Projektmanagement, Berlin Bauboom, Wikipedia, Berliner Morgenpost, Der Tagesspiegel

 

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Wohnvisionen für Berlin, Teil 2: Quartiersentwicklung im Südosten

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